beobachtet werden können, genug seyn, so viel an ihnen anzutreffen, daß ihre Analogie mit den Gesichtsvorstel- lungen erkannt werde. Aus dieser ist es denn erlaubt, ihre ähnliche Beziehung auf Empfindungen, und ihre ähnliche Natur als Vorstellungen betrachtet, zum min- desten mit vieler Wahrscheinlichkeit zu bestimmen.
Zu den Vorstellungen des innern Sinnes ge- hören 1) die Vorstellungen, die wir von den innern Seelenzuständen, von Lust und Unlust, und derglei- chen haben, die man zum Unterschied von den übrigen Gemüthszustände nennet. Wir kennen diese Mo- difikationen unsers Wesens, und unterscheiden sie von einander; Aber bey der Frage: Ob wir eine Vorstel- lung von der Freude und von dem Verdruß haben, wie wir eine von dem Mond und dem Baum haben? stu- tzet mancher und ist in Zweifel, ob er Ja oder Nein sagen soll. Was ist die Vorstellung in dem letztern Fall? Was ist sie in dem ersten? Die Beobachtung und die Vergleichung muß entscheiden. 2) Wir haben Vor- stellungen des innern Sinns von den Selbstbestim- mungen unserer Kräfte, von unsern Thätigkeiten und von ihren Wirkungen; von solchen, die man der erkennenden Kraft der Seele zuschreibet, von Füh- len und Empfinden, von den Denkarten, und selbst von den vorstellenden Thätigkeiten, imgleichen von andern Thätigkeiten, Trieben, Bestrebungen, und ih- ren Wirkungen, die auf eine Veränderung unsers innern oder äußern Zustandes hinaus gehen, und die unter der gemeinschaftlichen Rubrik der Willensäußerungen gewöhnlich zusammen genommen werden.
V.
I. Verſuch. Ueber die Natur
beobachtet werden koͤnnen, genug ſeyn, ſo viel an ihnen anzutreffen, daß ihre Analogie mit den Geſichtsvorſtel- lungen erkannt werde. Aus dieſer iſt es denn erlaubt, ihre aͤhnliche Beziehung auf Empfindungen, und ihre aͤhnliche Natur als Vorſtellungen betrachtet, zum min- deſten mit vieler Wahrſcheinlichkeit zu beſtimmen.
Zu den Vorſtellungen des innern Sinnes ge- hoͤren 1) die Vorſtellungen, die wir von den innern Seelenzuſtaͤnden, von Luſt und Unluſt, und derglei- chen haben, die man zum Unterſchied von den uͤbrigen Gemuͤthszuſtaͤnde nennet. Wir kennen dieſe Mo- difikationen unſers Weſens, und unterſcheiden ſie von einander; Aber bey der Frage: Ob wir eine Vorſtel- lung von der Freude und von dem Verdruß haben, wie wir eine von dem Mond und dem Baum haben? ſtu- tzet mancher und iſt in Zweifel, ob er Ja oder Nein ſagen ſoll. Was iſt die Vorſtellung in dem letztern Fall? Was iſt ſie in dem erſten? Die Beobachtung und die Vergleichung muß entſcheiden. 2) Wir haben Vor- ſtellungen des innern Sinns von den Selbſtbeſtim- mungen unſerer Kraͤfte, von unſern Thaͤtigkeiten und von ihren Wirkungen; von ſolchen, die man der erkennenden Kraft der Seele zuſchreibet, von Fuͤh- len und Empfinden, von den Denkarten, und ſelbſt von den vorſtellenden Thaͤtigkeiten, imgleichen von andern Thaͤtigkeiten, Trieben, Beſtrebungen, und ih- ren Wirkungen, die auf eine Veraͤnderung unſers innern oder aͤußern Zuſtandes hinaus gehen, und die unter der gemeinſchaftlichen Rubrik der Willensaͤußerungen gewoͤhnlich zuſammen genommen werden.
V.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0090"n="30"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">I.</hi> Verſuch. Ueber die Natur</hi></fw><lb/>
beobachtet werden koͤnnen, genug ſeyn, ſo viel an ihnen<lb/>
anzutreffen, daß ihre Analogie mit den Geſichtsvorſtel-<lb/>
lungen erkannt werde. Aus dieſer iſt es denn erlaubt,<lb/>
ihre aͤhnliche Beziehung auf Empfindungen, und ihre<lb/>
aͤhnliche Natur als Vorſtellungen betrachtet, zum min-<lb/>
deſten mit vieler Wahrſcheinlichkeit zu beſtimmen.</p><lb/><p>Zu den <hirendition="#fr">Vorſtellungen des innern Sinnes</hi> ge-<lb/>
hoͤren 1) die <hirendition="#fr">Vorſtellungen,</hi> die wir von den innern<lb/><hirendition="#fr">Seelenzuſtaͤnden,</hi> von Luſt und Unluſt, und derglei-<lb/>
chen haben, die man zum Unterſchied von den uͤbrigen<lb/><hirendition="#fr">Gemuͤthszuſtaͤnde</hi> nennet. Wir kennen dieſe Mo-<lb/>
difikationen unſers Weſens, und unterſcheiden ſie von<lb/>
einander; Aber bey der Frage: Ob wir eine Vorſtel-<lb/>
lung von der Freude und von dem Verdruß haben, wie<lb/>
wir eine von dem Mond und dem Baum haben? ſtu-<lb/>
tzet mancher und iſt in Zweifel, ob er Ja oder Nein ſagen<lb/>ſoll. Was iſt die Vorſtellung in dem letztern Fall?<lb/>
Was iſt ſie in dem erſten? Die Beobachtung und die<lb/>
Vergleichung muß entſcheiden. 2) Wir haben Vor-<lb/>ſtellungen des <hirendition="#fr">innern Sinns</hi> von den <hirendition="#fr">Selbſtbeſtim-<lb/>
mungen unſerer Kraͤfte,</hi> von unſern <hirendition="#fr">Thaͤtigkeiten</hi><lb/>
und von ihren Wirkungen; von ſolchen, die man der<lb/><hirendition="#fr">erkennenden Kraft</hi> der Seele zuſchreibet, von <hirendition="#fr">Fuͤh-<lb/>
len</hi> und <hirendition="#fr">Empfinden,</hi> von den <hirendition="#fr">Denkarten,</hi> und ſelbſt<lb/>
von den <hirendition="#fr">vorſtellenden Thaͤtigkeiten,</hi> imgleichen von<lb/>
andern Thaͤtigkeiten, Trieben, Beſtrebungen, und ih-<lb/>
ren Wirkungen, die auf eine Veraͤnderung unſers innern<lb/>
oder aͤußern Zuſtandes hinaus gehen, und die unter der<lb/>
gemeinſchaftlichen Rubrik der <hirendition="#fr">Willensaͤußerungen</hi><lb/>
gewoͤhnlich zuſammen genommen werden.</p></div><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#aq">V.</hi></fw><lb/></div></body></text></TEI>
[30/0090]
I. Verſuch. Ueber die Natur
beobachtet werden koͤnnen, genug ſeyn, ſo viel an ihnen
anzutreffen, daß ihre Analogie mit den Geſichtsvorſtel-
lungen erkannt werde. Aus dieſer iſt es denn erlaubt,
ihre aͤhnliche Beziehung auf Empfindungen, und ihre
aͤhnliche Natur als Vorſtellungen betrachtet, zum min-
deſten mit vieler Wahrſcheinlichkeit zu beſtimmen.
Zu den Vorſtellungen des innern Sinnes ge-
hoͤren 1) die Vorſtellungen, die wir von den innern
Seelenzuſtaͤnden, von Luſt und Unluſt, und derglei-
chen haben, die man zum Unterſchied von den uͤbrigen
Gemuͤthszuſtaͤnde nennet. Wir kennen dieſe Mo-
difikationen unſers Weſens, und unterſcheiden ſie von
einander; Aber bey der Frage: Ob wir eine Vorſtel-
lung von der Freude und von dem Verdruß haben, wie
wir eine von dem Mond und dem Baum haben? ſtu-
tzet mancher und iſt in Zweifel, ob er Ja oder Nein ſagen
ſoll. Was iſt die Vorſtellung in dem letztern Fall?
Was iſt ſie in dem erſten? Die Beobachtung und die
Vergleichung muß entſcheiden. 2) Wir haben Vor-
ſtellungen des innern Sinns von den Selbſtbeſtim-
mungen unſerer Kraͤfte, von unſern Thaͤtigkeiten
und von ihren Wirkungen; von ſolchen, die man der
erkennenden Kraft der Seele zuſchreibet, von Fuͤh-
len und Empfinden, von den Denkarten, und ſelbſt
von den vorſtellenden Thaͤtigkeiten, imgleichen von
andern Thaͤtigkeiten, Trieben, Beſtrebungen, und ih-
ren Wirkungen, die auf eine Veraͤnderung unſers innern
oder aͤußern Zuſtandes hinaus gehen, und die unter der
gemeinſchaftlichen Rubrik der Willensaͤußerungen
gewoͤhnlich zuſammen genommen werden.
V.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/90>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.