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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777.

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der menschlichen Seele etc.
Wesen, das am mannigfaltigsten modificiret werden
kann, seinem ausgedehnten Wirkungskrais, zu dem es
bestimmt ist, gemäß. Am schwächsten zu Einer Form
allein bestimmt kann es die mehresten annehmen. Fer-
ner ist der Mensch das Thier, welches das Vermö-
gen nachzumachen
in einem höhern Grade besitzet,
als irgend ein anderes. Sprachfähigkeit, Ueberle-
gungskraft, Vernunft, Freyheit
sind ihm eigen
vor allen. Und er kann lachen und weinen, was nach
der Anmerkung des Aristoteles, die bis auf einige noch
zweifelhafte Ausnahmen, von den neuern Naturkundi-
gern bestätiget ist, kein anderes Thier kann. Da ha-
ben wir also Eigenheiten des Menschen genug, die ihn
von den Thieren unterscheiden, solche, die sich blos auf
den Körper beziehen, bey Seite gesetzet, und die zum
Theil zweifelhaft sind. Daß der Mensch das größte
Gehirn im Verhältniß zu der Größe seines Körpers habe,
ist nur mit einiger Einschränkung wahr; der Affe
Pygman soll ihn hierinn übertreffen, wie es von einigen
Fischen gewiß ist. Sein Gehirnlein dagegen, ist im
Verhältniß gegen das Gehirn, das kleinste. Der
Vorzug des menschlichen Körpers, an Geschmeidigkeit
und mannigfaltiger Modifikabilität vor den übrigen thie-
rischen Körpern, scheinet ihm durch die Gründe des
Hrn. Moscati *) noch nicht entzogen zu seyn.

Solche Eigenheiten möchten alle gut seyn, wenn es
nur darauf ankäme, den Menschen in der Naturgeschichte
zu charakterisiren. Aber da viele von ihnen offenbar nur
Folgen von andern Grundcharaktern sind, so können sie
hier nicht in Betracht kommen. Lachen und weinen
können, ist so wenig ein Grundcharakter der Menschheit,

als
*) Von dem körperlichen wesentlichen Unterschiede,
zwischen der Straktur der Thiere und der Men-
schen.
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der menſchlichen Seele ⁊c.
Weſen, das am mannigfaltigſten modificiret werden
kann, ſeinem ausgedehnten Wirkungskrais, zu dem es
beſtimmt iſt, gemaͤß. Am ſchwaͤchſten zu Einer Form
allein beſtimmt kann es die mehreſten annehmen. Fer-
ner iſt der Menſch das Thier, welches das Vermoͤ-
gen nachzumachen
in einem hoͤhern Grade beſitzet,
als irgend ein anderes. Sprachfaͤhigkeit, Ueberle-
gungskraft, Vernunft, Freyheit
ſind ihm eigen
vor allen. Und er kann lachen und weinen, was nach
der Anmerkung des Ariſtoteles, die bis auf einige noch
zweifelhafte Ausnahmen, von den neuern Naturkundi-
gern beſtaͤtiget iſt, kein anderes Thier kann. Da ha-
ben wir alſo Eigenheiten des Menſchen genug, die ihn
von den Thieren unterſcheiden, ſolche, die ſich blos auf
den Koͤrper beziehen, bey Seite geſetzet, und die zum
Theil zweifelhaft ſind. Daß der Menſch das groͤßte
Gehirn im Verhaͤltniß zu der Groͤße ſeines Koͤrpers habe,
iſt nur mit einiger Einſchraͤnkung wahr; der Affe
Pygman ſoll ihn hierinn uͤbertreffen, wie es von einigen
Fiſchen gewiß iſt. Sein Gehirnlein dagegen, iſt im
Verhaͤltniß gegen das Gehirn, das kleinſte. Der
Vorzug des menſchlichen Koͤrpers, an Geſchmeidigkeit
und mannigfaltiger Modifikabilitaͤt vor den uͤbrigen thie-
riſchen Koͤrpern, ſcheinet ihm durch die Gruͤnde des
Hrn. Moscati *) noch nicht entzogen zu ſeyn.

Solche Eigenheiten moͤchten alle gut ſeyn, wenn es
nur darauf ankaͤme, den Menſchen in der Naturgeſchichte
zu charakteriſiren. Aber da viele von ihnen offenbar nur
Folgen von andern Grundcharaktern ſind, ſo koͤnnen ſie
hier nicht in Betracht kommen. Lachen und weinen
koͤnnen, iſt ſo wenig ein Grundcharakter der Menſchheit,

als
*) Von dem koͤrperlichen weſentlichen Unterſchiede,
zwiſchen der Straktur der Thiere und der Men-
ſchen.
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[741/0801] der menſchlichen Seele ⁊c. Weſen, das am mannigfaltigſten modificiret werden kann, ſeinem ausgedehnten Wirkungskrais, zu dem es beſtimmt iſt, gemaͤß. Am ſchwaͤchſten zu Einer Form allein beſtimmt kann es die mehreſten annehmen. Fer- ner iſt der Menſch das Thier, welches das Vermoͤ- gen nachzumachen in einem hoͤhern Grade beſitzet, als irgend ein anderes. Sprachfaͤhigkeit, Ueberle- gungskraft, Vernunft, Freyheit ſind ihm eigen vor allen. Und er kann lachen und weinen, was nach der Anmerkung des Ariſtoteles, die bis auf einige noch zweifelhafte Ausnahmen, von den neuern Naturkundi- gern beſtaͤtiget iſt, kein anderes Thier kann. Da ha- ben wir alſo Eigenheiten des Menſchen genug, die ihn von den Thieren unterſcheiden, ſolche, die ſich blos auf den Koͤrper beziehen, bey Seite geſetzet, und die zum Theil zweifelhaft ſind. Daß der Menſch das groͤßte Gehirn im Verhaͤltniß zu der Groͤße ſeines Koͤrpers habe, iſt nur mit einiger Einſchraͤnkung wahr; der Affe Pygman ſoll ihn hierinn uͤbertreffen, wie es von einigen Fiſchen gewiß iſt. Sein Gehirnlein dagegen, iſt im Verhaͤltniß gegen das Gehirn, das kleinſte. Der Vorzug des menſchlichen Koͤrpers, an Geſchmeidigkeit und mannigfaltiger Modifikabilitaͤt vor den uͤbrigen thie- riſchen Koͤrpern, ſcheinet ihm durch die Gruͤnde des Hrn. Moscati *) noch nicht entzogen zu ſeyn. Solche Eigenheiten moͤchten alle gut ſeyn, wenn es nur darauf ankaͤme, den Menſchen in der Naturgeſchichte zu charakteriſiren. Aber da viele von ihnen offenbar nur Folgen von andern Grundcharaktern ſind, ſo koͤnnen ſie hier nicht in Betracht kommen. Lachen und weinen koͤnnen, iſt ſo wenig ein Grundcharakter der Menſchheit, als *) Von dem koͤrperlichen weſentlichen Unterſchiede, zwiſchen der Straktur der Thiere und der Men- ſchen. A a a 3

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Zitationshilfe: Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 741. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/801>, abgerufen am 21.11.2024.