der Seele, der Zustand der ganzen Welt, das Gegen- wärtige, auch das Vergangene und Künftige, eingewi- ckelt und mittelbar enthalten seyn könne. Aber er machte keinen Gebrauch davon, ein Unterscheidungs-Merkmal der eigentlich so genannten Vorstellungen von andern Seelen-Veränderungen festzusetzen, ob er gleich so viel zeig- te, daß die unmittelbaren Vorstellungen nur die in uns klaren Vorstellungen seyn können, die von uns als Vor- stellungen und Bilder der Sachen zu erkennen und zu gebrauchen sind.
Es ist ohne Streit ein Merkmal unserer Modifika- tionen, welche Vorstellungen sind, daß sie andere Sa- chen und Objekte unmittelbar uns vorhalten, und durch sie erkennen lassen, so oft wir sie als Bilder gebrauchen. Und wenn wir sie nicht gebrauchen; so haben sie doch dieses als etwas Eigenes an sich, daß man sich ihrer auf eine solche Art bedienen kann. Es würde nur die Frage übrig bleiben, ob man mit diesem Merkmal ausreiche, um sie von allen übrigen Seelen-Veränderungen völlig zu unter- scheiden? Wir finden gewiß keine Modifikation in uns, der wir uns selbst auf die gedachte Art bedienen können, welche nicht auch ohne Bedenken zu der Klasse der Vor- stellungen gebracht werden könnte. Nicht zwar jedweder Modifikation, aus der, als einer Wirkung, ihre Ursa- che unmittelbar erkennbar ist, oder, überhaupt, von irgend einem Verstande daraus erkannt werden kann, ist eine Vorstellung in diesem besondern Sinn des Worts; aber jedwede, der wir uns selbst zu diesem Zweck auf diese Art bedienen können, ist es. Darum würde es auch eine vorläufige angemessene Erklärung von der Vor- stellung abgeben, "daß sie eine solche Modifikation von uns "sey, aus der eine andere Sache unmittelbar von uns "erkannt werden könne." Und in der That ist diese Erklä- rung fruchtbar, und führet, wenn sie entwickelt wird, zu wichtigen Folgerungen. Aber was sie mangelhaft macht,
ist
der Vorſtellungen.
der Seele, der Zuſtand der ganzen Welt, das Gegen- waͤrtige, auch das Vergangene und Kuͤnftige, eingewi- ckelt und mittelbar enthalten ſeyn koͤnne. Aber er machte keinen Gebrauch davon, ein Unterſcheidungs-Merkmal der eigentlich ſo genannten Vorſtellungen von andern Seelen-Veraͤnderungen feſtzuſetzen, ob er gleich ſo viel zeig- te, daß die unmittelbaren Vorſtellungen nur die in uns klaren Vorſtellungen ſeyn koͤnnen, die von uns als Vor- ſtellungen und Bilder der Sachen zu erkennen und zu gebrauchen ſind.
Es iſt ohne Streit ein Merkmal unſerer Modifika- tionen, welche Vorſtellungen ſind, daß ſie andere Sa- chen und Objekte unmittelbar uns vorhalten, und durch ſie erkennen laſſen, ſo oft wir ſie als Bilder gebrauchen. Und wenn wir ſie nicht gebrauchen; ſo haben ſie doch dieſes als etwas Eigenes an ſich, daß man ſich ihrer auf eine ſolche Art bedienen kann. Es wuͤrde nur die Frage uͤbrig bleiben, ob man mit dieſem Merkmal ausreiche, um ſie von allen uͤbrigen Seelen-Veraͤnderungen voͤllig zu unter- ſcheiden? Wir finden gewiß keine Modifikation in uns, der wir uns ſelbſt auf die gedachte Art bedienen koͤnnen, welche nicht auch ohne Bedenken zu der Klaſſe der Vor- ſtellungen gebracht werden koͤnnte. Nicht zwar jedweder Modifikation, aus der, als einer Wirkung, ihre Urſa- che unmittelbar erkennbar iſt, oder, uͤberhaupt, von irgend einem Verſtande daraus erkannt werden kann, iſt eine Vorſtellung in dieſem beſondern Sinn des Worts; aber jedwede, der wir uns ſelbſt zu dieſem Zweck auf dieſe Art bedienen koͤnnen, iſt es. Darum wuͤrde es auch eine vorlaͤufige angemeſſene Erklaͤrung von der Vor- ſtellung abgeben, „daß ſie eine ſolche Modifikation von uns „ſey, aus der eine andere Sache unmittelbar von uns „erkannt werden koͤnne.‟ Und in der That iſt dieſe Erklaͤ- rung fruchtbar, und fuͤhret, wenn ſie entwickelt wird, zu wichtigen Folgerungen. Aber was ſie mangelhaft macht,
iſt
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0071"n="11"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">der Vorſtellungen.</hi></fw><lb/>
der Seele, der Zuſtand der ganzen Welt, das Gegen-<lb/>
waͤrtige, auch das Vergangene und Kuͤnftige, eingewi-<lb/>
ckelt und mittelbar enthalten ſeyn koͤnne. Aber er machte<lb/>
keinen Gebrauch davon, ein Unterſcheidungs-Merkmal<lb/>
der eigentlich ſo genannten Vorſtellungen von andern<lb/>
Seelen-Veraͤnderungen feſtzuſetzen, ob er gleich ſo viel zeig-<lb/>
te, daß die unmittelbaren Vorſtellungen nur die in uns<lb/>
klaren Vorſtellungen ſeyn koͤnnen, die von uns als Vor-<lb/>ſtellungen und Bilder der Sachen zu erkennen und zu<lb/>
gebrauchen ſind.</p><lb/><p>Es iſt ohne Streit ein Merkmal unſerer Modifika-<lb/>
tionen, welche Vorſtellungen ſind, daß ſie andere Sa-<lb/>
chen und Objekte unmittelbar uns vorhalten, und durch<lb/>ſie erkennen laſſen, ſo oft wir ſie als Bilder gebrauchen.<lb/>
Und wenn wir ſie nicht gebrauchen; ſo haben ſie doch dieſes<lb/>
als etwas Eigenes an ſich, daß man ſich ihrer auf eine<lb/>ſolche Art bedienen kann. Es wuͤrde nur die Frage uͤbrig<lb/>
bleiben, ob man mit dieſem Merkmal ausreiche, um ſie<lb/>
von allen uͤbrigen Seelen-Veraͤnderungen voͤllig zu unter-<lb/>ſcheiden? Wir finden gewiß keine Modifikation in uns,<lb/>
der wir uns ſelbſt auf die gedachte Art bedienen koͤnnen,<lb/>
welche nicht auch ohne Bedenken zu der Klaſſe der Vor-<lb/>ſtellungen gebracht werden koͤnnte. Nicht zwar jedweder<lb/>
Modifikation, aus der, als einer Wirkung, ihre Urſa-<lb/>
che unmittelbar erkennbar iſt, oder, uͤberhaupt, von<lb/>
irgend einem Verſtande daraus erkannt werden kann, iſt<lb/>
eine <hirendition="#fr">Vorſtellung</hi> in dieſem beſondern Sinn des Worts;<lb/>
aber jedwede, der wir uns ſelbſt zu dieſem Zweck auf<lb/>
dieſe Art bedienen koͤnnen, iſt es. Darum wuͤrde es<lb/>
auch eine vorlaͤufige angemeſſene Erklaͤrung von der Vor-<lb/>ſtellung abgeben, „daß ſie eine ſolche Modifikation von uns<lb/>„ſey, aus der eine andere Sache unmittelbar <hirendition="#fr">von uns</hi><lb/>„erkannt werden koͤnne.‟ Und in der That iſt dieſe Erklaͤ-<lb/>
rung fruchtbar, und fuͤhret, wenn ſie entwickelt wird, zu<lb/>
wichtigen Folgerungen. Aber was ſie mangelhaft macht,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">iſt</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[11/0071]
der Vorſtellungen.
der Seele, der Zuſtand der ganzen Welt, das Gegen-
waͤrtige, auch das Vergangene und Kuͤnftige, eingewi-
ckelt und mittelbar enthalten ſeyn koͤnne. Aber er machte
keinen Gebrauch davon, ein Unterſcheidungs-Merkmal
der eigentlich ſo genannten Vorſtellungen von andern
Seelen-Veraͤnderungen feſtzuſetzen, ob er gleich ſo viel zeig-
te, daß die unmittelbaren Vorſtellungen nur die in uns
klaren Vorſtellungen ſeyn koͤnnen, die von uns als Vor-
ſtellungen und Bilder der Sachen zu erkennen und zu
gebrauchen ſind.
Es iſt ohne Streit ein Merkmal unſerer Modifika-
tionen, welche Vorſtellungen ſind, daß ſie andere Sa-
chen und Objekte unmittelbar uns vorhalten, und durch
ſie erkennen laſſen, ſo oft wir ſie als Bilder gebrauchen.
Und wenn wir ſie nicht gebrauchen; ſo haben ſie doch dieſes
als etwas Eigenes an ſich, daß man ſich ihrer auf eine
ſolche Art bedienen kann. Es wuͤrde nur die Frage uͤbrig
bleiben, ob man mit dieſem Merkmal ausreiche, um ſie
von allen uͤbrigen Seelen-Veraͤnderungen voͤllig zu unter-
ſcheiden? Wir finden gewiß keine Modifikation in uns,
der wir uns ſelbſt auf die gedachte Art bedienen koͤnnen,
welche nicht auch ohne Bedenken zu der Klaſſe der Vor-
ſtellungen gebracht werden koͤnnte. Nicht zwar jedweder
Modifikation, aus der, als einer Wirkung, ihre Urſa-
che unmittelbar erkennbar iſt, oder, uͤberhaupt, von
irgend einem Verſtande daraus erkannt werden kann, iſt
eine Vorſtellung in dieſem beſondern Sinn des Worts;
aber jedwede, der wir uns ſelbſt zu dieſem Zweck auf
dieſe Art bedienen koͤnnen, iſt es. Darum wuͤrde es
auch eine vorlaͤufige angemeſſene Erklaͤrung von der Vor-
ſtellung abgeben, „daß ſie eine ſolche Modifikation von uns
„ſey, aus der eine andere Sache unmittelbar von uns
„erkannt werden koͤnne.‟ Und in der That iſt dieſe Erklaͤ-
rung fruchtbar, und fuͤhret, wenn ſie entwickelt wird, zu
wichtigen Folgerungen. Aber was ſie mangelhaft macht,
iſt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/71>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.