lungsvermögen, als in dem Gefühl voraus, nach dem Begriff. Aber eben so nach den Beobachtungen. Und dieß wird dadurch bestätiget, daß Vernunft und Frey- heit zu gleicher Zeit sich offenbaren, welche beide Folgen einer erhöheten Selbstthätigkeit sind.
Endlich so scheinet die oben angeführte Aehnlichkeit in den Wirkungsgesetzen der Vorstellungskraft und der Denkkraft, als Beziehungsvermögen betrachtet, es ganz zu entscheiden, daß es Eine und die nämliche innere Kraft sey, welche sich in beiden Vermögen äußert, und nur in ihren Richtungen und Graden verschieden sind. Bei- de sind sie das thätig wirkende Princip, welches sich aus- lässet, wo es durch Empfindungen gereizet worden ist; und beide wirken auf dieselbige Art.
Bis so weit kann man völlig sicher fortgehen. Ob aber dennoch diese Jdee von dem Grundprincip der Verstandesvermögen nichts mehr als eine Hypothese sey, und ihres innern Zusammenhangs und Uebereinstim- mung mit den Beobachtungen ohngeachtet wohl nur eine bloße Möglichkeit seyn könne, das will ich zwar noch ger- ne dem Urtheil scharfsinniger Forscher überlassen, aber ich meine es doch nicht. Wer die vorhergehende Erfah- rungen nochmals in Verbindung überdenken will, wird zum mindesten doch einräumen, daß diese Jdee bis zu einem solchen Grade der Gewißheit gebracht sey, wozu in jeden ähnlichen Beyspielen die physischen Untersuchun- gen über die innern Kräfte der Dinge gebracht worden sind.
Zehnter
Q q 5
des Empfindens, des Vorſtellens ⁊c.
lungsvermoͤgen, als in dem Gefuͤhl voraus, nach dem Begriff. Aber eben ſo nach den Beobachtungen. Und dieß wird dadurch beſtaͤtiget, daß Vernunft und Frey- heit zu gleicher Zeit ſich offenbaren, welche beide Folgen einer erhoͤheten Selbſtthaͤtigkeit ſind.
Endlich ſo ſcheinet die oben angefuͤhrte Aehnlichkeit in den Wirkungsgeſetzen der Vorſtellungskraft und der Denkkraft, als Beziehungsvermoͤgen betrachtet, es ganz zu entſcheiden, daß es Eine und die naͤmliche innere Kraft ſey, welche ſich in beiden Vermoͤgen aͤußert, und nur in ihren Richtungen und Graden verſchieden ſind. Bei- de ſind ſie das thaͤtig wirkende Princip, welches ſich aus- laͤſſet, wo es durch Empfindungen gereizet worden iſt; und beide wirken auf dieſelbige Art.
Bis ſo weit kann man voͤllig ſicher fortgehen. Ob aber dennoch dieſe Jdee von dem Grundprincip der Verſtandesvermoͤgen nichts mehr als eine Hypotheſe ſey, und ihres innern Zuſammenhangs und Uebereinſtim- mung mit den Beobachtungen ohngeachtet wohl nur eine bloße Moͤglichkeit ſeyn koͤnne, das will ich zwar noch ger- ne dem Urtheil ſcharfſinniger Forſcher uͤberlaſſen, aber ich meine es doch nicht. Wer die vorhergehende Erfah- rungen nochmals in Verbindung uͤberdenken will, wird zum mindeſten doch einraͤumen, daß dieſe Jdee bis zu einem ſolchen Grade der Gewißheit gebracht ſey, wozu in jeden aͤhnlichen Beyſpielen die phyſiſchen Unterſuchun- gen uͤber die innern Kraͤfte der Dinge gebracht worden ſind.
Zehnter
Q q 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0677"n="617"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">des Empfindens, des Vorſtellens ⁊c.</hi></fw><lb/>
lungsvermoͤgen, als in dem Gefuͤhl voraus, nach dem<lb/>
Begriff. Aber eben ſo nach den Beobachtungen. Und<lb/>
dieß wird dadurch beſtaͤtiget, daß Vernunft und Frey-<lb/>
heit zu gleicher Zeit ſich offenbaren, welche beide Folgen<lb/>
einer erhoͤheten Selbſtthaͤtigkeit ſind.</p><lb/><p>Endlich ſo ſcheinet die oben angefuͤhrte Aehnlichkeit<lb/>
in den Wirkungsgeſetzen der Vorſtellungskraft und der<lb/>
Denkkraft, als Beziehungsvermoͤgen betrachtet, es ganz<lb/>
zu entſcheiden, daß es Eine und die naͤmliche innere Kraft<lb/>ſey, welche ſich in beiden Vermoͤgen aͤußert, und nur<lb/>
in ihren Richtungen und Graden verſchieden ſind. Bei-<lb/>
de ſind ſie das thaͤtig wirkende Princip, welches ſich aus-<lb/>
laͤſſet, wo es durch Empfindungen gereizet worden iſt; und<lb/>
beide wirken auf dieſelbige Art.</p><lb/><p>Bis ſo weit kann man voͤllig ſicher fortgehen. Ob<lb/>
aber dennoch dieſe Jdee von dem Grundprincip der<lb/>
Verſtandesvermoͤgen nichts mehr als eine Hypotheſe ſey,<lb/>
und ihres innern Zuſammenhangs und Uebereinſtim-<lb/>
mung mit den Beobachtungen ohngeachtet wohl nur eine<lb/>
bloße Moͤglichkeit ſeyn koͤnne, das will ich zwar noch ger-<lb/>
ne dem Urtheil ſcharfſinniger Forſcher uͤberlaſſen, aber<lb/>
ich meine es doch nicht. Wer die vorhergehende Erfah-<lb/>
rungen nochmals in Verbindung uͤberdenken will, wird<lb/>
zum mindeſten doch einraͤumen, daß dieſe Jdee bis zu<lb/>
einem ſolchen Grade der Gewißheit gebracht ſey, wozu<lb/>
in jeden aͤhnlichen Beyſpielen die phyſiſchen Unterſuchun-<lb/>
gen uͤber die innern Kraͤfte der Dinge gebracht worden<lb/>ſind.</p></div></div></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><fwplace="bottom"type="sig">Q q 5</fw><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">Zehnter</hi></fw><lb/></body></text></TEI>
[617/0677]
des Empfindens, des Vorſtellens ⁊c.
lungsvermoͤgen, als in dem Gefuͤhl voraus, nach dem
Begriff. Aber eben ſo nach den Beobachtungen. Und
dieß wird dadurch beſtaͤtiget, daß Vernunft und Frey-
heit zu gleicher Zeit ſich offenbaren, welche beide Folgen
einer erhoͤheten Selbſtthaͤtigkeit ſind.
Endlich ſo ſcheinet die oben angefuͤhrte Aehnlichkeit
in den Wirkungsgeſetzen der Vorſtellungskraft und der
Denkkraft, als Beziehungsvermoͤgen betrachtet, es ganz
zu entſcheiden, daß es Eine und die naͤmliche innere Kraft
ſey, welche ſich in beiden Vermoͤgen aͤußert, und nur
in ihren Richtungen und Graden verſchieden ſind. Bei-
de ſind ſie das thaͤtig wirkende Princip, welches ſich aus-
laͤſſet, wo es durch Empfindungen gereizet worden iſt; und
beide wirken auf dieſelbige Art.
Bis ſo weit kann man voͤllig ſicher fortgehen. Ob
aber dennoch dieſe Jdee von dem Grundprincip der
Verſtandesvermoͤgen nichts mehr als eine Hypotheſe ſey,
und ihres innern Zuſammenhangs und Uebereinſtim-
mung mit den Beobachtungen ohngeachtet wohl nur eine
bloße Moͤglichkeit ſeyn koͤnne, das will ich zwar noch ger-
ne dem Urtheil ſcharfſinniger Forſcher uͤberlaſſen, aber
ich meine es doch nicht. Wer die vorhergehende Erfah-
rungen nochmals in Verbindung uͤberdenken will, wird
zum mindeſten doch einraͤumen, daß dieſe Jdee bis zu
einem ſolchen Grade der Gewißheit gebracht ſey, wozu
in jeden aͤhnlichen Beyſpielen die phyſiſchen Unterſuchun-
gen uͤber die innern Kraͤfte der Dinge gebracht worden
ſind.
Zehnter
Q q 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 617. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/677>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.