genen Empfindung gewesen seyn, wenn entweder die Farbe oder die Bewegung in der zusammengesetzten Em- pfindungsvorstellung unterschieden werden soll.
Das erste, was sich hiebey am deutlichsten bemer- ken läßt, ist dieses: "Aehnliche Eindrücke, Vorstellun- "gen und Bilder fallen in Eine Vorstellung zusammen, "die aus ihnen bestehet, und diese wird eine mehr abge- "zeichnete und sich ausnehmende Vorstellung."
Da sich nun nicht eher ein Zug in einer vielbefas- senden Empfindung vor den übrigen so ausnimmt, daß er unterschieden werden kann, bis nicht etwas ihm ähn- liches, das schon in einer andern Vorstellung enthalten ist, mit ihm verbunden wird, so folget; es könne we- der ein allgemeines Abstraktum hervorkommen, noch in einer zusammengesetzten Vorstellung ein Zug von dem andern unterschieden werden, wofern nicht eine Vereini- gung ähnlicher Vorstellungen vorhergegangen ist. Will man dieß letzte ein Vergleichen nennen, so entstehet kein allgemeines Bild ohne Vergleichung. Aber wird nicht das Wort Vergleichen sehr unbestimmt gebrau- chet, wenn ein solches Zusammenfallen der Bilder so genennet werden soll?
Es lehret die Erfahrung, daß wenn die einzelnen Empfindungen von den einfachsten sinnlichen Beschaffen- heiten, z. B. von der grünen Farbe eines Körpers, ge- nau betrachtet werden, so giebt es nicht zwey von ihnen, bey denen nicht einiger Unterschied in den Graden der Lebhaftigkeit, in Schattirungen und Annäherung zu ei- ner andern Farbe angetroffen wird. So eine Verschie- denheit muß schon in den allerersten Eindrücken und in ihren Vorstellungeen vorhanden seyn. Also ist es klar, daß die einzelnen zusammenfallenden Vorstellungen nicht vollkommen dieselbigen sind, sondern ihre Verschieden- heiten haben. Aber ihre Gleichartigkeit überwindet ihre Verschiedenartigkeit, und sie vereinigen sich in Eine.
Daraus
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der Vorſtellungen.
genen Empfindung geweſen ſeyn, wenn entweder die Farbe oder die Bewegung in der zuſammengeſetzten Em- pfindungsvorſtellung unterſchieden werden ſoll.
Das erſte, was ſich hiebey am deutlichſten bemer- ken laͤßt, iſt dieſes: „Aehnliche Eindruͤcke, Vorſtellun- „gen und Bilder fallen in Eine Vorſtellung zuſammen, „die aus ihnen beſtehet, und dieſe wird eine mehr abge- „zeichnete und ſich ausnehmende Vorſtellung.“
Da ſich nun nicht eher ein Zug in einer vielbefaſ- ſenden Empfindung vor den uͤbrigen ſo ausnimmt, daß er unterſchieden werden kann, bis nicht etwas ihm aͤhn- liches, das ſchon in einer andern Vorſtellung enthalten iſt, mit ihm verbunden wird, ſo folget; es koͤnne we- der ein allgemeines Abſtraktum hervorkommen, noch in einer zuſammengeſetzten Vorſtellung ein Zug von dem andern unterſchieden werden, wofern nicht eine Vereini- gung aͤhnlicher Vorſtellungen vorhergegangen iſt. Will man dieß letzte ein Vergleichen nennen, ſo entſtehet kein allgemeines Bild ohne Vergleichung. Aber wird nicht das Wort Vergleichen ſehr unbeſtimmt gebrau- chet, wenn ein ſolches Zuſammenfallen der Bilder ſo genennet werden ſoll?
Es lehret die Erfahrung, daß wenn die einzelnen Empfindungen von den einfachſten ſinnlichen Beſchaffen- heiten, z. B. von der gruͤnen Farbe eines Koͤrpers, ge- nau betrachtet werden, ſo giebt es nicht zwey von ihnen, bey denen nicht einiger Unterſchied in den Graden der Lebhaftigkeit, in Schattirungen und Annaͤherung zu ei- ner andern Farbe angetroffen wird. So eine Verſchie- denheit muß ſchon in den allererſten Eindruͤcken und in ihren Vorſtellungeen vorhanden ſeyn. Alſo iſt es klar, daß die einzelnen zuſammenfallenden Vorſtellungen nicht vollkommen dieſelbigen ſind, ſondern ihre Verſchieden- heiten haben. Aber ihre Gleichartigkeit uͤberwindet ihre Verſchiedenartigkeit, und ſie vereinigen ſich in Eine.
Daraus
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der Vorſtellungen.
genen Empfindung geweſen ſeyn, wenn entweder die
Farbe oder die Bewegung in der zuſammengeſetzten Em-
pfindungsvorſtellung unterſchieden werden ſoll.
Das erſte, was ſich hiebey am deutlichſten bemer-
ken laͤßt, iſt dieſes: „Aehnliche Eindruͤcke, Vorſtellun-
„gen und Bilder fallen in Eine Vorſtellung zuſammen,
„die aus ihnen beſtehet, und dieſe wird eine mehr abge-
„zeichnete und ſich ausnehmende Vorſtellung.“
Da ſich nun nicht eher ein Zug in einer vielbefaſ-
ſenden Empfindung vor den uͤbrigen ſo ausnimmt, daß
er unterſchieden werden kann, bis nicht etwas ihm aͤhn-
liches, das ſchon in einer andern Vorſtellung enthalten
iſt, mit ihm verbunden wird, ſo folget; es koͤnne we-
der ein allgemeines Abſtraktum hervorkommen, noch
in einer zuſammengeſetzten Vorſtellung ein Zug von dem
andern unterſchieden werden, wofern nicht eine Vereini-
gung aͤhnlicher Vorſtellungen vorhergegangen iſt. Will
man dieß letzte ein Vergleichen nennen, ſo entſtehet
kein allgemeines Bild ohne Vergleichung. Aber wird
nicht das Wort Vergleichen ſehr unbeſtimmt gebrau-
chet, wenn ein ſolches Zuſammenfallen der Bilder ſo
genennet werden ſoll?
Es lehret die Erfahrung, daß wenn die einzelnen
Empfindungen von den einfachſten ſinnlichen Beſchaffen-
heiten, z. B. von der gruͤnen Farbe eines Koͤrpers, ge-
nau betrachtet werden, ſo giebt es nicht zwey von ihnen,
bey denen nicht einiger Unterſchied in den Graden der
Lebhaftigkeit, in Schattirungen und Annaͤherung zu ei-
ner andern Farbe angetroffen wird. So eine Verſchie-
denheit muß ſchon in den allererſten Eindruͤcken und in
ihren Vorſtellungeen vorhanden ſeyn. Alſo iſt es klar,
daß die einzelnen zuſammenfallenden Vorſtellungen nicht
vollkommen dieſelbigen ſind, ſondern ihre Verſchieden-
heiten haben. Aber ihre Gleichartigkeit uͤberwindet ihre
Verſchiedenartigkeit, und ſie vereinigen ſich in Eine.
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/191>, abgerufen am 22.11.2024.
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