seine Ursache hat; noch aus dem Unterschied der Bilder auf der Netzhaut bey dem Gesichte erklären. Es ist offen- bar, daß es hier von der Aufmerksamkeit bey der Beobach- tung abhange, warum Einer in derselbigen Sache so mancherley siehet, wo der andere nichts unterscheidet.
Doch mißdeute man dieses nicht. Jch will nichts erschleichen. Es ist noch unentschieden, ob die Züge, die in der Jdee unbemerkt bleiben, nicht auch in der Vorstellung, als Bild der Sache betrachtet, unausge- bildet und dunkel geblieben sind? Ob nicht jedwedes, in der Vorstellung genugsam hervorstechendes und kenn- bares Merkmal auch zugleich in der Jdee wahrgenom- men werden müsse? oder ob wol die Vorstellung, als Bild so vollkommen ausgearbeitet, und eine so völlige Vorstellung seyn könne, als sie es nachher ist, ohne daß wir uns aller in ihr liegenden und abstechenden Züge be- wußt sind? Ob nicht etwan nothwendig das Bewußt- seyn eben so weit über das Bild und dessen Züge sich er- strecke, als diese selbst in der Vorstellung apperceptibel sind? Ob das Bewußtseyn eine eigene, von den Thä- tigkeiten, durch welche die Vorstellung ausgearbeitet wird, unterschiedene Kraftäußerung sey, die auch zu- weilen von jenen getrennet seyn könne? Ueber diese Punkte will ich hier nichts ausmachen; zum wenigsten nicht gerade zu mich auf die angeführten Beobachtun- gen berufen. Aber so viel ist aus ihnen offenbar, daß es wohl zu unterscheiden sey, ob die Undeutlichkeit und Dunkelheit in der Vorstellung als in einer matten und verwirrten Abbildung ihres Gegenstandes in uns, ihren Grund habe, oder ob sie nur in der Jdee als Jdee, das ist in der bearbeiteten und mit Bewußtseyn verbundenen Vorstellung vorhanden sey. Wo es an der nöthigen Helligkeit in der Vorstellung fehlet, da muß es auch in der Jdee daran fehlen. Die Klarheit in jener erfordert eine Appercibilität, eine Erkennbarkeit; es muß die
Vor-
I.Band. G
der Vorſtellungen.
ſeine Urſache hat; noch aus dem Unterſchied der Bilder auf der Netzhaut bey dem Geſichte erklaͤren. Es iſt offen- bar, daß es hier von der Aufmerkſamkeit bey der Beobach- tung abhange, warum Einer in derſelbigen Sache ſo mancherley ſiehet, wo der andere nichts unterſcheidet.
Doch mißdeute man dieſes nicht. Jch will nichts erſchleichen. Es iſt noch unentſchieden, ob die Zuͤge, die in der Jdee unbemerkt bleiben, nicht auch in der Vorſtellung, als Bild der Sache betrachtet, unausge- bildet und dunkel geblieben ſind? Ob nicht jedwedes, in der Vorſtellung genugſam hervorſtechendes und kenn- bares Merkmal auch zugleich in der Jdee wahrgenom- men werden muͤſſe? oder ob wol die Vorſtellung, als Bild ſo vollkommen ausgearbeitet, und eine ſo voͤllige Vorſtellung ſeyn koͤnne, als ſie es nachher iſt, ohne daß wir uns aller in ihr liegenden und abſtechenden Zuͤge be- wußt ſind? Ob nicht etwan nothwendig das Bewußt- ſeyn eben ſo weit uͤber das Bild und deſſen Zuͤge ſich er- ſtrecke, als dieſe ſelbſt in der Vorſtellung apperceptibel ſind? Ob das Bewußtſeyn eine eigene, von den Thaͤ- tigkeiten, durch welche die Vorſtellung ausgearbeitet wird, unterſchiedene Kraftaͤußerung ſey, die auch zu- weilen von jenen getrennet ſeyn koͤnne? Ueber dieſe Punkte will ich hier nichts ausmachen; zum wenigſten nicht gerade zu mich auf die angefuͤhrten Beobachtun- gen berufen. Aber ſo viel iſt aus ihnen offenbar, daß es wohl zu unterſcheiden ſey, ob die Undeutlichkeit und Dunkelheit in der Vorſtellung als in einer matten und verwirrten Abbildung ihres Gegenſtandes in uns, ihren Grund habe, oder ob ſie nur in der Jdee als Jdee, das iſt in der bearbeiteten und mit Bewußtſeyn verbundenen Vorſtellung vorhanden ſey. Wo es an der noͤthigen Helligkeit in der Vorſtellung fehlet, da muß es auch in der Jdee daran fehlen. Die Klarheit in jener erfordert eine Appercibilitaͤt, eine Erkennbarkeit; es muß die
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der Vorſtellungen.
ſeine Urſache hat; noch aus dem Unterſchied der Bilder
auf der Netzhaut bey dem Geſichte erklaͤren. Es iſt offen-
bar, daß es hier von der Aufmerkſamkeit bey der Beobach-
tung abhange, warum Einer in derſelbigen Sache ſo
mancherley ſiehet, wo der andere nichts unterſcheidet.
Doch mißdeute man dieſes nicht. Jch will nichts
erſchleichen. Es iſt noch unentſchieden, ob die Zuͤge,
die in der Jdee unbemerkt bleiben, nicht auch in der
Vorſtellung, als Bild der Sache betrachtet, unausge-
bildet und dunkel geblieben ſind? Ob nicht jedwedes,
in der Vorſtellung genugſam hervorſtechendes und kenn-
bares Merkmal auch zugleich in der Jdee wahrgenom-
men werden muͤſſe? oder ob wol die Vorſtellung, als
Bild ſo vollkommen ausgearbeitet, und eine ſo voͤllige
Vorſtellung ſeyn koͤnne, als ſie es nachher iſt, ohne daß
wir uns aller in ihr liegenden und abſtechenden Zuͤge be-
wußt ſind? Ob nicht etwan nothwendig das Bewußt-
ſeyn eben ſo weit uͤber das Bild und deſſen Zuͤge ſich er-
ſtrecke, als dieſe ſelbſt in der Vorſtellung apperceptibel
ſind? Ob das Bewußtſeyn eine eigene, von den Thaͤ-
tigkeiten, durch welche die Vorſtellung ausgearbeitet
wird, unterſchiedene Kraftaͤußerung ſey, die auch zu-
weilen von jenen getrennet ſeyn koͤnne? Ueber dieſe
Punkte will ich hier nichts ausmachen; zum wenigſten
nicht gerade zu mich auf die angefuͤhrten Beobachtun-
gen berufen. Aber ſo viel iſt aus ihnen offenbar, daß
es wohl zu unterſcheiden ſey, ob die Undeutlichkeit und
Dunkelheit in der Vorſtellung als in einer matten und
verwirrten Abbildung ihres Gegenſtandes in uns, ihren
Grund habe, oder ob ſie nur in der Jdee als Jdee, das
iſt in der bearbeiteten und mit Bewußtſeyn verbundenen
Vorſtellung vorhanden ſey. Wo es an der noͤthigen
Helligkeit in der Vorſtellung fehlet, da muß es auch in
der Jdee daran fehlen. Die Klarheit in jener erfordert
eine Appercibilitaͤt, eine Erkennbarkeit; es muß die
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/157>, abgerufen am 24.11.2024.
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