Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.prächtigen Kutsche begegnest, darin eine köstlich geschmückte Dame, die mit ihren großen schwarzen Augen stolz auf das Volk herab siehet und doch dabei so herzenslieb lächelt, daß ihr alle Leute gut sein müssen, weil die Dame accurat so schön ist, wie meine Galinda im Zorgenhof, -- und wenn du dann fragst, wer die schöne vornehme Mevrouv ist, sprechen die Leute mit Respect: diese und die Königin haben Männer, wie keine andere Frau im ganzen Lande; denn die schöne Galinda ist die achtbare Frau von des Königs schärfstem Richter von Amsterdam. Was meinst du, würden da wohl die Leute auch noch mit den Schultern über dich zucken? Das ist nichts. Wenn Ihr kein anderes Mittel habt, so gebt Euch weiter keine Mühe; damit fangt Ihr mich nicht! rief das Mädchen lachend; denn der schmeichelnde Mann hatte bereits seinen furchtbaren Nimbus in ihren Augen verloren. Ich denke auch gar nicht daran, versetzte er wegwerfend, dich wilde Hummel damit zu fangen. Du mußt erst zahm werden, dann wirst du einsehen, wie ich dir jetzt wahrhaftig den einzigen deiner würdigen Platz gezeigt habe, und den ich dir offen halten werde, bis du selbst darnach verlangst. Da könnt Ihr lange warten! spottete Galinda. Das wollen wir gleich sehen. -- Ich weiß, daß du den Platz als meine stolze Hausfrau wohl annehmen möchtest, wenn der junge Bertold nicht wäre; aber wenn prächtigen Kutsche begegnest, darin eine köstlich geschmückte Dame, die mit ihren großen schwarzen Augen stolz auf das Volk herab siehet und doch dabei so herzenslieb lächelt, daß ihr alle Leute gut sein müssen, weil die Dame accurat so schön ist, wie meine Galinda im Zorgenhof, — und wenn du dann fragst, wer die schöne vornehme Mevrouv ist, sprechen die Leute mit Respect: diese und die Königin haben Männer, wie keine andere Frau im ganzen Lande; denn die schöne Galinda ist die achtbare Frau von des Königs schärfstem Richter von Amsterdam. Was meinst du, würden da wohl die Leute auch noch mit den Schultern über dich zucken? Das ist nichts. Wenn Ihr kein anderes Mittel habt, so gebt Euch weiter keine Mühe; damit fangt Ihr mich nicht! rief das Mädchen lachend; denn der schmeichelnde Mann hatte bereits seinen furchtbaren Nimbus in ihren Augen verloren. Ich denke auch gar nicht daran, versetzte er wegwerfend, dich wilde Hummel damit zu fangen. Du mußt erst zahm werden, dann wirst du einsehen, wie ich dir jetzt wahrhaftig den einzigen deiner würdigen Platz gezeigt habe, und den ich dir offen halten werde, bis du selbst darnach verlangst. Da könnt Ihr lange warten! spottete Galinda. Das wollen wir gleich sehen. — Ich weiß, daß du den Platz als meine stolze Hausfrau wohl annehmen möchtest, wenn der junge Bertold nicht wäre; aber wenn <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0046"/> prächtigen Kutsche begegnest, darin eine köstlich geschmückte Dame, die mit ihren großen schwarzen Augen stolz auf das Volk herab siehet und doch dabei so herzenslieb lächelt, daß ihr alle Leute gut sein müssen, weil die Dame accurat so schön ist, wie meine Galinda im Zorgenhof, — und wenn du dann fragst, wer die schöne vornehme Mevrouv ist, sprechen die Leute mit Respect: diese und die Königin haben Männer, wie keine andere Frau im ganzen Lande; denn die schöne Galinda ist die achtbare Frau von des Königs schärfstem Richter von Amsterdam. Was meinst du, würden da wohl die Leute auch noch mit den Schultern über dich zucken?</p><lb/> <p>Das ist nichts. Wenn Ihr kein anderes Mittel habt, so gebt Euch weiter keine Mühe; damit fangt Ihr mich nicht! rief das Mädchen lachend; denn der schmeichelnde Mann hatte bereits seinen furchtbaren Nimbus in ihren Augen verloren.</p><lb/> <p>Ich denke auch gar nicht daran, versetzte er wegwerfend, dich wilde Hummel damit zu fangen. Du mußt erst zahm werden, dann wirst du einsehen, wie ich dir jetzt wahrhaftig den einzigen deiner würdigen Platz gezeigt habe, und den ich dir offen halten werde, bis du selbst darnach verlangst.</p><lb/> <p>Da könnt Ihr lange warten! spottete Galinda.</p><lb/> <p>Das wollen wir gleich sehen. — Ich weiß, daß du den Platz als meine stolze Hausfrau wohl annehmen möchtest, wenn der junge Bertold nicht wäre; aber wenn<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0046]
prächtigen Kutsche begegnest, darin eine köstlich geschmückte Dame, die mit ihren großen schwarzen Augen stolz auf das Volk herab siehet und doch dabei so herzenslieb lächelt, daß ihr alle Leute gut sein müssen, weil die Dame accurat so schön ist, wie meine Galinda im Zorgenhof, — und wenn du dann fragst, wer die schöne vornehme Mevrouv ist, sprechen die Leute mit Respect: diese und die Königin haben Männer, wie keine andere Frau im ganzen Lande; denn die schöne Galinda ist die achtbare Frau von des Königs schärfstem Richter von Amsterdam. Was meinst du, würden da wohl die Leute auch noch mit den Schultern über dich zucken?
Das ist nichts. Wenn Ihr kein anderes Mittel habt, so gebt Euch weiter keine Mühe; damit fangt Ihr mich nicht! rief das Mädchen lachend; denn der schmeichelnde Mann hatte bereits seinen furchtbaren Nimbus in ihren Augen verloren.
Ich denke auch gar nicht daran, versetzte er wegwerfend, dich wilde Hummel damit zu fangen. Du mußt erst zahm werden, dann wirst du einsehen, wie ich dir jetzt wahrhaftig den einzigen deiner würdigen Platz gezeigt habe, und den ich dir offen halten werde, bis du selbst darnach verlangst.
Da könnt Ihr lange warten! spottete Galinda.
Das wollen wir gleich sehen. — Ich weiß, daß du den Platz als meine stolze Hausfrau wohl annehmen möchtest, wenn der junge Bertold nicht wäre; aber wenn
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Zitationshilfe: | Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tesche_piet_1910/46>, abgerufen am 26.07.2024. |