Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Nach den unerläßlichen Bewillkommnungs-Formeln eröffnete Herr Baldus sogleich die wichtige Verhandlung mit der Frage, ob der Baas den Avisbrief von Mynheer Verkolyn empfangen und wohl erwogen habe. Ja wohl, Mynheer Baldus, ist das geschehen, antwortete der Baas in zornigkaltem Tone; die Ursachen, welche ihren Herrn Prinzipal bewogen haben mögen, seine Pflegetochter meinem Sohne nothgedrungen zu geben, walten bei mir nicht ob. Ich lasse mich durch solche unwürdige Scharfrichterkniffe zu nichts zwingen. -- Mein Entschluß ist genommen. Wenn mein ungeratener Sohn sich selbst und seiner Familie Schande machen will, so sollen diese meine Augen ver -- sein, wenn ich ihn jemals wieder als Sohn betrachte. -- Ich wandere dann aus zu den Boers auf Cap de bonne esperance; den Weg dahin werde ich durch meinen Käse-Commissionär in Cadir trotz der Continentsperre zu finden wissen. Vater Hendrick -- du wirst dich besinnen, flehte die Frau Sara sanft, und mir als Mutter deines Sohnes auch ein Wort gönnen. Schweig! donnerte der Baas, während ihm die Stirn-Adern schwollen. Ich kann nicht anders, als Ihnen beipflichten, sagte Baldus beruhigend; Mynheer Verkolyn will sich so wenig, wie Sie, durch verhaßte, abscheuliche Operationen zwingen lassen. Aber es sind ganz andere Dinge vorgefallen, die so ganz verschieden, ja, ich kann es be- Nach den unerläßlichen Bewillkommnungs-Formeln eröffnete Herr Baldus sogleich die wichtige Verhandlung mit der Frage, ob der Baas den Avisbrief von Mynheer Verkolyn empfangen und wohl erwogen habe. Ja wohl, Mynheer Baldus, ist das geschehen, antwortete der Baas in zornigkaltem Tone; die Ursachen, welche ihren Herrn Prinzipal bewogen haben mögen, seine Pflegetochter meinem Sohne nothgedrungen zu geben, walten bei mir nicht ob. Ich lasse mich durch solche unwürdige Scharfrichterkniffe zu nichts zwingen. — Mein Entschluß ist genommen. Wenn mein ungeratener Sohn sich selbst und seiner Familie Schande machen will, so sollen diese meine Augen ver — sein, wenn ich ihn jemals wieder als Sohn betrachte. — Ich wandere dann aus zu den Boers auf Cap de bonne espérance; den Weg dahin werde ich durch meinen Käse-Commissionär in Cadir trotz der Continentsperre zu finden wissen. Vater Hendrick — du wirst dich besinnen, flehte die Frau Sara sanft, und mir als Mutter deines Sohnes auch ein Wort gönnen. Schweig! donnerte der Baas, während ihm die Stirn-Adern schwollen. Ich kann nicht anders, als Ihnen beipflichten, sagte Baldus beruhigend; Mynheer Verkolyn will sich so wenig, wie Sie, durch verhaßte, abscheuliche Operationen zwingen lassen. Aber es sind ganz andere Dinge vorgefallen, die so ganz verschieden, ja, ich kann es be- <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="6"> <pb facs="#f0109"/> <p>Nach den unerläßlichen Bewillkommnungs-Formeln eröffnete Herr Baldus sogleich die wichtige Verhandlung mit der Frage, ob der Baas den Avisbrief von Mynheer Verkolyn empfangen und wohl erwogen habe.</p><lb/> <p>Ja wohl, Mynheer Baldus, ist das geschehen, antwortete der Baas in zornigkaltem Tone; die Ursachen, welche ihren Herrn Prinzipal bewogen haben mögen, seine Pflegetochter meinem Sohne nothgedrungen zu geben, walten bei mir nicht ob. Ich lasse mich durch solche unwürdige Scharfrichterkniffe zu nichts zwingen. — Mein Entschluß ist genommen. Wenn mein ungeratener Sohn sich selbst und seiner Familie Schande machen will, so sollen diese meine Augen ver — sein, wenn ich ihn jemals wieder als Sohn betrachte. — Ich wandere dann aus zu den Boers auf Cap de bonne espérance; den Weg dahin werde ich durch meinen Käse-Commissionär in Cadir trotz der Continentsperre zu finden wissen.</p><lb/> <p>Vater Hendrick — du wirst dich besinnen, flehte die Frau Sara sanft, und mir als Mutter deines Sohnes auch ein Wort gönnen.</p><lb/> <p>Schweig! donnerte der Baas, während ihm die Stirn-Adern schwollen.</p><lb/> <p>Ich kann nicht anders, als Ihnen beipflichten, sagte Baldus beruhigend; Mynheer Verkolyn will sich so wenig, wie Sie, durch verhaßte, abscheuliche Operationen zwingen lassen. Aber es sind ganz andere Dinge vorgefallen, die so ganz verschieden, ja, ich kann es be-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0109]
Nach den unerläßlichen Bewillkommnungs-Formeln eröffnete Herr Baldus sogleich die wichtige Verhandlung mit der Frage, ob der Baas den Avisbrief von Mynheer Verkolyn empfangen und wohl erwogen habe.
Ja wohl, Mynheer Baldus, ist das geschehen, antwortete der Baas in zornigkaltem Tone; die Ursachen, welche ihren Herrn Prinzipal bewogen haben mögen, seine Pflegetochter meinem Sohne nothgedrungen zu geben, walten bei mir nicht ob. Ich lasse mich durch solche unwürdige Scharfrichterkniffe zu nichts zwingen. — Mein Entschluß ist genommen. Wenn mein ungeratener Sohn sich selbst und seiner Familie Schande machen will, so sollen diese meine Augen ver — sein, wenn ich ihn jemals wieder als Sohn betrachte. — Ich wandere dann aus zu den Boers auf Cap de bonne espérance; den Weg dahin werde ich durch meinen Käse-Commissionär in Cadir trotz der Continentsperre zu finden wissen.
Vater Hendrick — du wirst dich besinnen, flehte die Frau Sara sanft, und mir als Mutter deines Sohnes auch ein Wort gönnen.
Schweig! donnerte der Baas, während ihm die Stirn-Adern schwollen.
Ich kann nicht anders, als Ihnen beipflichten, sagte Baldus beruhigend; Mynheer Verkolyn will sich so wenig, wie Sie, durch verhaßte, abscheuliche Operationen zwingen lassen. Aber es sind ganz andere Dinge vorgefallen, die so ganz verschieden, ja, ich kann es be-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/tesche_piet_1910 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/tesche_piet_1910/109 |
Zitationshilfe: | Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tesche_piet_1910/109>, abgerufen am 16.07.2024. |