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Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.

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nicht daheim; daher trug sein Gemahl, welche noch immer an ihrem Christentum hing, groß Verlangen, daß ihre beiden Söhne getauft werden möchten. Sie hielt sie deshalb heimlich dazu an, daß sie sich zu Sanct Otto halten, aber nicht sagen sollten, daß sie es ihnen geheißen hätte. Das thaten die Knaben, und St. Otto gefiel ihnen wohl, denn er gab ihnen Obst, und andere Geschenke, welche Kinder gern haben, und ließ sie dabei das Vaterunser und den Glauben lernen, und bat sie oft wieder zu kommen. Zuletzt beredete er sie, daß sie sich taufen ließen, womit sie zufrieden waren. Denn nach der Taufe schenkte er ihnen schöne weiße seidene Röcke mit güldenen Streifen und güldenem Gürtel, und bunte Schuhe. Da das andere Kinder sahen, ließen sie sich auch taufen, damit sie schöne weiße Kleider und bunte Schuhe bekämen.

Als nun also schon viele Kinder getauft waren, da bekam Dobislavs Gemahl endlich Muth, auch zu dem Bischofe hinzugehen. Da war es denn nun herrlich anzusehen, wie die fromme Frau, die so lange ihren Glauben hatte geheim halten müssen, zu dem heiligen Manne kam. Ihre beiden Knaben waren gerade bei diesem, und saßen ihm zu beiden Seiten, angethan mit ihren weißen Kleidern. Als nun die Mutter kommt, stehen die Kinder auf, und verneigen sich gegen den Bischof, als bäten sie um Urlaub, und gehen alsdann der Mutter entgegen. Die Mutter wird darüber so voller Freuden, daß sie anfängt zu weinen, und in die Kniee sinket. Sie herzet und küsset ihre Söhne und spricht: Gelobet seist du, Herr Jesus Christus, daß du meine Kinder zu deinem Sacrament hast kommen lassen, daß du endlich meine Bitten erhöret und an ihnen gethan hast, was nun geschehen ist. Sie spricht darauf auch den Bischof an, und danket Gott für seine Ankunft, und bittet, er wolle sich nicht die Zeit lang werden lassen, es werde

nicht daheim; daher trug sein Gemahl, welche noch immer an ihrem Christentum hing, groß Verlangen, daß ihre beiden Söhne getauft werden möchten. Sie hielt sie deshalb heimlich dazu an, daß sie sich zu Sanct Otto halten, aber nicht sagen sollten, daß sie es ihnen geheißen hätte. Das thaten die Knaben, und St. Otto gefiel ihnen wohl, denn er gab ihnen Obst, und andere Geschenke, welche Kinder gern haben, und ließ sie dabei das Vaterunser und den Glauben lernen, und bat sie oft wieder zu kommen. Zuletzt beredete er sie, daß sie sich taufen ließen, womit sie zufrieden waren. Denn nach der Taufe schenkte er ihnen schöne weiße seidene Röcke mit güldenen Streifen und güldenem Gürtel, und bunte Schuhe. Da das andere Kinder sahen, ließen sie sich auch taufen, damit sie schöne weiße Kleider und bunte Schuhe bekämen.

Als nun also schon viele Kinder getauft waren, da bekam Dobislavs Gemahl endlich Muth, auch zu dem Bischofe hinzugehen. Da war es denn nun herrlich anzusehen, wie die fromme Frau, die so lange ihren Glauben hatte geheim halten müssen, zu dem heiligen Manne kam. Ihre beiden Knaben waren gerade bei diesem, und saßen ihm zu beiden Seiten, angethan mit ihren weißen Kleidern. Als nun die Mutter kommt, stehen die Kinder auf, und verneigen sich gegen den Bischof, als bäten sie um Urlaub, und gehen alsdann der Mutter entgegen. Die Mutter wird darüber so voller Freuden, daß sie anfängt zu weinen, und in die Kniee sinket. Sie herzet und küsset ihre Söhne und spricht: Gelobet seist du, Herr Jesus Christus, daß du meine Kinder zu deinem Sacrament hast kommen lassen, daß du endlich meine Bitten erhöret und an ihnen gethan hast, was nun geschehen ist. Sie spricht darauf auch den Bischof an, und danket Gott für seine Ankunft, und bittet, er wolle sich nicht die Zeit lang werden lassen, es werde

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nicht daheim; daher trug sein Gemahl, welche noch immer an ihrem Christentum hing, groß Verlangen, daß ihre beiden Söhne getauft werden möchten. Sie hielt sie deshalb heimlich dazu an, daß sie sich zu Sanct Otto halten, aber nicht sagen sollten, daß sie es ihnen geheißen hätte. Das thaten die Knaben, und St. Otto gefiel ihnen wohl, denn er gab ihnen Obst, und andere Geschenke, welche Kinder gern haben, und ließ sie dabei das Vaterunser und den Glauben lernen, und bat sie oft wieder zu kommen. Zuletzt beredete er sie, daß sie sich taufen ließen, womit sie zufrieden waren. Denn nach der Taufe schenkte er ihnen schöne weiße seidene Röcke mit güldenen Streifen und güldenem Gürtel, und bunte Schuhe. Da das andere Kinder sahen, ließen sie sich auch taufen, damit sie schöne weiße Kleider und bunte Schuhe bekämen.</p>
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[39/0071] nicht daheim; daher trug sein Gemahl, welche noch immer an ihrem Christentum hing, groß Verlangen, daß ihre beiden Söhne getauft werden möchten. Sie hielt sie deshalb heimlich dazu an, daß sie sich zu Sanct Otto halten, aber nicht sagen sollten, daß sie es ihnen geheißen hätte. Das thaten die Knaben, und St. Otto gefiel ihnen wohl, denn er gab ihnen Obst, und andere Geschenke, welche Kinder gern haben, und ließ sie dabei das Vaterunser und den Glauben lernen, und bat sie oft wieder zu kommen. Zuletzt beredete er sie, daß sie sich taufen ließen, womit sie zufrieden waren. Denn nach der Taufe schenkte er ihnen schöne weiße seidene Röcke mit güldenen Streifen und güldenem Gürtel, und bunte Schuhe. Da das andere Kinder sahen, ließen sie sich auch taufen, damit sie schöne weiße Kleider und bunte Schuhe bekämen. Als nun also schon viele Kinder getauft waren, da bekam Dobislavs Gemahl endlich Muth, auch zu dem Bischofe hinzugehen. Da war es denn nun herrlich anzusehen, wie die fromme Frau, die so lange ihren Glauben hatte geheim halten müssen, zu dem heiligen Manne kam. Ihre beiden Knaben waren gerade bei diesem, und saßen ihm zu beiden Seiten, angethan mit ihren weißen Kleidern. Als nun die Mutter kommt, stehen die Kinder auf, und verneigen sich gegen den Bischof, als bäten sie um Urlaub, und gehen alsdann der Mutter entgegen. Die Mutter wird darüber so voller Freuden, daß sie anfängt zu weinen, und in die Kniee sinket. Sie herzet und küsset ihre Söhne und spricht: Gelobet seist du, Herr Jesus Christus, daß du meine Kinder zu deinem Sacrament hast kommen lassen, daß du endlich meine Bitten erhöret und an ihnen gethan hast, was nun geschehen ist. Sie spricht darauf auch den Bischof an, und danket Gott für seine Ankunft, und bittet, er wolle sich nicht die Zeit lang werden lassen, es werde

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Zitationshilfe: Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/71>, abgerufen am 21.11.2024.