Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.viel Schönes und Liebes, und sie war sehr freundlich gegen ihn, so daß er in heißem Verlangen zu ihr immer mehr entbrannte. Was er aber in seiner Liebeshitze nicht bemerkte, das ersah auf einmal der Kutscher, nämlich daß das Frauenzimmer einen Pferdefuß und ein Hühnerbein hatte, und also der Teufel selbst war, der den Herrn auf solche Weise sich zu eigen zu machen gedachte. Der Knecht kreuzte und segnete sich, und rief in großer Angst seinem Herrn zu, was er gesehen hatte. Darauf erkannte auch dieser den Teufel, und er entsetzte sich dermaßen, daß er vor Schreck kaum wieder in seinen Wagen zurück konnte. Der Teufel lachte ihm höhnisch nach. Von der Zeit an hatte der Gutsherr keine Ruhe mehr. Sein einziger Trost war nur, wenn er auf seinem Waldhorne, dessen er ein großer Freund war, die Melodie des Liedes blasen konnte: Herr, an dir hab' ich gesündigt! - Das Lied hörte man seitdem jeden Abend und jede Nacht, denn auch nach seinem Tode muß er nun umgehen, und es blasen. Mündlich. 256. Die brennende Mütze. In der Gegend von Greifenhagen lebte einmal ein Amtmann, der sehr reich war. Sein Getreide gedieh immer am besten auf dem Felde, und seine Heerden vermehrten sich von Jahr zu Jahr. Da nahm er zuletzt einen Schäfer an, dem er auf dessen eigene Gefahr seine Schafheerde verpachtete. Von Stund' an ging die Heerde zu Grunde. Es ging beinahe kein Tag vorbei, daß nicht ein paar der schönsten Schafe starben. Der Schäfer mußte sie mit schwerem Gelde ersetzen, so daß er zuletzt so arm wurde, daß er kein Brod mehr im Hause hatte. Bald darauf starb der reiche Amtmann. viel Schönes und Liebes, und sie war sehr freundlich gegen ihn, so daß er in heißem Verlangen zu ihr immer mehr entbrannte. Was er aber in seiner Liebeshitze nicht bemerkte, das ersah auf einmal der Kutscher, nämlich daß das Frauenzimmer einen Pferdefuß und ein Hühnerbein hatte, und also der Teufel selbst war, der den Herrn auf solche Weise sich zu eigen zu machen gedachte. Der Knecht kreuzte und segnete sich, und rief in großer Angst seinem Herrn zu, was er gesehen hatte. Darauf erkannte auch dieser den Teufel, und er entsetzte sich dermaßen, daß er vor Schreck kaum wieder in seinen Wagen zurück konnte. Der Teufel lachte ihm höhnisch nach. Von der Zeit an hatte der Gutsherr keine Ruhe mehr. Sein einziger Trost war nur, wenn er auf seinem Waldhorne, dessen er ein großer Freund war, die Melodie des Liedes blasen konnte: Herr, an dir hab’ ich gesündigt! – Das Lied hörte man seitdem jeden Abend und jede Nacht, denn auch nach seinem Tode muß er nun umgehen, und es blasen. Mündlich. 256. Die brennende Mütze. In der Gegend von Greifenhagen lebte einmal ein Amtmann, der sehr reich war. Sein Getreide gedieh immer am besten auf dem Felde, und seine Heerden vermehrten sich von Jahr zu Jahr. Da nahm er zuletzt einen Schäfer an, dem er auf dessen eigene Gefahr seine Schafheerde verpachtete. Von Stund’ an ging die Heerde zu Grunde. Es ging beinahe kein Tag vorbei, daß nicht ein paar der schönsten Schafe starben. Der Schäfer mußte sie mit schwerem Gelde ersetzen, so daß er zuletzt so arm wurde, daß er kein Brod mehr im Hause hatte. Bald darauf starb der reiche Amtmann. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0336" n="304"/> viel Schönes und Liebes, und sie war sehr freundlich gegen ihn, so daß er in heißem Verlangen zu ihr immer mehr entbrannte. Was er aber in seiner Liebeshitze nicht bemerkte, das ersah auf einmal der Kutscher, nämlich daß das Frauenzimmer einen Pferdefuß und ein Hühnerbein hatte, und also der Teufel selbst war, der den Herrn auf solche Weise sich zu eigen zu machen gedachte. Der Knecht kreuzte und segnete sich, und rief in großer Angst seinem Herrn zu, was er gesehen hatte. Darauf erkannte auch dieser den Teufel, und er entsetzte sich dermaßen, daß er vor Schreck kaum wieder in seinen Wagen zurück konnte. Der Teufel lachte ihm höhnisch nach. Von der Zeit an hatte der Gutsherr keine Ruhe mehr. Sein einziger Trost war nur, wenn er auf seinem Waldhorne, dessen er ein großer Freund war, die Melodie des Liedes blasen konnte: Herr, an dir hab’ ich gesündigt! – Das Lied hörte man seitdem jeden Abend und jede Nacht, denn auch nach seinem Tode muß er nun umgehen, und es blasen.</p> <listBibl> <bibl>Mündlich.</bibl><lb/> </listBibl> </div> <div n="2"> <head>256. Die brennende Mütze.</head><lb/> <p>In der Gegend von Greifenhagen lebte einmal ein Amtmann, der sehr reich war. Sein Getreide gedieh immer am besten auf dem Felde, und seine Heerden vermehrten sich von Jahr zu Jahr. Da nahm er zuletzt einen Schäfer an, dem er auf dessen eigene Gefahr seine Schafheerde verpachtete. Von Stund’ an ging die Heerde zu Grunde. Es ging beinahe kein Tag vorbei, daß nicht ein paar der schönsten Schafe starben. Der Schäfer mußte sie mit schwerem Gelde ersetzen, so daß er zuletzt so arm wurde, daß er kein Brod mehr im Hause hatte. Bald darauf starb der reiche Amtmann.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [304/0336]
viel Schönes und Liebes, und sie war sehr freundlich gegen ihn, so daß er in heißem Verlangen zu ihr immer mehr entbrannte. Was er aber in seiner Liebeshitze nicht bemerkte, das ersah auf einmal der Kutscher, nämlich daß das Frauenzimmer einen Pferdefuß und ein Hühnerbein hatte, und also der Teufel selbst war, der den Herrn auf solche Weise sich zu eigen zu machen gedachte. Der Knecht kreuzte und segnete sich, und rief in großer Angst seinem Herrn zu, was er gesehen hatte. Darauf erkannte auch dieser den Teufel, und er entsetzte sich dermaßen, daß er vor Schreck kaum wieder in seinen Wagen zurück konnte. Der Teufel lachte ihm höhnisch nach. Von der Zeit an hatte der Gutsherr keine Ruhe mehr. Sein einziger Trost war nur, wenn er auf seinem Waldhorne, dessen er ein großer Freund war, die Melodie des Liedes blasen konnte: Herr, an dir hab’ ich gesündigt! – Das Lied hörte man seitdem jeden Abend und jede Nacht, denn auch nach seinem Tode muß er nun umgehen, und es blasen.
Mündlich.
256. Die brennende Mütze.
In der Gegend von Greifenhagen lebte einmal ein Amtmann, der sehr reich war. Sein Getreide gedieh immer am besten auf dem Felde, und seine Heerden vermehrten sich von Jahr zu Jahr. Da nahm er zuletzt einen Schäfer an, dem er auf dessen eigene Gefahr seine Schafheerde verpachtete. Von Stund’ an ging die Heerde zu Grunde. Es ging beinahe kein Tag vorbei, daß nicht ein paar der schönsten Schafe starben. Der Schäfer mußte sie mit schwerem Gelde ersetzen, so daß er zuletzt so arm wurde, daß er kein Brod mehr im Hause hatte. Bald darauf starb der reiche Amtmann.
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