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Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.

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und man hat schon allerlei wunderliche Gestalten dort gesehen. So hatte um das Jahr 1500 der Herzog Bogislav seinem Kanzler Jürgen Kleist das Amt zu Usedom eingethan, worauf dieser oft über die Swine ziehen mußte. Als er nun auch einmal in der Nacht des Weges fuhr, und von der Swine nach der Dievenow zurückkehren wollte, da ist ihm eine sehr seltsame Geschichte widerfahren. Es wurde nämlich der Himmel plötzlich finster, und es ward so dunkele Nacht, daß man weder Sterne noch Menschen sehen konnte, und Jürgen Kleist und seine Diener nicht mehr wußten, wo hinaus sie sollten. Da hörten sie auf einmal auf der Seite eine Stimme, die rief: hierher! hierher! Derselben wollten die Knechte folgen, aber der Kanzler verbot ihnen das, denn er wußte wohl, daß in der Nacht allerlei Teufelsgespenst herum zu wanken pflegt. Er befahl ihnen daher, in demselben Wege weiter fahren, in dem sie einmal waren. Die Stimme schrie unterdeß immer heftiger: hierher, hierher! und wie man nicht darauf hörte, da kam ein feuriger Mann daher, der ganz nackt war bis auf einen feurigen Mantel, den er umgehangen hatte. Derselbe machte sich dicht an den Wagen, griff die Lehne an, und lief also neben dem Wagen her. Er sagte kein Wort und sah nur den Jürgen Kleist ohne Unterlaß starr und heftig an. Zuweilen schlug er seinen feurigen Mantel auseinander, dann konnte man ihm in den Leib hineinsehen, und es sah darin aus, als wenn Rippen und Alles wie höllisches Feuer wären. In dem Laufen wurde das Gespenst immer größer und größer, daß es zuletzt mit dem Kopfe bis an den Himmel reichte. Auf die Länge, da ihm Niemand ein Wort sagte, ließ es von dem Wagen ab, und schlug seinen Mantel ganz auf; und nun schüttete es aus demselben große Flammen heraus, wie aus einem brennenden Meiler; dann gab es ein großes, tiefes Grunzen

und man hat schon allerlei wunderliche Gestalten dort gesehen. So hatte um das Jahr 1500 der Herzog Bogislav seinem Kanzler Jürgen Kleist das Amt zu Usedom eingethan, worauf dieser oft über die Swine ziehen mußte. Als er nun auch einmal in der Nacht des Weges fuhr, und von der Swine nach der Dievenow zurückkehren wollte, da ist ihm eine sehr seltsame Geschichte widerfahren. Es wurde nämlich der Himmel plötzlich finster, und es ward so dunkele Nacht, daß man weder Sterne noch Menschen sehen konnte, und Jürgen Kleist und seine Diener nicht mehr wußten, wo hinaus sie sollten. Da hörten sie auf einmal auf der Seite eine Stimme, die rief: hierher! hierher! Derselben wollten die Knechte folgen, aber der Kanzler verbot ihnen das, denn er wußte wohl, daß in der Nacht allerlei Teufelsgespenst herum zu wanken pflegt. Er befahl ihnen daher, in demselben Wege weiter fahren, in dem sie einmal waren. Die Stimme schrie unterdeß immer heftiger: hierher, hierher! und wie man nicht darauf hörte, da kam ein feuriger Mann daher, der ganz nackt war bis auf einen feurigen Mantel, den er umgehangen hatte. Derselbe machte sich dicht an den Wagen, griff die Lehne an, und lief also neben dem Wagen her. Er sagte kein Wort und sah nur den Jürgen Kleist ohne Unterlaß starr und heftig an. Zuweilen schlug er seinen feurigen Mantel auseinander, dann konnte man ihm in den Leib hineinsehen, und es sah darin aus, als wenn Rippen und Alles wie höllisches Feuer wären. In dem Laufen wurde das Gespenst immer größer und größer, daß es zuletzt mit dem Kopfe bis an den Himmel reichte. Auf die Länge, da ihm Niemand ein Wort sagte, ließ es von dem Wagen ab, und schlug seinen Mantel ganz auf; und nun schüttete es aus demselben große Flammen heraus, wie aus einem brennenden Meiler; dann gab es ein großes, tiefes Grunzen

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und man hat schon allerlei wunderliche Gestalten dort gesehen. So hatte um das Jahr 1500 der Herzog Bogislav seinem Kanzler Jürgen Kleist das Amt zu Usedom eingethan, worauf dieser oft über die Swine ziehen mußte. Als er nun auch einmal in der Nacht des Weges fuhr, und von der Swine nach der Dievenow zurückkehren wollte, da ist ihm eine sehr seltsame Geschichte widerfahren. Es wurde nämlich der Himmel plötzlich finster, und es ward so dunkele Nacht, daß man weder Sterne noch Menschen sehen konnte, und Jürgen Kleist und seine Diener nicht mehr wußten, wo hinaus sie sollten. Da hörten sie auf einmal auf der Seite eine Stimme, die rief: hierher! hierher! Derselben wollten die Knechte folgen, aber der Kanzler verbot ihnen das, denn er wußte wohl, daß in der Nacht allerlei Teufelsgespenst herum zu wanken pflegt. Er befahl ihnen daher, in demselben Wege weiter fahren, in dem sie einmal waren. Die Stimme schrie unterdeß immer heftiger: hierher, hierher! und wie man nicht darauf hörte, da kam ein feuriger Mann daher, der ganz nackt war bis auf einen feurigen Mantel, den er umgehangen hatte. Derselbe machte sich dicht an den Wagen, griff die Lehne an, und lief also neben dem Wagen her. Er sagte kein Wort und sah nur den Jürgen Kleist ohne Unterlaß starr und heftig an. Zuweilen schlug er seinen feurigen Mantel auseinander, dann konnte man ihm in den Leib hineinsehen, und es sah darin aus, als wenn Rippen und Alles wie höllisches Feuer wären. In dem Laufen wurde das Gespenst immer größer und größer, daß es zuletzt mit dem Kopfe bis an den Himmel reichte. Auf die Länge, da ihm Niemand ein Wort sagte, ließ es von dem Wagen ab, und schlug seinen Mantel ganz auf; und nun schüttete es aus demselben große Flammen heraus, wie aus einem brennenden Meiler; dann gab es ein großes, tiefes Grunzen
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[280/0312] und man hat schon allerlei wunderliche Gestalten dort gesehen. So hatte um das Jahr 1500 der Herzog Bogislav seinem Kanzler Jürgen Kleist das Amt zu Usedom eingethan, worauf dieser oft über die Swine ziehen mußte. Als er nun auch einmal in der Nacht des Weges fuhr, und von der Swine nach der Dievenow zurückkehren wollte, da ist ihm eine sehr seltsame Geschichte widerfahren. Es wurde nämlich der Himmel plötzlich finster, und es ward so dunkele Nacht, daß man weder Sterne noch Menschen sehen konnte, und Jürgen Kleist und seine Diener nicht mehr wußten, wo hinaus sie sollten. Da hörten sie auf einmal auf der Seite eine Stimme, die rief: hierher! hierher! Derselben wollten die Knechte folgen, aber der Kanzler verbot ihnen das, denn er wußte wohl, daß in der Nacht allerlei Teufelsgespenst herum zu wanken pflegt. Er befahl ihnen daher, in demselben Wege weiter fahren, in dem sie einmal waren. Die Stimme schrie unterdeß immer heftiger: hierher, hierher! und wie man nicht darauf hörte, da kam ein feuriger Mann daher, der ganz nackt war bis auf einen feurigen Mantel, den er umgehangen hatte. Derselbe machte sich dicht an den Wagen, griff die Lehne an, und lief also neben dem Wagen her. Er sagte kein Wort und sah nur den Jürgen Kleist ohne Unterlaß starr und heftig an. Zuweilen schlug er seinen feurigen Mantel auseinander, dann konnte man ihm in den Leib hineinsehen, und es sah darin aus, als wenn Rippen und Alles wie höllisches Feuer wären. In dem Laufen wurde das Gespenst immer größer und größer, daß es zuletzt mit dem Kopfe bis an den Himmel reichte. Auf die Länge, da ihm Niemand ein Wort sagte, ließ es von dem Wagen ab, und schlug seinen Mantel ganz auf; und nun schüttete es aus demselben große Flammen heraus, wie aus einem brennenden Meiler; dann gab es ein großes, tiefes Grunzen

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Zitationshilfe: Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/312>, abgerufen am 16.06.2024.