Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

darauf hinrichten, damit sie nicht verrathen sollten, wo die Schätze lägen. Dafür muß sie nun noch immer bei denselben in dem Berge Wache halten. Alle Jahre am Johannistage kommt sie aus dem Innern des Felsens hervor, und setzt sich oben auf den Königsstuhl. Dort wartet sie den ganzen Tag, ob Keiner kommen will, die Schätze zu heben und sie zu erlösen. Auf welche Weise dies geschehen kann, weiß man nicht.

Acten der Pomm. Gesellschaft für Geschichte.
211. Die Jungfrau am Waschstein bei Stubbenkammer.

Dicht bei Stubbenkammer auf Rügen erhebt sich am Strande des Meeres der Waschstein. In einer Höhle unter demselben hat vor Zeiten der berüchtigte Seeräuber Störtebeck seine Niederlage gehabt; dorthin zog er, um von seinen Räubereien auszuruhen, mit seiner Bande, welche im Lande den Namen der Vitalienbrüder hatte; dort verbarg er seine großen geraubten Schätze. Dieser Zufluchtsort war allen seinen Verfolgern unbekannt, und er war deshalb in demselben sicher vor Verfolgung.

In dieser Höhle ist es noch jetzt nicht geheuer, und man trifft allnächtlich um Mitternacht einen seltsamen Spuck darin. Insbesondere sieht man oft eine trauernde Jungfrau daraus hervorkommen, mit einem blutigen Tuche in der Hand. Mit demselben begiebt sie sich an das Wasser, um die Blutflecken herauszuwaschen. Aber dies will ihr nicht gelingen, und sie geht dann seufzend in die dunkele Höhle zurück. Von dieser Jungfrau erzählt man, daß sie ein vornehmes Fräulein aus Riga gewesen ist, die hat Störtebeck einmal auf einem Raubzuge nach Liefland gefangen und mit sich weggeführt, gerade als sie ihrem Bräutigam

darauf hinrichten, damit sie nicht verrathen sollten, wo die Schätze lägen. Dafür muß sie nun noch immer bei denselben in dem Berge Wache halten. Alle Jahre am Johannistage kommt sie aus dem Innern des Felsens hervor, und setzt sich oben auf den Königsstuhl. Dort wartet sie den ganzen Tag, ob Keiner kommen will, die Schätze zu heben und sie zu erlösen. Auf welche Weise dies geschehen kann, weiß man nicht.

Acten der Pomm. Gesellschaft für Geschichte.
211. Die Jungfrau am Waschstein bei Stubbenkammer.

Dicht bei Stubbenkammer auf Rügen erhebt sich am Strande des Meeres der Waschstein. In einer Höhle unter demselben hat vor Zeiten der berüchtigte Seeräuber Störtebeck seine Niederlage gehabt; dorthin zog er, um von seinen Räubereien auszuruhen, mit seiner Bande, welche im Lande den Namen der Vitalienbrüder hatte; dort verbarg er seine großen geraubten Schätze. Dieser Zufluchtsort war allen seinen Verfolgern unbekannt, und er war deshalb in demselben sicher vor Verfolgung.

In dieser Höhle ist es noch jetzt nicht geheuer, und man trifft allnächtlich um Mitternacht einen seltsamen Spuck darin. Insbesondere sieht man oft eine trauernde Jungfrau daraus hervorkommen, mit einem blutigen Tuche in der Hand. Mit demselben begiebt sie sich an das Wasser, um die Blutflecken herauszuwaschen. Aber dies will ihr nicht gelingen, und sie geht dann seufzend in die dunkele Höhle zurück. Von dieser Jungfrau erzählt man, daß sie ein vornehmes Fräulein aus Riga gewesen ist, die hat Störtebeck einmal auf einem Raubzuge nach Liefland gefangen und mit sich weggeführt, gerade als sie ihrem Bräutigam

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0280" n="248"/>
darauf hinrichten, damit sie nicht verrathen sollten, wo die Schätze lägen. Dafür muß sie nun noch immer bei denselben in dem Berge Wache halten. Alle Jahre am Johannistage kommt sie aus dem Innern des Felsens hervor, und setzt sich oben auf den Königsstuhl. Dort wartet sie den ganzen Tag, ob Keiner kommen will, die Schätze zu heben und sie zu erlösen. Auf welche Weise dies geschehen kann, weiß man nicht.</p>
          <listBibl>
            <bibl>Acten der Pomm. Gesellschaft für Geschichte.</bibl><lb/>
          </listBibl>
        </div>
        <div n="2">
          <head>211. Die Jungfrau am Waschstein bei Stubbenkammer.</head><lb/>
          <p>Dicht bei Stubbenkammer auf Rügen erhebt sich am Strande des Meeres der Waschstein. In einer Höhle unter demselben hat vor Zeiten der berüchtigte Seeräuber Störtebeck seine Niederlage gehabt; dorthin zog er, um von seinen Räubereien auszuruhen, mit seiner Bande, welche im Lande den Namen der Vitalienbrüder hatte; dort verbarg er seine großen geraubten Schätze. Dieser Zufluchtsort war allen seinen Verfolgern unbekannt, und er war deshalb in demselben sicher vor Verfolgung.</p>
          <p>In dieser Höhle ist es noch jetzt nicht geheuer, und man trifft allnächtlich um Mitternacht einen seltsamen Spuck darin. Insbesondere sieht man oft eine trauernde Jungfrau daraus hervorkommen, mit einem blutigen Tuche in der Hand. Mit demselben begiebt sie sich an das Wasser, um die Blutflecken herauszuwaschen. Aber dies will ihr nicht gelingen, und sie geht dann seufzend in die dunkele Höhle zurück. Von dieser Jungfrau erzählt man, daß sie ein vornehmes Fräulein aus Riga gewesen ist, die hat Störtebeck einmal auf einem Raubzuge nach Liefland gefangen und mit sich weggeführt, gerade als sie ihrem Bräutigam
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[248/0280] darauf hinrichten, damit sie nicht verrathen sollten, wo die Schätze lägen. Dafür muß sie nun noch immer bei denselben in dem Berge Wache halten. Alle Jahre am Johannistage kommt sie aus dem Innern des Felsens hervor, und setzt sich oben auf den Königsstuhl. Dort wartet sie den ganzen Tag, ob Keiner kommen will, die Schätze zu heben und sie zu erlösen. Auf welche Weise dies geschehen kann, weiß man nicht. Acten der Pomm. Gesellschaft für Geschichte. 211. Die Jungfrau am Waschstein bei Stubbenkammer. Dicht bei Stubbenkammer auf Rügen erhebt sich am Strande des Meeres der Waschstein. In einer Höhle unter demselben hat vor Zeiten der berüchtigte Seeräuber Störtebeck seine Niederlage gehabt; dorthin zog er, um von seinen Räubereien auszuruhen, mit seiner Bande, welche im Lande den Namen der Vitalienbrüder hatte; dort verbarg er seine großen geraubten Schätze. Dieser Zufluchtsort war allen seinen Verfolgern unbekannt, und er war deshalb in demselben sicher vor Verfolgung. In dieser Höhle ist es noch jetzt nicht geheuer, und man trifft allnächtlich um Mitternacht einen seltsamen Spuck darin. Insbesondere sieht man oft eine trauernde Jungfrau daraus hervorkommen, mit einem blutigen Tuche in der Hand. Mit demselben begiebt sie sich an das Wasser, um die Blutflecken herauszuwaschen. Aber dies will ihr nicht gelingen, und sie geht dann seufzend in die dunkele Höhle zurück. Von dieser Jungfrau erzählt man, daß sie ein vornehmes Fräulein aus Riga gewesen ist, die hat Störtebeck einmal auf einem Raubzuge nach Liefland gefangen und mit sich weggeführt, gerade als sie ihrem Bräutigam

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • als Grundlage dienen die Editionsrichtlinien von Wikisource.
  • Überschriebene „e“ über den Vokalen „a“, „o“ und „u“ werden als moderne Umlaute transkribiert.
  • Gesperrter Text wird kursiv
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Einzüge werden nicht übernommen
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Fußnoten der Vorlage sind fortlaufend nummeriert und folgen jeweils am Schluß des Textes.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/280
Zitationshilfe: Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/280>, abgerufen am 24.11.2024.