Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

denn die Bauern aus Conerow gäben sie ihm gern. Er erzählte nun, wie sie von seinem Elend gehört, und wie sie darauf das Geld zusammen gebracht, und wie er allein damit den weiten Weg hergeritten sey, da sie sonst nicht gewußt hätten, wie es in seine Hände kommen möge. Da fing der wilde König Karl der Zwölfte an zu weinen, daß ihm die hellen Thränen das Gesicht herunter liefen. Er zog sein Schwert aus der Scheide und hob es hoch empor, und sagte: Solche edle Treue haben mir die Höchsten meines Adels nicht bewiesen. Du sollst fortan der Erste unter meinen Edlen sein. Kniee nieder, daß ich Dich zum Ritter schlage.

Dem Befehle gehorchte der Bauer, und er kniete von Neuem nieder, aber nicht um den Ritterschlag zu empfangen; denn er bat vielmehr den König, ihn nicht also bei seines Gleichen zu beschämen, und ihm den ehrlichen Namen zu lassen, den seine Vorfahren getragen; wolle ihm aber Seine Majestät eine Gnade erzeigen, so bitte er, daß den drei Bauern zu Conerow ihre Pacht auf ewige Zeiten erlassen werde.

Das beschwor ihm der König, und er ließ auch sogleich eine Urkunde darüber ausfertigen. Wie aber der Kanzler nun auf diese das Siegel aufdrücken wollte, da riß sich der König aus seinem Barte drei Haare, die drückte er mit dem Knopfe seines Schwertes in das flüssige Siegelwachs hinein, daß sie auf ewig von seinem königlichen Worte Zeugniß geben sollten.

Darauf ritt Hans Müsebeck froh und vergnügt nach Conerow zurück. Die Urkunde verwahren die drei Bauern zu Conerow noch, und sie sind auch noch jetzt frei von allen Abgaben; denn wer wüßte Unterthanen-Treue besser zu schätzen, als das Preußische Königshaus?

Vgl. Freiberg Pommersche Sagen, S. 78-87.

denn die Bauern aus Conerow gäben sie ihm gern. Er erzählte nun, wie sie von seinem Elend gehört, und wie sie darauf das Geld zusammen gebracht, und wie er allein damit den weiten Weg hergeritten sey, da sie sonst nicht gewußt hätten, wie es in seine Hände kommen möge. Da fing der wilde König Karl der Zwölfte an zu weinen, daß ihm die hellen Thränen das Gesicht herunter liefen. Er zog sein Schwert aus der Scheide und hob es hoch empor, und sagte: Solche edle Treue haben mir die Höchsten meines Adels nicht bewiesen. Du sollst fortan der Erste unter meinen Edlen sein. Kniee nieder, daß ich Dich zum Ritter schlage.

Dem Befehle gehorchte der Bauer, und er kniete von Neuem nieder, aber nicht um den Ritterschlag zu empfangen; denn er bat vielmehr den König, ihn nicht also bei seines Gleichen zu beschämen, und ihm den ehrlichen Namen zu lassen, den seine Vorfahren getragen; wolle ihm aber Seine Majestät eine Gnade erzeigen, so bitte er, daß den drei Bauern zu Conerow ihre Pacht auf ewige Zeiten erlassen werde.

Das beschwor ihm der König, und er ließ auch sogleich eine Urkunde darüber ausfertigen. Wie aber der Kanzler nun auf diese das Siegel aufdrücken wollte, da riß sich der König aus seinem Barte drei Haare, die drückte er mit dem Knopfe seines Schwertes in das flüssige Siegelwachs hinein, daß sie auf ewig von seinem königlichen Worte Zeugniß geben sollten.

Darauf ritt Hans Müsebeck froh und vergnügt nach Conerow zurück. Die Urkunde verwahren die drei Bauern zu Conerow noch, und sie sind auch noch jetzt frei von allen Abgaben; denn wer wüßte Unterthanen-Treue besser zu schätzen, als das Preußische Königshaus?

Vgl. Freiberg Pommersche Sagen, S. 78-87.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0125" n="93"/>
denn die Bauern aus Conerow gäben sie ihm gern. Er erzählte nun, wie sie von seinem Elend gehört, und wie sie darauf das Geld zusammen gebracht, und wie er allein damit den weiten Weg hergeritten sey, da sie sonst nicht gewußt hätten, wie es in seine Hände kommen möge. Da fing der wilde König Karl der Zwölfte an zu weinen, daß ihm die hellen Thränen das Gesicht herunter liefen. Er zog sein Schwert aus der Scheide und hob es hoch empor, und sagte: Solche edle Treue haben mir die Höchsten meines Adels nicht bewiesen. Du sollst fortan der Erste unter meinen Edlen sein. Kniee nieder, daß ich Dich zum Ritter schlage.</p>
          <p>Dem Befehle gehorchte der Bauer, und er kniete von Neuem nieder, aber nicht um den Ritterschlag zu empfangen; denn er bat vielmehr den König, ihn nicht also bei seines Gleichen zu beschämen, und ihm den ehrlichen Namen zu lassen, den seine Vorfahren getragen; wolle ihm aber Seine Majestät eine Gnade erzeigen, so bitte er, daß den drei Bauern zu Conerow ihre Pacht auf ewige Zeiten erlassen werde.</p>
          <p>Das beschwor ihm der König, und er ließ auch sogleich eine Urkunde darüber ausfertigen. Wie aber der Kanzler nun auf diese das Siegel aufdrücken wollte, da riß sich der König aus seinem Barte drei Haare, die drückte er mit dem Knopfe seines Schwertes in das flüssige Siegelwachs hinein, daß sie auf ewig von seinem königlichen Worte Zeugniß geben sollten.</p>
          <p>Darauf ritt Hans Müsebeck froh und vergnügt nach Conerow zurück. Die Urkunde verwahren die drei Bauern zu Conerow noch, und sie sind auch noch jetzt frei von allen Abgaben; denn wer wüßte Unterthanen-Treue besser zu schätzen, als das Preußische Königshaus?</p>
          <listBibl>
            <bibl>Vgl. Freiberg Pommersche Sagen, S. 78-87.</bibl><lb/>
          </listBibl>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[93/0125] denn die Bauern aus Conerow gäben sie ihm gern. Er erzählte nun, wie sie von seinem Elend gehört, und wie sie darauf das Geld zusammen gebracht, und wie er allein damit den weiten Weg hergeritten sey, da sie sonst nicht gewußt hätten, wie es in seine Hände kommen möge. Da fing der wilde König Karl der Zwölfte an zu weinen, daß ihm die hellen Thränen das Gesicht herunter liefen. Er zog sein Schwert aus der Scheide und hob es hoch empor, und sagte: Solche edle Treue haben mir die Höchsten meines Adels nicht bewiesen. Du sollst fortan der Erste unter meinen Edlen sein. Kniee nieder, daß ich Dich zum Ritter schlage. Dem Befehle gehorchte der Bauer, und er kniete von Neuem nieder, aber nicht um den Ritterschlag zu empfangen; denn er bat vielmehr den König, ihn nicht also bei seines Gleichen zu beschämen, und ihm den ehrlichen Namen zu lassen, den seine Vorfahren getragen; wolle ihm aber Seine Majestät eine Gnade erzeigen, so bitte er, daß den drei Bauern zu Conerow ihre Pacht auf ewige Zeiten erlassen werde. Das beschwor ihm der König, und er ließ auch sogleich eine Urkunde darüber ausfertigen. Wie aber der Kanzler nun auf diese das Siegel aufdrücken wollte, da riß sich der König aus seinem Barte drei Haare, die drückte er mit dem Knopfe seines Schwertes in das flüssige Siegelwachs hinein, daß sie auf ewig von seinem königlichen Worte Zeugniß geben sollten. Darauf ritt Hans Müsebeck froh und vergnügt nach Conerow zurück. Die Urkunde verwahren die drei Bauern zu Conerow noch, und sie sind auch noch jetzt frei von allen Abgaben; denn wer wüßte Unterthanen-Treue besser zu schätzen, als das Preußische Königshaus? Vgl. Freiberg Pommersche Sagen, S. 78-87.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • als Grundlage dienen die Editionsrichtlinien von Wikisource.
  • Überschriebene „e“ über den Vokalen „a“, „o“ und „u“ werden als moderne Umlaute transkribiert.
  • Gesperrter Text wird kursiv
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Einzüge werden nicht übernommen
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Fußnoten der Vorlage sind fortlaufend nummeriert und folgen jeweils am Schluß des Textes.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/125
Zitationshilfe: Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/125>, abgerufen am 18.05.2024.