Jch habe mit einem geredt, welcher als er auf der Welt lebte, geglaubet hat, ein Geist seye kein ausgedehntes Wesen, vermö- ge dieses Grundsatzes wollte er kein Wort gelten lassen, welches ein ausgedehntes We- sen in sich faßte: Jch fragte, was er jetzt von sich, da er eine Seele oder Geist sey, empfinde, daß er ein Gesicht habe, ein Ge- hör, Geruch, ein zartes Gefühl, Begierden, Gedanken, so gar, daß er meynet, er sey gänz- lich im Leib; Er beharrete auf der Jdee, in welcher er war, da er also auf der Welt dach- te: Darauf sagte er, Geist sey ein Gedank; ich konnte ihm aber antworten, als wie er auf der Welt gewesen wäre, ob er nicht wis- se, daß das leibliche Gesicht ohne ein Werk- zeug des Gesichts oder Aug nicht seyn könne, wie sollte nun das innerliche Gesicht oder der Gedank ohne eine organische Substanz seyn können. Er erkannte alsdann, daß er sich bey Leibes-Leben mit einer solchen Phantasie geschleppt habe, daß er meynte, Geist sey nur ein Gedank ohne alles organische oder ausge- dehnte Wesen. Es wurde hinzu gefügt, daß, wann Seele und Geist nur ein Gedank wä- re, der Mensch so kein grosses Hirn vonnö- then hätte, da das ganze Hirn das organische Wesen von den innerlichen Sinnen sey: Wann das nicht wäre, so hätte die Hirnscha- le ausgehölt seyn, und der Gedank eben an dem Ort auf den Geist würken können. Hier-
aus
Exempel von Geiſtern,
Jch habe mit einem geredt, welcher als er auf der Welt lebte, geglaubet hat, ein Geiſt ſeye kein ausgedehntes Weſen, vermoͤ- ge dieſes Grundſatzes wollte er kein Wort gelten laſſen, welches ein ausgedehntes We- ſen in ſich faßte: Jch fragte, was er jetzt von ſich, da er eine Seele oder Geiſt ſey, empfinde, daß er ein Geſicht habe, ein Ge- hoͤr, Geruch, ein zartes Gefuͤhl, Begierden, Gedanken, ſo gar, daß er meynet, er ſey gaͤnz- lich im Leib; Er beharrete auf der Jdee, in welcher er war, da er alſo auf der Welt dach- te: Darauf ſagte er, Geiſt ſey ein Gedank; ich konnte ihm aber antworten, als wie er auf der Welt geweſen waͤre, ob er nicht wiſ- ſe, daß das leibliche Geſicht ohne ein Werk- zeug des Geſichts oder Aug nicht ſeyn koͤnne, wie ſollte nun das innerliche Geſicht oder der Gedank ohne eine organiſche Subſtanz ſeyn koͤnnen. Er erkannte alsdann, daß er ſich bey Leibes-Leben mit einer ſolchen Phantaſie geſchleppt habe, daß er meynte, Geiſt ſey nur ein Gedank ohne alles organiſche oder ausge- dehnte Weſen. Es wurde hinzu gefuͤgt, daß, wann Seele und Geiſt nur ein Gedank waͤ- re, der Menſch ſo kein groſſes Hirn vonnoͤ- then haͤtte, da das ganze Hirn das organiſche Weſen von den innerlichen Sinnen ſey: Wann das nicht waͤre, ſo haͤtte die Hirnſcha- le ausgehoͤlt ſeyn, und der Gedank eben an dem Ort auf den Geiſt wuͤrken koͤnnen. Hier-
aus
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Exempel von Geiſtern,
Jch habe mit einem geredt, welcher als
er auf der Welt lebte, geglaubet hat, ein
Geiſt ſeye kein ausgedehntes Weſen, vermoͤ-
ge dieſes Grundſatzes wollte er kein Wort
gelten laſſen, welches ein ausgedehntes We-
ſen in ſich faßte: Jch fragte, was er jetzt
von ſich, da er eine Seele oder Geiſt ſey,
empfinde, daß er ein Geſicht habe, ein Ge-
hoͤr, Geruch, ein zartes Gefuͤhl, Begierden,
Gedanken, ſo gar, daß er meynet, er ſey gaͤnz-
lich im Leib; Er beharrete auf der Jdee, in
welcher er war, da er alſo auf der Welt dach-
te: Darauf ſagte er, Geiſt ſey ein Gedank;
ich konnte ihm aber antworten, als wie er
auf der Welt geweſen waͤre, ob er nicht wiſ-
ſe, daß das leibliche Geſicht ohne ein Werk-
zeug des Geſichts oder Aug nicht ſeyn koͤnne,
wie ſollte nun das innerliche Geſicht oder der
Gedank ohne eine organiſche Subſtanz ſeyn
koͤnnen. Er erkannte alsdann, daß er ſich
bey Leibes-Leben mit einer ſolchen Phantaſie
geſchleppt habe, daß er meynte, Geiſt ſey nur
ein Gedank ohne alles organiſche oder ausge-
dehnte Weſen. Es wurde hinzu gefuͤgt, daß,
wann Seele und Geiſt nur ein Gedank waͤ-
re, der Menſch ſo kein groſſes Hirn vonnoͤ-
then haͤtte, da das ganze Hirn das organiſche
Weſen von den innerlichen Sinnen ſey:
Wann das nicht waͤre, ſo haͤtte die Hirnſcha-
le ausgehoͤlt ſeyn, und der Gedank eben an
dem Ort auf den Geiſt wuͤrken koͤnnen. Hier-
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Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 4. Frankfurt (Main), 1776, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften04_1776/228>, abgerufen am 27.07.2024.
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