Dürfte ich es wagen einen Schluß hier- aus zu machen, so gienge er dahin, daß in den sichtbaren Naturwerken immer so viel contra als pro liegt, nur daß uns GOtt in vielem einen Vorhang vorgezogen: denn nach Swedenborg und Fontenelle sind unzählige Welten, und nach den Chinesischen Nachrich- ten können die Sterne litteraliter nach Aus- sage der heiligen Schrift vom Himmel fal- len. Hier hat man also so viel pro als con- tra. Unter dieser Betrachtung geht mir eine wichtige Anmerkung bey; es fragt sich nem- lich, ob GOttes Größe durch eine unendli- che Reihe der Welten mehr gepriesen werde, als durch eine in gewisse Gränzen des Uni- versi eingeschlossene determinirte Zahl der Welten, in Absicht auf unsere Erde. Mei- nes unvorgreiflichen Ermessens führet jenes eine Nothwendigkeit, und dieses eine Con- tingenz mit sich. Gottes Allmacht und Frey- heit dünkt mich aber gröser, wenn endlich das Universum auf etwas determinirtes Voll- kommenes hinaus lauft, als wenn ein ewi- ger Circul der Wesen ohne einen letzten Ter- minum der Vollkommenheit ist.
Weil so viel pro als contra in der Natur ist, so muß ich den Marquis d'Argens loben, der endlich, müde an dem Septicismo, seine Zuflucht zu den Aussprüchen des höchsten Verstands in der Offenbarung genommen,
und
Anmerkung.
Dürfte ich es wagen einen Schluß hier- aus zu machen, ſo gienge er dahin, daß in den ſichtbaren Naturwerken immer ſo viel contra als pro liegt, nur daß uns GOtt in vielem einen Vorhang vorgezogen: denn nach Swedenborg und Fontenelle ſind unzählige Welten, und nach den Chineſiſchen Nachrich- ten können die Sterne litteraliter nach Aus- ſage der heiligen Schrift vom Himmel fal- len. Hier hat man alſo ſo viel pro als con- tra. Unter dieſer Betrachtung geht mir eine wichtige Anmerkung bey; es fragt ſich nem- lich, ob GOttes Größe durch eine unendli- che Reihe der Welten mehr geprieſen werde, als durch eine in gewiſſe Gränzen des Uni- verſi eingeſchloſſene determinirte Zahl der Welten, in Abſicht auf unſere Erde. Mei- nes unvorgreiflichen Ermeſſens führet jenes eine Nothwendigkeit, und dieſes eine Con- tingenz mit ſich. Gottes Allmacht und Frey- heit dünkt mich aber gröſer, wenn endlich das Univerſum auf etwas determinirtes Voll- kommenes hinaus lauft, als wenn ein ewi- ger Circul der Weſen ohne einen letzten Ter- minum der Vollkommenheit iſt.
Weil ſo viel pro als contra in der Natur iſt, ſo muß ich den Marquis d’Argens loben, der endlich, müde an dem Septiciſmo, ſeine Zuflucht zu den Ausſprüchen des höchſten Verſtands in der Offenbarung genommen,
und
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Anmerkung.
Dürfte ich es wagen einen Schluß hier-
aus zu machen, ſo gienge er dahin, daß in
den ſichtbaren Naturwerken immer ſo viel
contra als pro liegt, nur daß uns GOtt in
vielem einen Vorhang vorgezogen: denn nach
Swedenborg und Fontenelle ſind unzählige
Welten, und nach den Chineſiſchen Nachrich-
ten können die Sterne litteraliter nach Aus-
ſage der heiligen Schrift vom Himmel fal-
len. Hier hat man alſo ſo viel pro als con-
tra. Unter dieſer Betrachtung geht mir eine
wichtige Anmerkung bey; es fragt ſich nem-
lich, ob GOttes Größe durch eine unendli-
che Reihe der Welten mehr geprieſen werde,
als durch eine in gewiſſe Gränzen des Uni-
verſi eingeſchloſſene determinirte Zahl der
Welten, in Abſicht auf unſere Erde. Mei-
nes unvorgreiflichen Ermeſſens führet jenes
eine Nothwendigkeit, und dieſes eine Con-
tingenz mit ſich. Gottes Allmacht und Frey-
heit dünkt mich aber gröſer, wenn endlich das
Univerſum auf etwas determinirtes Voll-
kommenes hinaus lauft, als wenn ein ewi-
ger Circul der Weſen ohne einen letzten Ter-
minum der Vollkommenheit iſt.
Weil ſo viel pro als contra in der Natur
iſt, ſo muß ich den Marquis d’Argens loben,
der endlich, müde an dem Septiciſmo, ſeine
Zuflucht zu den Ausſprüchen des höchſten
Verſtands in der Offenbarung genommen,
und
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Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1776, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften03_1776/80>, abgerufen am 24.11.2024.
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