Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1776.Reflexiones über dieß Buch. aber das ist nicht glaublich, weil die Einwoh-ner alle sterben, und vor dem Sterben kann der sechste Sinn nicht seyn. Der sechste Sinn müßte eine Proportion haben mit dem sterblichen Leibe. Vielleicht ist der sechste Sinn die centrale Eröffnung der Seele, davon Malebranch schreibt, daß sie für Erdeinwohner nicht convenient sey. Vielleicht haben die, welche den Geist GOttes in reichem Maas ha- ben, dieß Sensorium. Aber da müßte man das Sensorium mehr auf unserer Erde suchen, als in den Planeten. Denn bis man zu der Jllumination von innen kommt, muß von aussen vieles gleich gemacht werden in der finstern Seele, da das Licht oft Finsterniß ist. Fontenelle desperirt, etwas von der Gestalt der Jnnwohner zu wissen. Und wenn er von den Jnnwohnern der Venus redet, so ist es mehr Spottsweise, als in Ernst geredet: er meynt, sie seyen ein klein schwarz Volk, von der Sonne verbrannt, voll Feuer und Geist, allezeit in Liebe, die immer Verse machen, mu- siciren, tanzen. Aber diese Beschreibung ist weit entfernt von Swedenborgs Nachrichten. Und man kann Swedenborgs Nachrichten, so ungewiß man sie auch verlacht, doch aus Fontenelle Gespött lernen besser distinguiren. Von den Jnnwohnern Mercurii spricht seyn,
Reflexiones über dieß Buch. aber das iſt nicht glaublich, weil die Einwoh-ner alle ſterben, und vor dem Sterben kann der ſechste Sinn nicht ſeyn. Der ſechste Sinn müßte eine Proportion haben mit dem ſterblichen Leibe. Vielleicht iſt der ſechste Sinn die centrale Eröffnung der Seele, davon Malebranch ſchreibt, daß ſie für Erdeinwohner nicht convenient ſey. Vielleicht haben die, welche den Geiſt GOttes in reichem Maas ha- ben, dieß Senſorium. Aber da müßte man das Senſorium mehr auf unſerer Erde ſuchen, als in den Planeten. Denn bis man zu der Jllumination von innen kommt, muß von auſſen vieles gleich gemacht werden in der finſtern Seele, da das Licht oft Finſterniß iſt. Fontenelle deſperirt, etwas von der Geſtalt der Jnnwohner zu wiſſen. Und wenn er von den Jnnwohnern der Venus redet, ſo iſt es mehr Spottsweiſe, als in Ernſt geredet: er meynt, ſie ſeyen ein klein ſchwarz Volk, von der Sonne verbrannt, voll Feuer und Geiſt, allezeit in Liebe, die immer Verſe machen, mu- ſiciren, tanzen. Aber dieſe Beſchreibung iſt weit entfernt von Swedenborgs Nachrichten. Und man kann Swedenborgs Nachrichten, ſo ungewiß man ſie auch verlacht, doch aus Fontenelle Geſpött lernen beſſer diſtinguiren. Von den Jnnwohnern Mercurii ſpricht ſeyn,
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Reflexiones über dieß Buch.
aber das iſt nicht glaublich, weil die Einwoh-
ner alle ſterben, und vor dem Sterben kann
der ſechste Sinn nicht ſeyn. Der ſechste
Sinn müßte eine Proportion haben mit dem
ſterblichen Leibe. Vielleicht iſt der ſechste
Sinn die centrale Eröffnung der Seele, davon
Malebranch ſchreibt, daß ſie für Erdeinwohner
nicht convenient ſey. Vielleicht haben die,
welche den Geiſt GOttes in reichem Maas ha-
ben, dieß Senſorium. Aber da müßte man
das Senſorium mehr auf unſerer Erde ſuchen,
als in den Planeten. Denn bis man zu der
Jllumination von innen kommt, muß von
auſſen vieles gleich gemacht werden in der
finſtern Seele, da das Licht oft Finſterniß iſt.
Fontenelle deſperirt, etwas von der Geſtalt
der Jnnwohner zu wiſſen. Und wenn er
von den Jnnwohnern der Venus redet, ſo iſt
es mehr Spottsweiſe, als in Ernſt geredet: er
meynt, ſie ſeyen ein klein ſchwarz Volk, von
der Sonne verbrannt, voll Feuer und Geiſt,
allezeit in Liebe, die immer Verſe machen, mu-
ſiciren, tanzen. Aber dieſe Beſchreibung iſt
weit entfernt von Swedenborgs Nachrichten.
Und man kann Swedenborgs Nachrichten,
ſo ungewiß man ſie auch verlacht, doch aus
Fontenelle Geſpött lernen beſſer diſtinguiren.
Von den Jnnwohnern Mercurii ſpricht
Fontenelle ganz anderſt als Swedenborg: näm-
lich, weil ſie ſo nahe an der Sonne ſeyen, ſo,
meynt er, müſſen ſie von Lebhaftigkeit toll
ſeyn,
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