Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Von der Geisterwelt.
kommt, denn wenn es nicht daraus herkäme, so
wäre es nur eine Bewegung, alswie die Selbst-
bewegung eines Uhrwerks und einer Gauckel pup-
pe; dahero ist die That oder das Werk, in sich
betrachtet, nur die Würkung, die gleichsam ihre
Seele und ihr Leben von dem Willen und dem
Denken bekommt, so gar, daß der Wille und das
Denken in der Würkung ist, mithin daß die Wür-
kung der Wille und das Denken in äusserlicher
Gestalt ist: hieraus folget, daß, wie der Wille
und das Denken, die eine That oder ein Werk
hervorbringen, beschaffen ist, also auch die That
und das Werk sey; wenn das Denken und der
Wille gut sind, sodann sind auch die Thaten und
Werke gut; wenn aber das Denken und der Wille
böse sind, so sind auch die Thaten und Werke böß,
ob sie gleich in der äusserlichen Gestalt jenen ähn-
lich zu seyn scheinen möchten: es können tausend
Menschen ein Gleiches thun, das ist, eine gleiche
That herstellen, und zwar eine so gleiche, daß
sie der äusserlichen Gestalt nach nicht von einan-
der zu unterscheiden sind, und doch ist eine jede
That, an sich selbst betrachtet, der andern un-
gleich, weil sie aus ungleichem Willen herkommt:
ich will ein Beyspiel geben: aufrichtig und
gerecht handeln an dem Nebenmenschen:
da
kann einer aufrichtig und gerecht an ihn handeln
in der Absicht, daß er um sein selbst und seiner
eignen Ehre willen aufrichtig und gerecht zu seyn
scheine; der andere um der Welt und des Gewin-
stes willen; der dritte um der Wiedervergeltung

und

Von der Geiſterwelt.
kommt, denn wenn es nicht daraus herkaͤme, ſo
waͤre es nur eine Bewegung, alswie die Selbſt-
bewegung eines Uhrwerks und einer Gauckel pup-
pe; dahero iſt die That oder das Werk, in ſich
betrachtet, nur die Wuͤrkung, die gleichſam ihre
Seele und ihr Leben von dem Willen und dem
Denken bekommt, ſo gar, daß der Wille und das
Denken in der Wuͤrkung iſt, mithin daß die Wuͤr-
kung der Wille und das Denken in aͤuſſerlicher
Geſtalt iſt: hieraus folget, daß, wie der Wille
und das Denken, die eine That oder ein Werk
hervorbringen, beſchaffen iſt, alſo auch die That
und das Werk ſey; wenn das Denken und der
Wille gut ſind, ſodann ſind auch die Thaten und
Werke gut; wenn aber das Denken und der Wille
boͤſe ſind, ſo ſind auch die Thaten und Werke boͤß,
ob ſie gleich in der aͤuſſerlichen Geſtalt jenen aͤhn-
lich zu ſeyn ſcheinen moͤchten: es koͤnnen tauſend
Menſchen ein Gleiches thun, das iſt, eine gleiche
That herſtellen, und zwar eine ſo gleiche, daß
ſie der aͤuſſerlichen Geſtalt nach nicht von einan-
der zu unterſcheiden ſind, und doch iſt eine jede
That, an ſich ſelbſt betrachtet, der andern un-
gleich, weil ſie aus ungleichem Willen herkommt:
ich will ein Beyſpiel geben: aufrichtig und
gerecht handeln an dem Nebenmenſchen:
da
kann einer aufrichtig und gerecht an ihn handeln
in der Abſicht, daß er um ſein ſelbſt und ſeiner
eignen Ehre willen aufrichtig und gerecht zu ſeyn
ſcheine; der andere um der Welt und des Gewin-
ſtes willen; der dritte um der Wiedervergeltung

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0239" n="240"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von der Gei&#x017F;terwelt.</hi></fw><lb/>
kommt, denn wenn es nicht daraus herka&#x0364;me, &#x017F;o<lb/>
wa&#x0364;re es nur eine Bewegung, alswie die Selb&#x017F;t-<lb/>
bewegung eines Uhrwerks und einer Gauckel pup-<lb/>
pe; dahero i&#x017F;t die That oder das Werk, in &#x017F;ich<lb/>
betrachtet, nur die Wu&#x0364;rkung, die gleich&#x017F;am ihre<lb/>
Seele und ihr Leben von dem Willen und dem<lb/>
Denken bekommt, &#x017F;o gar, daß der Wille und das<lb/>
Denken in der Wu&#x0364;rkung i&#x017F;t, mithin daß die Wu&#x0364;r-<lb/>
kung der Wille und das Denken in a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlicher<lb/>
Ge&#x017F;talt i&#x017F;t: hieraus folget, daß, wie der Wille<lb/>
und das Denken, die eine That oder ein Werk<lb/>
hervorbringen, be&#x017F;chaffen i&#x017F;t, al&#x017F;o auch die That<lb/>
und das Werk &#x017F;ey; wenn das Denken und der<lb/>
Wille gut &#x017F;ind, &#x017F;odann &#x017F;ind auch die Thaten und<lb/>
Werke gut; wenn aber das Denken und der Wille<lb/>
bo&#x0364;&#x017F;e &#x017F;ind, &#x017F;o &#x017F;ind auch die Thaten und Werke bo&#x0364;ß,<lb/>
ob &#x017F;ie gleich in der a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen Ge&#x017F;talt jenen a&#x0364;hn-<lb/>
lich zu &#x017F;eyn &#x017F;cheinen mo&#x0364;chten: es ko&#x0364;nnen tau&#x017F;end<lb/>
Men&#x017F;chen ein Gleiches thun, das i&#x017F;t, eine gleiche<lb/>
That her&#x017F;tellen, und zwar eine &#x017F;o gleiche, daß<lb/>
&#x017F;ie der a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen Ge&#x017F;talt nach nicht von einan-<lb/>
der zu unter&#x017F;cheiden &#x017F;ind, und doch i&#x017F;t eine jede<lb/>
That, an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t betrachtet, der andern un-<lb/>
gleich, weil &#x017F;ie aus ungleichem Willen herkommt:<lb/>
ich will ein Bey&#x017F;piel geben: <hi rendition="#fr">aufrichtig und<lb/>
gerecht handeln an dem Nebenmen&#x017F;chen:</hi> da<lb/>
kann einer aufrichtig und gerecht an ihn handeln<lb/>
in der Ab&#x017F;icht, daß er um &#x017F;ein &#x017F;elb&#x017F;t und &#x017F;einer<lb/>
eignen Ehre willen aufrichtig und gerecht zu &#x017F;eyn<lb/>
&#x017F;cheine; der andere um der Welt und des Gewin-<lb/>
&#x017F;tes willen; der dritte um der Wiedervergeltung<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[240/0239] Von der Geiſterwelt. kommt, denn wenn es nicht daraus herkaͤme, ſo waͤre es nur eine Bewegung, alswie die Selbſt- bewegung eines Uhrwerks und einer Gauckel pup- pe; dahero iſt die That oder das Werk, in ſich betrachtet, nur die Wuͤrkung, die gleichſam ihre Seele und ihr Leben von dem Willen und dem Denken bekommt, ſo gar, daß der Wille und das Denken in der Wuͤrkung iſt, mithin daß die Wuͤr- kung der Wille und das Denken in aͤuſſerlicher Geſtalt iſt: hieraus folget, daß, wie der Wille und das Denken, die eine That oder ein Werk hervorbringen, beſchaffen iſt, alſo auch die That und das Werk ſey; wenn das Denken und der Wille gut ſind, ſodann ſind auch die Thaten und Werke gut; wenn aber das Denken und der Wille boͤſe ſind, ſo ſind auch die Thaten und Werke boͤß, ob ſie gleich in der aͤuſſerlichen Geſtalt jenen aͤhn- lich zu ſeyn ſcheinen moͤchten: es koͤnnen tauſend Menſchen ein Gleiches thun, das iſt, eine gleiche That herſtellen, und zwar eine ſo gleiche, daß ſie der aͤuſſerlichen Geſtalt nach nicht von einan- der zu unterſcheiden ſind, und doch iſt eine jede That, an ſich ſelbſt betrachtet, der andern un- gleich, weil ſie aus ungleichem Willen herkommt: ich will ein Beyſpiel geben: aufrichtig und gerecht handeln an dem Nebenmenſchen: da kann einer aufrichtig und gerecht an ihn handeln in der Abſicht, daß er um ſein ſelbſt und ſeiner eignen Ehre willen aufrichtig und gerecht zu ſeyn ſcheine; der andere um der Welt und des Gewin- ſtes willen; der dritte um der Wiedervergeltung und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften02_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften02_1776/239
Zitationshilfe: Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1776, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften02_1776/239>, abgerufen am 07.05.2024.