Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1776.Von der Geisterwelt. nen Ohren gelesen, und gesagt, daß nicht einWort fehle. Eben dieser hatte auch, kurz vor seinem Tod, seinen Nachbar heimlich mit Gift vergeben, dieses wurde auf folgende Weise ent- deckt; er schien unter den Füssen eine Grube auf- zugraben, da sie nun aufgegraben war, gieng ein Mann heraus, als wie aus einem Grab, und schrie ihm an: was hast du an mir verübt! und sodann wurde alles offenbar, wie nämlich der Vergifter mit ihm freundlich geredet, und ihm einen Becher gereicht, wie auch, was er vorher gedacht, und was sich nachgehends zugetragen hatte; nachdem nun dieses alles entdeckt worden, wurde er zur Hölle verurtheilt. Mit einem Wort, alle Bosheiten, Schandthaten, Mord- thaten, Kunstgriffe und Betrügereyen werden einem jeden bösen Geist offenbar gemacht, und unmittelbar aus seinem Gedächtnis heraus ge- nommen, und er wird davon überführet; es fin- det auch kein Läugnen statt, weil zugleich alle Umstände mit zum Vorschein kommen. Jch habe auch aus eines Geistes Gedächtnis, das von den Engeln besehen und besichtiget worden, gehöret, was er innerhalb einem Monat von einem Tag zum andern gedacht hatte, ohne, daß etwas daran fehlte, ja, diese Dinge wurden wieder so in Er- innerung gebracht, wie er an diesen Tagen dar- innen begriffen gewesen. Aus diesen Beyspielen kann nun offenbar erhellen, daß der Mensch sein ganzes Gedächtnis mit sich bringe: und daß in der Welt nichts so verborgen sey, das nicht nach dem
Von der Geiſterwelt. nen Ohren geleſen, und geſagt, daß nicht einWort fehle. Eben dieſer hatte auch, kurz vor ſeinem Tod, ſeinen Nachbar heimlich mit Gift vergeben, dieſes wurde auf folgende Weiſe ent- deckt; er ſchien unter den Fuͤſſen eine Grube auf- zugraben, da ſie nun aufgegraben war, gieng ein Mann heraus, als wie aus einem Grab, und ſchrie ihm an: was haſt du an mir veruͤbt! und ſodann wurde alles offenbar, wie naͤmlich der Vergifter mit ihm freundlich geredet, und ihm einen Becher gereicht, wie auch, was er vorher gedacht, und was ſich nachgehends zugetragen hatte; nachdem nun dieſes alles entdeckt worden, wurde er zur Hoͤlle verurtheilt. Mit einem Wort, alle Bosheiten, Schandthaten, Mord- thaten, Kunſtgriffe und Betruͤgereyen werden einem jeden boͤſen Geiſt offenbar gemacht, und unmittelbar aus ſeinem Gedaͤchtnis heraus ge- nommen, und er wird davon uͤberfuͤhret; es fin- det auch kein Laͤugnen ſtatt, weil zugleich alle Umſtaͤnde mit zum Vorſchein kommen. Jch habe auch aus eines Geiſtes Gedaͤchtnis, das von den Engeln beſehen und beſichtiget worden, gehoͤret, was er innerhalb einem Monat von einem Tag zum andern gedacht hatte, ohne, daß etwas daran fehlte, ja, dieſe Dinge wurden wieder ſo in Er- innerung gebracht, wie er an dieſen Tagen dar- innen begriffen geweſen. Aus dieſen Beyſpielen kann nun offenbar erhellen, daß der Menſch ſein ganzes Gedaͤchtnis mit ſich bringe: und daß in der Welt nichts ſo verborgen ſey, das nicht nach dem
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Von der Geiſterwelt.
nen Ohren geleſen, und geſagt, daß nicht ein
Wort fehle. Eben dieſer hatte auch, kurz vor
ſeinem Tod, ſeinen Nachbar heimlich mit Gift
vergeben, dieſes wurde auf folgende Weiſe ent-
deckt; er ſchien unter den Fuͤſſen eine Grube auf-
zugraben, da ſie nun aufgegraben war, gieng
ein Mann heraus, als wie aus einem Grab, und
ſchrie ihm an: was haſt du an mir veruͤbt! und
ſodann wurde alles offenbar, wie naͤmlich der
Vergifter mit ihm freundlich geredet, und ihm
einen Becher gereicht, wie auch, was er vorher
gedacht, und was ſich nachgehends zugetragen
hatte; nachdem nun dieſes alles entdeckt worden,
wurde er zur Hoͤlle verurtheilt. Mit einem
Wort, alle Bosheiten, Schandthaten, Mord-
thaten, Kunſtgriffe und Betruͤgereyen werden
einem jeden boͤſen Geiſt offenbar gemacht, und
unmittelbar aus ſeinem Gedaͤchtnis heraus ge-
nommen, und er wird davon uͤberfuͤhret; es fin-
det auch kein Laͤugnen ſtatt, weil zugleich alle
Umſtaͤnde mit zum Vorſchein kommen. Jch habe
auch aus eines Geiſtes Gedaͤchtnis, das von den
Engeln beſehen und beſichtiget worden, gehoͤret,
was er innerhalb einem Monat von einem Tag zum
andern gedacht hatte, ohne, daß etwas daran
fehlte, ja, dieſe Dinge wurden wieder ſo in Er-
innerung gebracht, wie er an dieſen Tagen dar-
innen begriffen geweſen. Aus dieſen Beyſpielen
kann nun offenbar erhellen, daß der Menſch ſein
ganzes Gedaͤchtnis mit ſich bringe: und daß in
der Welt nichts ſo verborgen ſey, das nicht nach
dem
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