Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1776.Vom Himmel. sie haben noch kein aus der Eigenliebe und derLiebe zur Welt hergenommenes Eigene; sie eignen sich nicht das mindeste zu, sondern verdanken alles ihren Aeltern; sie sind mit wenigem ja mit sehr wenigem, so man ihnen schenkt, zufrieden, und haben eine Freude darüber; sie bekümmern sich weder um Nahrung und Kleidung, noch um das Zukünftige; sie sehen nicht auf die Welt, und be- greifen nicht viel davon; sie lieben ihre Aeltern, ihre Ammen, und die Gesellschaft andrer Kinder, mit denen sie in der Unschuld spielen; sie lassen sich leiten, merken auf und folgen; und weil sie in diesem Zustand sind, so lassen sie alles ins Le- ben übergehen, daher haben sie, ohne zu wissen, woher es kommt gute Auffuhrung, ihre Sprache, und die ersten Anfänge des Gedächtnisses und Denkens; dieses ihnen einzuprägen und zu lernen, dienet der Zustand ihrer Unschuld als ein Mittel dazu; allein diese Unschuld, wie ich oben gesagt habe, ist äusserlich, weil sie blos allein den Leib, aber nicht das Gemüth betrifft, *) indem ihr Ge- müth *) Anmerkung des Verfassers
Die Unschuld der Kinder ist keine wahre Un- schuld, sondern die wahre Unschuld wohnet in der Weisheit, man lese in den himmlischen Geheimnissen Num. 1616. 2305. 2306 etc. Das Gute der Kindheit ist kein geistliches Gu- te, sondern es wird es erst durch die Einpflan- zung des Wahren, Num. 3504. Jedoch ist das Vom Himmel. ſie haben noch kein aus der Eigenliebe und derLiebe zur Welt hergenommenes Eigene; ſie eignen ſich nicht das mindeſte zu, ſondern verdanken alles ihren Aeltern; ſie ſind mit wenigem ja mit ſehr wenigem, ſo man ihnen ſchenkt, zufrieden, und haben eine Freude daruͤber; ſie bekuͤmmern ſich weder um Nahrung und Kleidung, noch um das Zukuͤnftige; ſie ſehen nicht auf die Welt, und be- greifen nicht viel davon; ſie lieben ihre Aeltern, ihre Ammen, und die Geſellſchaft andrer Kinder, mit denen ſie in der Unſchuld ſpielen; ſie laſſen ſich leiten, merken auf und folgen; und weil ſie in dieſem Zuſtand ſind, ſo laſſen ſie alles ins Le- ben uͤbergehen, daher haben ſie, ohne zu wiſſen, woher es kommt gute Auffuhrung, ihre Sprache, und die erſten Anfaͤnge des Gedaͤchtniſſes und Denkens; dieſes ihnen einzupraͤgen und zu lernen, dienet der Zuſtand ihrer Unſchuld als ein Mittel dazu; allein dieſe Unſchuld, wie ich oben geſagt habe, iſt aͤuſſerlich, weil ſie blos allein den Leib, aber nicht das Gemuͤth betrifft, *) indem ihr Ge- muͤth *) Anmerkung des Verfaſſers
Die Unſchuld der Kinder iſt keine wahre Un- ſchuld, ſondern die wahre Unſchuld wohnet in der Weisheit, man leſe in den himmliſchen Geheimniſſen Num. 1616. 2305. 2306 ꝛc. Das Gute der Kindheit iſt kein geiſtliches Gu- te, ſondern es wird es erſt durch die Einpflan- zung des Wahren, Num. 3504. Jedoch iſt das <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0357" n="310"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vom Himmel.</hi></fw><lb/> ſie haben noch kein aus der Eigenliebe und der<lb/> Liebe zur Welt hergenommenes Eigene; ſie eignen<lb/> ſich nicht das mindeſte zu, ſondern verdanken alles<lb/> ihren Aeltern; ſie ſind mit wenigem ja mit ſehr<lb/> wenigem, ſo man ihnen ſchenkt, zufrieden, und<lb/> haben eine Freude daruͤber; ſie bekuͤmmern ſich<lb/> weder um Nahrung und Kleidung, noch um das<lb/> Zukuͤnftige; ſie ſehen nicht auf die Welt, und be-<lb/> greifen nicht viel davon; ſie lieben ihre Aeltern,<lb/> ihre Ammen, und die Geſellſchaft andrer Kinder,<lb/> mit denen ſie in der Unſchuld ſpielen; ſie laſſen<lb/> ſich leiten, merken auf und folgen; und weil ſie<lb/> in dieſem Zuſtand ſind, ſo laſſen ſie alles ins Le-<lb/> ben uͤbergehen, daher haben ſie, ohne zu wiſſen,<lb/> woher es kommt gute Auffuhrung, ihre Sprache,<lb/> und die erſten Anfaͤnge des Gedaͤchtniſſes und<lb/> Denkens; dieſes ihnen einzupraͤgen und zu lernen,<lb/> dienet der Zuſtand ihrer Unſchuld als ein Mittel<lb/> dazu; allein dieſe Unſchuld, wie ich oben geſagt<lb/> habe, iſt aͤuſſerlich, weil ſie blos allein den Leib,<lb/> aber nicht das Gemuͤth betrifft, <note xml:id="seg2pn_24_1" next="#seg2pn_24_2" place="foot" n="*)"><hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Anmerkung des Verfaſſers</hi></hi><lb/> Die Unſchuld der Kinder iſt keine wahre Un-<lb/> ſchuld, ſondern die wahre Unſchuld wohnet in<lb/> der Weisheit, man leſe in den <hi rendition="#fr">himmliſchen<lb/> Geheimniſſen</hi> Num. 1616. 2305. 2306 ꝛc.<lb/> Das Gute der Kindheit iſt kein geiſtliches Gu-<lb/> te, ſondern es wird es erſt durch die Einpflan-<lb/> zung des Wahren, Num. 3504. Jedoch iſt<lb/> <fw place="bottom" type="catch">das</fw></note> indem ihr Ge-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">muͤth</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [310/0357]
Vom Himmel.
ſie haben noch kein aus der Eigenliebe und der
Liebe zur Welt hergenommenes Eigene; ſie eignen
ſich nicht das mindeſte zu, ſondern verdanken alles
ihren Aeltern; ſie ſind mit wenigem ja mit ſehr
wenigem, ſo man ihnen ſchenkt, zufrieden, und
haben eine Freude daruͤber; ſie bekuͤmmern ſich
weder um Nahrung und Kleidung, noch um das
Zukuͤnftige; ſie ſehen nicht auf die Welt, und be-
greifen nicht viel davon; ſie lieben ihre Aeltern,
ihre Ammen, und die Geſellſchaft andrer Kinder,
mit denen ſie in der Unſchuld ſpielen; ſie laſſen
ſich leiten, merken auf und folgen; und weil ſie
in dieſem Zuſtand ſind, ſo laſſen ſie alles ins Le-
ben uͤbergehen, daher haben ſie, ohne zu wiſſen,
woher es kommt gute Auffuhrung, ihre Sprache,
und die erſten Anfaͤnge des Gedaͤchtniſſes und
Denkens; dieſes ihnen einzupraͤgen und zu lernen,
dienet der Zuſtand ihrer Unſchuld als ein Mittel
dazu; allein dieſe Unſchuld, wie ich oben geſagt
habe, iſt aͤuſſerlich, weil ſie blos allein den Leib,
aber nicht das Gemuͤth betrifft, *) indem ihr Ge-
muͤth
*) Anmerkung des Verfaſſers
Die Unſchuld der Kinder iſt keine wahre Un-
ſchuld, ſondern die wahre Unſchuld wohnet in
der Weisheit, man leſe in den himmliſchen
Geheimniſſen Num. 1616. 2305. 2306 ꝛc.
Das Gute der Kindheit iſt kein geiſtliches Gu-
te, ſondern es wird es erſt durch die Einpflan-
zung des Wahren, Num. 3504. Jedoch iſt
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Zitationshilfe: | Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1776, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften01_1776/357>, abgerufen am 16.07.2024. |