Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite
Freuden- und Trauer-Oden.
O könnt ich in vollkommnen Bildern
Den Mann recht nach dem Leben schildern!
Der sich allein nur ähnlich war,
So stellt ich ihn der Nachwelt dar,
Wer weiß, noch ungebohrnen Dichtern
Entfernter Zeiten wäre dieß,
Was Janus mit den zwey Gesichtern
Der fabelhaften Vorwelt hieß.
Er war von den erhabnen Seelen,
Die sich der Menschen Wohlseyn wählen;
Es hat sein heiterer Verstand,
GOtt, Tugend, Welt und sich gekannt,
Es strebte sein geneigter Wille
Mit Thätlichkeit, mit Wunsch und Flehn,
Ganz ohn Geräusch, ganz in der Stille
Die Menschlichkeit beglückt zu sehn.
Der Jnbegrif von seinem Leben
War Gutesthun, gerecht Bestreben,
Was andre nach der Last ergetzt,
Das hat er stets hindangesetzt,
Gesetz und Ordnung zu erhalten,
Und Tugend in der Bürger Brust,
Beym Grabe stehn, sein Amt verwalten,
War unserm Bachof eine Lust.
Wie? Schmeicheley und falsche Tücke!
Wo flieht ihr hin? welch Ungelücke
Steht eurem Rabenschwarm bevor?
Scheut ihr des Aristides Ohr?
Wohl!
Freuden- und Trauer-Oden.
O koͤnnt ich in vollkommnen Bildern
Den Mann recht nach dem Leben ſchildern!
Der ſich allein nur aͤhnlich war,
So ſtellt ich ihn der Nachwelt dar,
Wer weiß, noch ungebohrnen Dichtern
Entfernter Zeiten waͤre dieß,
Was Janus mit den zwey Geſichtern
Der fabelhaften Vorwelt hieß.
Er war von den erhabnen Seelen,
Die ſich der Menſchen Wohlſeyn waͤhlen;
Es hat ſein heiterer Verſtand,
GOtt, Tugend, Welt und ſich gekannt,
Es ſtrebte ſein geneigter Wille
Mit Thaͤtlichkeit, mit Wunſch und Flehn,
Ganz ohn Geraͤuſch, ganz in der Stille
Die Menſchlichkeit begluͤckt zu ſehn.
Der Jnbegrif von ſeinem Leben
War Gutesthun, gerecht Beſtreben,
Was andre nach der Laſt ergetzt,
Das hat er ſtets hindangeſetzt,
Geſetz und Ordnung zu erhalten,
Und Tugend in der Buͤrger Bruſt,
Beym Grabe ſtehn, ſein Amt verwalten,
War unſerm Bachof eine Luſt.
Wie? Schmeicheley und falſche Tuͤcke!
Wo flieht ihr hin? welch Ungeluͤcke
Steht eurem Rabenſchwarm bevor?
Scheut ihr des Ariſtides Ohr?
Wohl!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0307" n="287"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Freuden- und Trauer-Oden.</hi> </fw><lb/>
            <lg n="6">
              <l>O ko&#x0364;nnt ich in vollkommnen Bildern</l><lb/>
              <l>Den Mann recht nach dem Leben &#x017F;childern!</l><lb/>
              <l>Der &#x017F;ich allein nur a&#x0364;hnlich war,</l><lb/>
              <l>So &#x017F;tellt ich ihn der Nachwelt dar,</l><lb/>
              <l>Wer weiß, noch ungebohrnen Dichtern</l><lb/>
              <l>Entfernter Zeiten wa&#x0364;re dieß,</l><lb/>
              <l>Was Janus mit den zwey Ge&#x017F;ichtern</l><lb/>
              <l>Der fabelhaften Vorwelt hieß.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Er war von den erhabnen Seelen,</l><lb/>
              <l>Die &#x017F;ich der Men&#x017F;chen Wohl&#x017F;eyn wa&#x0364;hlen;</l><lb/>
              <l>Es hat &#x017F;ein heiterer Ver&#x017F;tand,</l><lb/>
              <l>GOtt, Tugend, Welt und &#x017F;ich gekannt,</l><lb/>
              <l>Es &#x017F;trebte &#x017F;ein geneigter Wille</l><lb/>
              <l>Mit Tha&#x0364;tlichkeit, mit Wun&#x017F;ch und Flehn,</l><lb/>
              <l>Ganz ohn Gera&#x0364;u&#x017F;ch, ganz in der Stille</l><lb/>
              <l>Die Men&#x017F;chlichkeit beglu&#x0364;ckt zu &#x017F;ehn.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="8">
              <l>Der Jnbegrif von &#x017F;einem Leben</l><lb/>
              <l>War Gutesthun, gerecht Be&#x017F;treben,</l><lb/>
              <l>Was andre nach der La&#x017F;t ergetzt,</l><lb/>
              <l>Das hat er &#x017F;tets hindange&#x017F;etzt,</l><lb/>
              <l>Ge&#x017F;etz und Ordnung zu erhalten,</l><lb/>
              <l>Und Tugend in der Bu&#x0364;rger Bru&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Beym Grabe &#x017F;tehn, &#x017F;ein Amt verwalten,</l><lb/>
              <l>War un&#x017F;erm Bachof eine Lu&#x017F;t.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="9">
              <l>Wie? Schmeicheley und fal&#x017F;che Tu&#x0364;cke!</l><lb/>
              <l>Wo flieht ihr hin? welch Ungelu&#x0364;cke</l><lb/>
              <l>Steht eurem Raben&#x017F;chwarm bevor?</l><lb/>
              <l>Scheut ihr des Ari&#x017F;tides Ohr?<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Wohl!</fw><lb/></l>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[287/0307] Freuden- und Trauer-Oden. O koͤnnt ich in vollkommnen Bildern Den Mann recht nach dem Leben ſchildern! Der ſich allein nur aͤhnlich war, So ſtellt ich ihn der Nachwelt dar, Wer weiß, noch ungebohrnen Dichtern Entfernter Zeiten waͤre dieß, Was Janus mit den zwey Geſichtern Der fabelhaften Vorwelt hieß. Er war von den erhabnen Seelen, Die ſich der Menſchen Wohlſeyn waͤhlen; Es hat ſein heiterer Verſtand, GOtt, Tugend, Welt und ſich gekannt, Es ſtrebte ſein geneigter Wille Mit Thaͤtlichkeit, mit Wunſch und Flehn, Ganz ohn Geraͤuſch, ganz in der Stille Die Menſchlichkeit begluͤckt zu ſehn. Der Jnbegrif von ſeinem Leben War Gutesthun, gerecht Beſtreben, Was andre nach der Laſt ergetzt, Das hat er ſtets hindangeſetzt, Geſetz und Ordnung zu erhalten, Und Tugend in der Buͤrger Bruſt, Beym Grabe ſtehn, ſein Amt verwalten, War unſerm Bachof eine Luſt. Wie? Schmeicheley und falſche Tuͤcke! Wo flieht ihr hin? welch Ungeluͤcke Steht eurem Rabenſchwarm bevor? Scheut ihr des Ariſtides Ohr? Wohl!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749/307
Zitationshilfe: Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749/307>, abgerufen am 07.05.2024.