Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749.Zweytes Buch. Jetzt schallt es nach den Trauer-Klagen Ganz anders um Gethsemane, Des Oelbergs bange Tiefen sagen; Hier sey nunmehr die Freuden-Höh. Jetzt, Feinde, kommt mit euren Schaaren, Wenn ihr den Meister fangen wollt, Er wird durch Luft und Wolken fahren, Da ihr erst recht erschrecken sollt. Dort kommt er! mit was holden Blicken Ertheilet er noch Unterricht! Man sieht ein himmlisches Entzücken Bereits in seinem Angesicht, Jst er nicht Cophers Trauben ähnlich, Jndem sein Zuspruch Kraft gewinnt, Die wunderschön und ungewöhnlich Jm Garten zu Engeddi sind? Die Jünger folgen Jhm, und hören, Und sehn Jhn mit Verwundrung an, Warum Er so besondre Lehren An alle insgesammt gethan; Sie denken nach, die Herzen schlagen, Sie sehn sich an, und bleiben stumm, Und dennoch scheinen sie zu fragen, Und wissen doch selbst nicht, warum? Das macht die Liebe, denn sie wissen, Es ist nunmehro bald dahin, Daß sie den Meister lassen müssen, Wenn Er wird von der Erde ziehn; Er
Zweytes Buch. Jetzt ſchallt es nach den Trauer-Klagen Ganz anders um Gethſemane, Des Oelbergs bange Tiefen ſagen; Hier ſey nunmehr die Freuden-Hoͤh. Jetzt, Feinde, kommt mit euren Schaaren, Wenn ihr den Meiſter fangen wollt, Er wird durch Luft und Wolken fahren, Da ihr erſt recht erſchrecken ſollt. Dort kommt er! mit was holden Blicken Ertheilet er noch Unterricht! Man ſieht ein himmliſches Entzuͤcken Bereits in ſeinem Angeſicht, Jſt er nicht Cophers Trauben aͤhnlich, Jndem ſein Zuſpruch Kraft gewinnt, Die wunderſchoͤn und ungewoͤhnlich Jm Garten zu Engeddi ſind? Die Juͤnger folgen Jhm, und hoͤren, Und ſehn Jhn mit Verwundrung an, Warum Er ſo beſondre Lehren An alle insgeſammt gethan; Sie denken nach, die Herzen ſchlagen, Sie ſehn ſich an, und bleiben ſtumm, Und dennoch ſcheinen ſie zu fragen, Und wiſſen doch ſelbſt nicht, warum? Das macht die Liebe, denn ſie wiſſen, Es iſt nunmehro bald dahin, Daß ſie den Meiſter laſſen muͤſſen, Wenn Er wird von der Erde ziehn; Er
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Zweytes Buch.
Jetzt ſchallt es nach den Trauer-Klagen
Ganz anders um Gethſemane,
Des Oelbergs bange Tiefen ſagen;
Hier ſey nunmehr die Freuden-Hoͤh.
Jetzt, Feinde, kommt mit euren Schaaren,
Wenn ihr den Meiſter fangen wollt,
Er wird durch Luft und Wolken fahren,
Da ihr erſt recht erſchrecken ſollt.
Dort kommt er! mit was holden Blicken
Ertheilet er noch Unterricht!
Man ſieht ein himmliſches Entzuͤcken
Bereits in ſeinem Angeſicht,
Jſt er nicht Cophers Trauben aͤhnlich,
Jndem ſein Zuſpruch Kraft gewinnt,
Die wunderſchoͤn und ungewoͤhnlich
Jm Garten zu Engeddi ſind?
Die Juͤnger folgen Jhm, und hoͤren,
Und ſehn Jhn mit Verwundrung an,
Warum Er ſo beſondre Lehren
An alle insgeſammt gethan;
Sie denken nach, die Herzen ſchlagen,
Sie ſehn ſich an, und bleiben ſtumm,
Und dennoch ſcheinen ſie zu fragen,
Und wiſſen doch ſelbſt nicht, warum?
Das macht die Liebe, denn ſie wiſſen,
Es iſt nunmehro bald dahin,
Daß ſie den Meiſter laſſen muͤſſen,
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