Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749.Geistliche Oden. Da steht Er, seht! man geiselt ihn, Seht, wie der Schmerz die Glieder bieget! Doch merkt, was hier vor Früchte blühn, Jndem man auf dem Rücken pflüget; Aus diesem guten Acker bricht Der Same des Vergiß mein nicht, Er wird bald rothe Blüthen geben, Die edlen Tropfen, womit jetzt Die Liebe diesen Garten netzt, Ertheilen ihm Geruch zum Leben. Folgt abermahls ins Richterhaus, Um neue Martern zu erdenken; Nun zieht man Jhm die Kleider aus, Wie muß das nicht die Unschuld kränken, Man zieret, zu mehr Schmach und Hohn, Sein Haupt mit einer Dornenkron, Die Jhm dasselbe ganz zerritzen, O Seele! siehst du deinen Freund, Der hier die Sarons-Blume scheint, Wie Rosen unter Dornenspitzen? Seht Josephs blutiges Gewand! Weint! Jacob lässet Thränen fliessen, Er hat des Sohnes Rock gekannt, Ein wildes Thier hat ihn zerrissen; Hier stehet der Versöhnungs-Bock, Jn dessen Blut mein Sünden-Rock Die bunten Flecke soll verliehren; Mein Heyland hat ihn angelegt, Weil Er den Purpur-Mantel trägt, Um ihn mit neuem Glanz zu zieren. Man F 5
Geiſtliche Oden. Da ſteht Er, ſeht! man geiſelt ihn, Seht, wie der Schmerz die Glieder bieget! Doch merkt, was hier vor Fruͤchte bluͤhn, Jndem man auf dem Ruͤcken pfluͤget; Aus dieſem guten Acker bricht Der Same des Vergiß mein nicht, Er wird bald rothe Bluͤthen geben, Die edlen Tropfen, womit jetzt Die Liebe dieſen Garten netzt, Ertheilen ihm Geruch zum Leben. Folgt abermahls ins Richterhaus, Um neue Martern zu erdenken; Nun zieht man Jhm die Kleider aus, Wie muß das nicht die Unſchuld kraͤnken, Man zieret, zu mehr Schmach und Hohn, Sein Haupt mit einer Dornenkron, Die Jhm daſſelbe ganz zerritzen, O Seele! ſiehſt du deinen Freund, Der hier die Sarons-Blume ſcheint, Wie Roſen unter Dornenſpitzen? Seht Joſephs blutiges Gewand! Weint! Jacob laͤſſet Thraͤnen flieſſen, Er hat des Sohnes Rock gekannt, Ein wildes Thier hat ihn zerriſſen; Hier ſtehet der Verſoͤhnungs-Bock, Jn deſſen Blut mein Suͤnden-Rock Die bunten Flecke ſoll verliehren; Mein Heyland hat ihn angelegt, Weil Er den Purpur-Mantel traͤgt, Um ihn mit neuem Glanz zu zieren. Man F 5
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Geiſtliche Oden.
Da ſteht Er, ſeht! man geiſelt ihn,
Seht, wie der Schmerz die Glieder bieget!
Doch merkt, was hier vor Fruͤchte bluͤhn,
Jndem man auf dem Ruͤcken pfluͤget;
Aus dieſem guten Acker bricht
Der Same des Vergiß mein nicht,
Er wird bald rothe Bluͤthen geben,
Die edlen Tropfen, womit jetzt
Die Liebe dieſen Garten netzt,
Ertheilen ihm Geruch zum Leben.
Folgt abermahls ins Richterhaus,
Um neue Martern zu erdenken;
Nun zieht man Jhm die Kleider aus,
Wie muß das nicht die Unſchuld kraͤnken,
Man zieret, zu mehr Schmach und Hohn,
Sein Haupt mit einer Dornenkron,
Die Jhm daſſelbe ganz zerritzen,
O Seele! ſiehſt du deinen Freund,
Der hier die Sarons-Blume ſcheint,
Wie Roſen unter Dornenſpitzen?
Seht Joſephs blutiges Gewand!
Weint! Jacob laͤſſet Thraͤnen flieſſen,
Er hat des Sohnes Rock gekannt,
Ein wildes Thier hat ihn zerriſſen;
Hier ſtehet der Verſoͤhnungs-Bock,
Jn deſſen Blut mein Suͤnden-Rock
Die bunten Flecke ſoll verliehren;
Mein Heyland hat ihn angelegt,
Weil Er den Purpur-Mantel traͤgt,
Um ihn mit neuem Glanz zu zieren.
Man
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