Geschmak findet man ihn auch mit in einander ge- schlungenem Laubwerk verziehrt. Der dorische Un- terbalken hat dieses eigen, daß unter den Trygli- phen des Frieses, Tropfen an dem Unterbalken hangen.
Da man izt keine große Gebäude mehr von Holz aufführet, so braucht es, bey großen Säulenweiten Kunst, dem Unterbalken die gehörige Stärke zu ge- ben, daß er von der darüber liegenden Last nicht eingedrukt werde. Die Alten machten deshalb solche Unterbalken an Haupteingängen, wo die Säulen weit auseinander waren, von gegoßnem Erzte. Sie gaben den Unterbalken am Portal des Tempels der Diana zu Ephesus für ein großes Meisterstük aus, wiewol er nur 15 Fuß lang war. An dem Fron- ton des Louvre in Paris sind die Unterbalken aus einem Stük Stein und 54 Fuß lang.
Unterhaltende Rede. (Beredsamkeit.)
Eine förmliche Rede wobey man keine höhere Ab- sicht hat, als den Zuhörer über einen Gegenstand angenehm zu unterhalten, und wobey Unterricht und Rührung nur beyläufig vorkommen. Wenn es bey dem allgemeinen und höhern Zwek der schönen Künste andern erlaubt ist, bisweilen blos zu ergözen, so muß man auch der Beredsamkeit dieses nicht ver- biethen. Bey der öffentlichen Anwendung der Poe- sie und der Musik wird gar ofte blos auf angeneh- me Unterhaltung gesehen. Diese kann auch die Be- redsamkeit verschaffen. Aber in unsern Zeiten sind wenig Länder, wo man für diese Kunst Geschmak genug hat, um sie zu dergleichen öffentlichen Unter- haltungen anzuwenden. Jn Frankreich machen sich doch viele ein großes Fest daraus, eine blos unter- haltende academische Rede zu hören. Es scheinet auch, daß ehedem in Athen und in Rom manche Rede, ob sie gleich einen andern Zwek zu haben schien, von einem großen Theile der Zuhörer blos als unterhaltend angehört worden, und es läßt sich nicht zweifeln, daß nicht in den Odeen der Alten manche blos unterhaltende Rede vor großen Ver- sammlungen gehalten worden.
Jn Deutschland giebt es noch verschiedene Feyer- lichkeiten, bey denen eine unterhaltende Rede einen wesentlichen Theil der Feyer seyn sollte. Wären die Veranstaltungen dazu besser, als sie zu seyn pflegen, [Spaltenumbruch]
Ut
so könnten sie vortheilhaften Einfluß auf die Bered- samkeit haben. Man ist aber an viel Orten gegen diese Kunst überhaupt so kaltsinnig, daß ein schlech- tes Concert weit mehr Zuhörer anlokt, als die beste öffentliche Rede.
Von dem Hauptcharakter der unterhaltenden Re- de, haben wir bereits anderswo gesprochen. (*) Jhr Stoff bestehet hauptsächlich in Schilderung in- teressanter Gegenstände, wobey man weder Unter- richt oder Belehrung, noch besondere Rührung zum Zwek hat. Von der Art wären z. B. Lob des Land- lebens, oder einer andern Lebensart, Schilderun- gen der Jahreszeiten; verschiedene Arten der Lob- reden auf Personen und Sachen. Was ein blos angenehmes Schauspiehl, ein blos zum Vergnügen gemachtes Gedicht, eine Landschaft u. d. gl. das ist in ihrer Art die unterhaltende Rede, wozu mehr Wol- redenheit, als eigentliche Beredsamkeit nöthig ist.
Untersaz. (Baukunst)
Ein vierekichter Körper auf den die Säulen oder Pfeiler bisweilen gesezt werden, damit sie eine grös- sere Höhe erreichen. Es geschieht bisweilen, daß die Säulen, nach dem Verhältniß der Ordnung wo- zu sie gehören noch nicht hoch genug reichen, und doch andrer Gründe halber der Model nicht kann größer genommen werden; oder man besorget, daß der Säulenfuß durch ein Gebälke, über dem die Säulen stehen, bedekt werde. Jn beyden Fällen ist nöthig, daß die Säule durch einen Untersaz, oder durch ein Postament höher gestellt werde. Wenn nur eine geringe Erhöhung nöthig ist, so wählt man das erste Mittel, oder den Untersaz. Er wird ins- gemein 1 Model, im Nothfall 11/2 Model hoch ge- nommen.
Ut. (Musik.)
Jst in unserer harten Tonleiter, nämlich der joni- schen, der erste Ton, nach welchen die übrigen Jn- tervalle gerechnet werden, und also jederzeit die To- nica, oder eine Nebentonica, wenn die Mutation, wie es die Solmisation bey Verlassung eines Tones erfodert, geschiehet (*). Die Octave von diesem Ut, verändert den Namen Ut in Fa. Die Benennung
Ut
(*) S. Rede.
(*) S. Solmisa- tion.
[Spaltenumbruch]
Unt
Geſchmak findet man ihn auch mit in einander ge- ſchlungenem Laubwerk verziehrt. Der doriſche Un- terbalken hat dieſes eigen, daß unter den Trygli- phen des Frieſes, Tropfen an dem Unterbalken hangen.
Da man izt keine große Gebaͤude mehr von Holz auffuͤhret, ſo braucht es, bey großen Saͤulenweiten Kunſt, dem Unterbalken die gehoͤrige Staͤrke zu ge- ben, daß er von der daruͤber liegenden Laſt nicht eingedrukt werde. Die Alten machten deshalb ſolche Unterbalken an Haupteingaͤngen, wo die Saͤulen weit auseinander waren, von gegoßnem Erzte. Sie gaben den Unterbalken am Portal des Tempels der Diana zu Epheſus fuͤr ein großes Meiſterſtuͤk aus, wiewol er nur 15 Fuß lang war. An dem Fron- ton des Louvre in Paris ſind die Unterbalken aus einem Stuͤk Stein und 54 Fuß lang.
Unterhaltende Rede. (Beredſamkeit.)
Eine foͤrmliche Rede wobey man keine hoͤhere Ab- ſicht hat, als den Zuhoͤrer uͤber einen Gegenſtand angenehm zu unterhalten, und wobey Unterricht und Ruͤhrung nur beylaͤufig vorkommen. Wenn es bey dem allgemeinen und hoͤhern Zwek der ſchoͤnen Kuͤnſte andern erlaubt iſt, bisweilen blos zu ergoͤzen, ſo muß man auch der Beredſamkeit dieſes nicht ver- biethen. Bey der oͤffentlichen Anwendung der Poe- ſie und der Muſik wird gar ofte blos auf angeneh- me Unterhaltung geſehen. Dieſe kann auch die Be- redſamkeit verſchaffen. Aber in unſern Zeiten ſind wenig Laͤnder, wo man fuͤr dieſe Kunſt Geſchmak genug hat, um ſie zu dergleichen oͤffentlichen Unter- haltungen anzuwenden. Jn Frankreich machen ſich doch viele ein großes Feſt daraus, eine blos unter- haltende academiſche Rede zu hoͤren. Es ſcheinet auch, daß ehedem in Athen und in Rom manche Rede, ob ſie gleich einen andern Zwek zu haben ſchien, von einem großen Theile der Zuhoͤrer blos als unterhaltend angehoͤrt worden, und es laͤßt ſich nicht zweifeln, daß nicht in den Odeen der Alten manche blos unterhaltende Rede vor großen Ver- ſammlungen gehalten worden.
Jn Deutſchland giebt es noch verſchiedene Feyer- lichkeiten, bey denen eine unterhaltende Rede einen weſentlichen Theil der Feyer ſeyn ſollte. Waͤren die Veranſtaltungen dazu beſſer, als ſie zu ſeyn pflegen, [Spaltenumbruch]
Ut
ſo koͤnnten ſie vortheilhaften Einfluß auf die Bered- ſamkeit haben. Man iſt aber an viel Orten gegen dieſe Kunſt uͤberhaupt ſo kaltſinnig, daß ein ſchlech- tes Concert weit mehr Zuhoͤrer anlokt, als die beſte oͤffentliche Rede.
Von dem Hauptcharakter der unterhaltenden Re- de, haben wir bereits anderswo geſprochen. (*) Jhr Stoff beſtehet hauptſaͤchlich in Schilderung in- tereſſanter Gegenſtaͤnde, wobey man weder Unter- richt oder Belehrung, noch beſondere Ruͤhrung zum Zwek hat. Von der Art waͤren z. B. Lob des Land- lebens, oder einer andern Lebensart, Schilderun- gen der Jahreszeiten; verſchiedene Arten der Lob- reden auf Perſonen und Sachen. Was ein blos angenehmes Schauſpiehl, ein blos zum Vergnuͤgen gemachtes Gedicht, eine Landſchaft u. d. gl. das iſt in ihrer Art die unterhaltende Rede, wozu mehr Wol- redenheit, als eigentliche Beredſamkeit noͤthig iſt.
Unterſaz. (Baukunſt)
Ein vierekichter Koͤrper auf den die Saͤulen oder Pfeiler bisweilen geſezt werden, damit ſie eine groͤſ- ſere Hoͤhe erreichen. Es geſchieht bisweilen, daß die Saͤulen, nach dem Verhaͤltniß der Ordnung wo- zu ſie gehoͤren noch nicht hoch genug reichen, und doch andrer Gruͤnde halber der Model nicht kann groͤßer genommen werden; oder man beſorget, daß der Saͤulenfuß durch ein Gebaͤlke, uͤber dem die Saͤulen ſtehen, bedekt werde. Jn beyden Faͤllen iſt noͤthig, daß die Saͤule durch einen Unterſaz, oder durch ein Poſtament hoͤher geſtellt werde. Wenn nur eine geringe Erhoͤhung noͤthig iſt, ſo waͤhlt man das erſte Mittel, oder den Unterſaz. Er wird ins- gemein 1 Model, im Nothfall 1½ Model hoch ge- nommen.
Ut. (Muſik.)
Jſt in unſerer harten Tonleiter, naͤmlich der joni- ſchen, der erſte Ton, nach welchen die uͤbrigen Jn- tervalle gerechnet werden, und alſo jederzeit die To- nica, oder eine Nebentonica, wenn die Mutation, wie es die Solmiſation bey Verlaſſung eines Tones erfodert, geſchiehet (*). Die Octave von dieſem Ut, veraͤndert den Namen Ut in Fa. Die Benennung
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(*) S. Rede.
(*) S. Solmiſa- tion.
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[1204[1186]/0633]
Unt
Ut
Geſchmak findet man ihn auch mit in einander ge-
ſchlungenem Laubwerk verziehrt. Der doriſche Un-
terbalken hat dieſes eigen, daß unter den Trygli-
phen des Frieſes, Tropfen an dem Unterbalken
hangen.
Da man izt keine große Gebaͤude mehr von Holz
auffuͤhret, ſo braucht es, bey großen Saͤulenweiten
Kunſt, dem Unterbalken die gehoͤrige Staͤrke zu ge-
ben, daß er von der daruͤber liegenden Laſt nicht
eingedrukt werde. Die Alten machten deshalb ſolche
Unterbalken an Haupteingaͤngen, wo die Saͤulen
weit auseinander waren, von gegoßnem Erzte. Sie
gaben den Unterbalken am Portal des Tempels der
Diana zu Epheſus fuͤr ein großes Meiſterſtuͤk aus,
wiewol er nur 15 Fuß lang war. An dem Fron-
ton des Louvre in Paris ſind die Unterbalken aus
einem Stuͤk Stein und 54 Fuß lang.
Unterhaltende Rede.
(Beredſamkeit.)
Eine foͤrmliche Rede wobey man keine hoͤhere Ab-
ſicht hat, als den Zuhoͤrer uͤber einen Gegenſtand
angenehm zu unterhalten, und wobey Unterricht
und Ruͤhrung nur beylaͤufig vorkommen. Wenn
es bey dem allgemeinen und hoͤhern Zwek der ſchoͤnen
Kuͤnſte andern erlaubt iſt, bisweilen blos zu ergoͤzen,
ſo muß man auch der Beredſamkeit dieſes nicht ver-
biethen. Bey der oͤffentlichen Anwendung der Poe-
ſie und der Muſik wird gar ofte blos auf angeneh-
me Unterhaltung geſehen. Dieſe kann auch die Be-
redſamkeit verſchaffen. Aber in unſern Zeiten ſind
wenig Laͤnder, wo man fuͤr dieſe Kunſt Geſchmak
genug hat, um ſie zu dergleichen oͤffentlichen Unter-
haltungen anzuwenden. Jn Frankreich machen ſich
doch viele ein großes Feſt daraus, eine blos unter-
haltende academiſche Rede zu hoͤren. Es ſcheinet
auch, daß ehedem in Athen und in Rom manche
Rede, ob ſie gleich einen andern Zwek zu haben
ſchien, von einem großen Theile der Zuhoͤrer blos
als unterhaltend angehoͤrt worden, und es laͤßt ſich
nicht zweifeln, daß nicht in den Odeen der Alten
manche blos unterhaltende Rede vor großen Ver-
ſammlungen gehalten worden.
Jn Deutſchland giebt es noch verſchiedene Feyer-
lichkeiten, bey denen eine unterhaltende Rede einen
weſentlichen Theil der Feyer ſeyn ſollte. Waͤren die
Veranſtaltungen dazu beſſer, als ſie zu ſeyn pflegen,
ſo koͤnnten ſie vortheilhaften Einfluß auf die Bered-
ſamkeit haben. Man iſt aber an viel Orten gegen
dieſe Kunſt uͤberhaupt ſo kaltſinnig, daß ein ſchlech-
tes Concert weit mehr Zuhoͤrer anlokt, als die beſte
oͤffentliche Rede.
Von dem Hauptcharakter der unterhaltenden Re-
de, haben wir bereits anderswo geſprochen. (*)
Jhr Stoff beſtehet hauptſaͤchlich in Schilderung in-
tereſſanter Gegenſtaͤnde, wobey man weder Unter-
richt oder Belehrung, noch beſondere Ruͤhrung zum
Zwek hat. Von der Art waͤren z. B. Lob des Land-
lebens, oder einer andern Lebensart, Schilderun-
gen der Jahreszeiten; verſchiedene Arten der Lob-
reden auf Perſonen und Sachen. Was ein blos
angenehmes Schauſpiehl, ein blos zum Vergnuͤgen
gemachtes Gedicht, eine Landſchaft u. d. gl. das iſt in
ihrer Art die unterhaltende Rede, wozu mehr Wol-
redenheit, als eigentliche Beredſamkeit noͤthig iſt.
Unterſaz.
(Baukunſt)
Ein vierekichter Koͤrper auf den die Saͤulen oder
Pfeiler bisweilen geſezt werden, damit ſie eine groͤſ-
ſere Hoͤhe erreichen. Es geſchieht bisweilen, daß
die Saͤulen, nach dem Verhaͤltniß der Ordnung wo-
zu ſie gehoͤren noch nicht hoch genug reichen, und
doch andrer Gruͤnde halber der Model nicht kann
groͤßer genommen werden; oder man beſorget, daß
der Saͤulenfuß durch ein Gebaͤlke, uͤber dem die
Saͤulen ſtehen, bedekt werde. Jn beyden Faͤllen
iſt noͤthig, daß die Saͤule durch einen Unterſaz, oder
durch ein Poſtament hoͤher geſtellt werde. Wenn
nur eine geringe Erhoͤhung noͤthig iſt, ſo waͤhlt man
das erſte Mittel, oder den Unterſaz. Er wird ins-
gemein 1 Model, im Nothfall 1½ Model hoch ge-
nommen.
Ut.
(Muſik.)
Jſt in unſerer harten Tonleiter, naͤmlich der joni-
ſchen, der erſte Ton, nach welchen die uͤbrigen Jn-
tervalle gerechnet werden, und alſo jederzeit die To-
nica, oder eine Nebentonica, wenn die Mutation,
wie es die Solmiſation bey Verlaſſung eines Tones
erfodert, geſchiehet (*). Die Octave von dieſem Ut,
veraͤndert den Namen Ut in Fa. Die Benennung
Ut
(*) S.
Rede.
(*) S.
Solmiſa-
tion.
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Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774, S. 1204[1186]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie02_1774/633>, abgerufen am 24.11.2024.
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