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Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774.

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Und
Kunst selbst, zum Theil noch ein Geheimnis ist. Ei-
nige Lehren hierüber giebt Leonh. da Vinci in dem
337 und 338 Capitel seiner Beobachtungen und
Anmerkungen. Plinius merkt an, daß auch von
den alten Mahlern wenige in diesem Stüke der
Kunst glüklich gewesen. Extrema corporum facere
et desinentis picturae modum includere, rarum in
successa artis invenitur. Ambire non debet se extre-
mitas ipsa et sic desinere, ut promittat alia post se,
ostendatque etiam quae occultat. Hanc Parrhasio
gloriam concessere Antigonus et Xenocrates, qui
de pictura scripserunt.
(*)

Undecime.
(Musik.)

Dieses Jntervall ist von der Quarte blos dem Na-
men nach unterschieden, weil es eine Octave höher
liegt. Sie ist eine wahre, reine, verminderte oder
übermäßige Quarte, und alles, was von dieser in
einem eigenen Artikel gesagt worden ist, gilt auch
von der Undecime. Einige haben zwischen der
Quart und der Undecime den Unterschied machen
wollen, daß die erstere consonirend, die andre aber
dissonirend sey: aber wir halten es nicht der Mühe
werth dieses zu wiederlegen. Der größte Harmo-
niste J. S. Bach, wußte von keiner Undecime, und
was izt von einigen so genennt wird, kommt bey
ihm nie anders, als unter der Bezeichnung der
Quarte 4, vor. Man hat deswegen nie nöthig, dies
Jntervall mit 11 zu bezeichnen, und findet auch
davon bey keinem guten Harmonisten ein Beyspiehl,
außer wenn man der Regularität halber, in durch-
gehenden Noten folgende Bezeichnungen braucht:

[Tabelle]

Aber den Contrapunkt in der Undecime unterscheidet
man mit Recht von dem in der Quarte. Sie haben
ihren Grund in dem Contrapunkt der Quinte und
Duodecime. Beyde lassen sich auf zweyerley Art
versezen, nämlich eine Quarte höher, und eine
Quarte tiefer. Z. B.

[Abbildung] [Spaltenumbruch]
Unh
[Abbildung]

Der Saz bey a ist bey b in dem Contrapunkt der
Quarte versezt. Diese Versezung hat ihren Grund
darin, daß der erste Saz selbst eine Versezung aus
dem Contrapunkt der Quinte ist, nämlich von fol-
gendem Saz:

[Abbildung]

dessen untere Stimme bey b eine Octave höher ver-
sezt ist. So wie das vorhergehende Beyspiehl eine
Quarte höher versezt ist, so kann dieses auch eine
Quarte tiefer geschehen, auf folgende Art:

[Abbildung]

der Grund warum dieses angehe, liegt darin, daß
der Contrapunkt A sich in den Contrapunkt der
Quinte versezen läßt, wovon B die Umkehrung in
der Octave ist. Wird der Contrapunkt der Quarte
des ersten Beyspiehls eine Octave höher, und des
zweyten eine Octave tiefer versezt, so entsteht der
Contrapunkt in der Undecime.

Unharmonisch.
(Musik.)

Nennet man diejenigen Forschreitungen, die aus
zwey verschiedenen Tonarten nach einander folgen.
Z. B.

(*) Plin.
L. XXXV.
c.
10.

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Und
Kunſt ſelbſt, zum Theil noch ein Geheimnis iſt. Ei-
nige Lehren hieruͤber giebt Leonh. da Vinci in dem
337 und 338 Capitel ſeiner Beobachtungen und
Anmerkungen. Plinius merkt an, daß auch von
den alten Mahlern wenige in dieſem Stuͤke der
Kunſt gluͤklich geweſen. Extrema corporum facere
et deſinentis picturæ modum includere, rarum in
ſucceſſa artis invenitur. Ambire non debet ſe extre-
mitas ipſa et ſic deſinere, ut promittat alia poſt ſe,
oſtendatque etiam quæ occultat. Hanc Parrhaſio
gloriam conceſſere Antigonus et Xenocrates, qui
de pictura ſcripſerunt.
(*)

Undecime.
(Muſik.)

Dieſes Jntervall iſt von der Quarte blos dem Na-
men nach unterſchieden, weil es eine Octave hoͤher
liegt. Sie iſt eine wahre, reine, verminderte oder
uͤbermaͤßige Quarte, und alles, was von dieſer in
einem eigenen Artikel geſagt worden iſt, gilt auch
von der Undecime. Einige haben zwiſchen der
Quart und der Undecime den Unterſchied machen
wollen, daß die erſtere conſonirend, die andre aber
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werth dieſes zu wiederlegen. Der groͤßte Harmo-
niſte J. S. Bach, wußte von keiner Undecime, und
was izt von einigen ſo genennt wird, kommt bey
ihm nie anders, als unter der Bezeichnung der
Quarte 4, vor. Man hat deswegen nie noͤthig, dies
Jntervall mit 11 zu bezeichnen, und findet auch
davon bey keinem guten Harmoniſten ein Beyſpiehl,
außer wenn man der Regularitaͤt halber, in durch-
gehenden Noten folgende Bezeichnungen braucht:

[Tabelle]

Aber den Contrapunkt in der Undecime unterſcheidet
man mit Recht von dem in der Quarte. Sie haben
ihren Grund in dem Contrapunkt der Quinte und
Duodecime. Beyde laſſen ſich auf zweyerley Art
verſezen, naͤmlich eine Quarte hoͤher, und eine
Quarte tiefer. Z. B.

[Abbildung] [Spaltenumbruch]
Unh
[Abbildung]

Der Saz bey a iſt bey b in dem Contrapunkt der
Quarte verſezt. Dieſe Verſezung hat ihren Grund
darin, daß der erſte Saz ſelbſt eine Verſezung aus
dem Contrapunkt der Quinte iſt, naͤmlich von fol-
gendem Saz:

[Abbildung]

deſſen untere Stimme bey b eine Octave hoͤher ver-
ſezt iſt. So wie das vorhergehende Beyſpiehl eine
Quarte hoͤher verſezt iſt, ſo kann dieſes auch eine
Quarte tiefer geſchehen, auf folgende Art:

[Abbildung]

der Grund warum dieſes angehe, liegt darin, daß
der Contrapunkt A ſich in den Contrapunkt der
Quinte verſezen laͤßt, wovon B die Umkehrung in
der Octave iſt. Wird der Contrapunkt der Quarte
des erſten Beyſpiehls eine Octave hoͤher, und des
zweyten eine Octave tiefer verſezt, ſo entſteht der
Contrapunkt in der Undecime.

Unharmoniſch.
(Muſik.)

Nennet man diejenigen Forſchreitungen, die aus
zwey verſchiedenen Tonarten nach einander folgen.
Z. B.

(*) Plin.
L. XXXV.
c.
10.
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[1202[1184]/0631] Und Unh Kunſt ſelbſt, zum Theil noch ein Geheimnis iſt. Ei- nige Lehren hieruͤber giebt Leonh. da Vinci in dem 337 und 338 Capitel ſeiner Beobachtungen und Anmerkungen. Plinius merkt an, daß auch von den alten Mahlern wenige in dieſem Stuͤke der Kunſt gluͤklich geweſen. Extrema corporum facere et deſinentis picturæ modum includere, rarum in ſucceſſa artis invenitur. Ambire non debet ſe extre- mitas ipſa et ſic deſinere, ut promittat alia poſt ſe, oſtendatque etiam quæ occultat. Hanc Parrhaſio gloriam conceſſere Antigonus et Xenocrates, qui de pictura ſcripſerunt. (*) Undecime. (Muſik.) Dieſes Jntervall iſt von der Quarte blos dem Na- men nach unterſchieden, weil es eine Octave hoͤher liegt. Sie iſt eine wahre, reine, verminderte oder uͤbermaͤßige Quarte, und alles, was von dieſer in einem eigenen Artikel geſagt worden iſt, gilt auch von der Undecime. Einige haben zwiſchen der Quart und der Undecime den Unterſchied machen wollen, daß die erſtere conſonirend, die andre aber diſſonirend ſey: aber wir halten es nicht der Muͤhe werth dieſes zu wiederlegen. Der groͤßte Harmo- niſte J. S. Bach, wußte von keiner Undecime, und was izt von einigen ſo genennt wird, kommt bey ihm nie anders, als unter der Bezeichnung der Quarte 4, vor. Man hat deswegen nie noͤthig, dies Jntervall mit 11 zu bezeichnen, und findet auch davon bey keinem guten Harmoniſten ein Beyſpiehl, außer wenn man der Regularitaͤt halber, in durch- gehenden Noten folgende Bezeichnungen braucht: Aber den Contrapunkt in der Undecime unterſcheidet man mit Recht von dem in der Quarte. Sie haben ihren Grund in dem Contrapunkt der Quinte und Duodecime. Beyde laſſen ſich auf zweyerley Art verſezen, naͤmlich eine Quarte hoͤher, und eine Quarte tiefer. Z. B. [Abbildung] [Abbildung] Der Saz bey a iſt bey b in dem Contrapunkt der Quarte verſezt. Dieſe Verſezung hat ihren Grund darin, daß der erſte Saz ſelbſt eine Verſezung aus dem Contrapunkt der Quinte iſt, naͤmlich von fol- gendem Saz: [Abbildung] deſſen untere Stimme bey b eine Octave hoͤher ver- ſezt iſt. So wie das vorhergehende Beyſpiehl eine Quarte hoͤher verſezt iſt, ſo kann dieſes auch eine Quarte tiefer geſchehen, auf folgende Art: [Abbildung] der Grund warum dieſes angehe, liegt darin, daß der Contrapunkt A ſich in den Contrapunkt der Quinte verſezen laͤßt, wovon B die Umkehrung in der Octave iſt. Wird der Contrapunkt der Quarte des erſten Beyſpiehls eine Octave hoͤher, und des zweyten eine Octave tiefer verſezt, ſo entſteht der Contrapunkt in der Undecime. Unharmoniſch. (Muſik.) Nennet man diejenigen Forſchreitungen, die aus zwey verſchiedenen Tonarten nach einander folgen. Z. B. (*) Plin. L. XXXV. c. 10.

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774, S. 1202[1184]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie02_1774/631>, abgerufen am 24.11.2024.