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Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774.

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Scha
von der gegenwärtigen Beschaffenheit gewisser Dinge,
die vergänglich sind, zu unterrichten, merkwürdige
Gebäude, Maschinen, Jnstrumente und andre Er-
findungen nach ihrer wahren Form, zum Unterricht
für die späthesten Zeiten aufzubehalten. Also könnte
eine Nation die Schaumünzeu sehr vortheilhaft brau-
chen der Nachwelt einen guten Begriff von ihrem
Verstand, Geschmak und Tugend beyzubringen.

Wollte man alle diese Vortheile, deren Wichtig-
keit in die Augen fällt, auf das sicherste erhalten,
so müßte man erstlich das, was die Erfindung, den
Geschmak und die Kunst dieses Zweyges betrift, zu
einer gewissen Vollkommenheit bringen, und dann
auch auf vernünftige Polizeygeseze zur besten Anwen-
dung desselben denken. Da dieser zweyte Punkt aus-
ser den Gränzen der allgemeinen Theorie der Kunst
liegt; so wollen wir nur von dem ersten sprechen.

Es hat sich, so viel ich weiß, bis izt noch nie-
mand in eine wahre und auf richtige Grundsäze be-
ruhende Critik der Schaumünzen eingelassen, ob
gleich die Sache dieser Mühe wol werth ist. Wir
wollen versuchen einen Anfang dazu zu machen und
die weitere Ausführung der Sach andern überlassen.

Von den verschiedenen Absichten die man bey
Schaumünzen hat, ist bereits gesprochen worden;
und man muß sie vor Augen haben, um die Beschaf-
fenheit dieser kleinen Kunstwerke richtig anzugeben.

Das erste was unmittelbar aus den erwähnten
Absichten fließt, ist dieses, daß gangbare Münzsor-
ten sich besser zu jedem Zwek der Schaumünzen schi-
ken, als solche, die ohne bekannten und gangbaren
Werth zu bekommen, nur in geringer Anzahl für
Liebhaber, oder für einen sehr eingeschränkten Ge-
brauch gepräget werden. Diese verfehlen ihren
Zwek größtentheils; weil sie nicht allgemein unter
das Volk ausgebreitet werden; weil sie vor ihrem
Untergang nicht genug gesichert sind, den nur ihre
große Menge und allgemeine Ausbreitung verhin-
dert, und endlich; weil viele aus Mangel des öf-
fentlichen Charakters, oder der gesezlichen Weyhung,
nicht Aufsehens genug machen.

Jn diesem Stük verdienen die Alten nachgeahmt
zu werden, die nur selten andre Schaumünzen
machten, als die zugleich gangbare Geldsorten seyn
sollten.

Jn Ausehung des Jnhalts oder der Erfindung
kann man die Schaumünzen in zwey Classen einthei-
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Scha
len, und sie durch die Benennung der historischen
und der ästhetischen (es fällt mir kein schiklicherer
Name bey) unterscheiden. Historische nenn' ich die,
welche die Sache schlechtweg ankündigen, und es de-
nen, für die sie gemacht sind, überlassen, was sie
davon denken, und dabey empfinden sollen: den
Namen der Aesthetischen aber würde ich denen geben,
wo die Sache selbst schon in einem Licht vorgestellt
wird, in welchem sie natürlicher Weise einen beson-
dern vortheilhaften Eindruk machen sollte.

Historisch sind durchgehends alle griechische und
römische Schaumünzen, ob sie gleich vielfältig mit
allegorischen Bildern besezt sind; denn diese Bilder
dienen blos zur historischen Bildersprach, und drü-
ken das, was die blos nachrichtliche Umschrift sagt,
durch andre Zeichen aus, oder vertreten die Stelle
dieser Umschrift. Die ästhetischen Schaumünzen
sind eine Erfindung der Neuern. Sie stellen die
Sache nicht blos zur Nachricht vor, sondern geben
ihr eine Wendung, die den, der die Schaumünze
sieht, auf eine nachdrükliche Weise rühren soll; die-
ses erhalten sie durch würklich allegorische Abbildung
der Sache. Zum Beyspiehl will ich das Schau-
stük meines berühmten Landsmanns Hedlinger an-
führen, wodurch er der Republik Bern seine Hoch-
achtung bezeuget hat, wobey er doch noch etwas
von der Art der Alten beybehalten.

Auf der Vorderseite siehet man das allegorische
Bild der Republik; eine Pallas, die sich an Berns
Wapenschild lehnet, in der rechten Hand einen Pal-
men- und einen Oelzwey, in der linken aber den
Speer hält, auf welchem eine Müze, das alte Zei-
chen der Freyheit, gesezt ist, nebst der Aufschrift
Res publica Bernensis. So weit ist das Stük hi-
storisch, und im Geschmak der Alten; weil in so fern
blos der Staat, dem zu Ehren das Stük gepräget
worden, sowol durch die Schrift, als durch ein be-
zeichnendes Bild, genennt wird. Aber dieses Bild
ist nur die Hauptfigur einer reich zusammengesezten
Gruppe, die im Grunde nichts anders, als eine
allegorische Lobrede auf die Republik ist. Ein aus
alten, izt in Abgang gekommenen Waffen beste-
hendes, und mit einem Lorbeerzweyg umwundenes
Siegeszeichen, deutet auf die Siege älterer Zeit, und
neue Kriegeszeichen, allegorische Abbildungen der
Wissenschaften, der Künste, der Gerechtigkeit, der
Gelindigkeit, des Reichthums, der Freygebigkeit,

schil-

[Spaltenumbruch]

Scha
von der gegenwaͤrtigen Beſchaffenheit gewiſſer Dinge,
die vergaͤnglich ſind, zu unterrichten, merkwuͤrdige
Gebaͤude, Maſchinen, Jnſtrumente und andre Er-
findungen nach ihrer wahren Form, zum Unterricht
fuͤr die ſpaͤtheſten Zeiten aufzubehalten. Alſo koͤnnte
eine Nation die Schaumuͤnzeu ſehr vortheilhaft brau-
chen der Nachwelt einen guten Begriff von ihrem
Verſtand, Geſchmak und Tugend beyzubringen.

Wollte man alle dieſe Vortheile, deren Wichtig-
keit in die Augen faͤllt, auf das ſicherſte erhalten,
ſo muͤßte man erſtlich das, was die Erfindung, den
Geſchmak und die Kunſt dieſes Zweyges betrift, zu
einer gewiſſen Vollkommenheit bringen, und dann
auch auf vernuͤnftige Polizeygeſeze zur beſten Anwen-
dung deſſelben denken. Da dieſer zweyte Punkt auſ-
ſer den Graͤnzen der allgemeinen Theorie der Kunſt
liegt; ſo wollen wir nur von dem erſten ſprechen.

Es hat ſich, ſo viel ich weiß, bis izt noch nie-
mand in eine wahre und auf richtige Grundſaͤze be-
ruhende Critik der Schaumuͤnzen eingelaſſen, ob
gleich die Sache dieſer Muͤhe wol werth iſt. Wir
wollen verſuchen einen Anfang dazu zu machen und
die weitere Ausfuͤhrung der Sach andern uͤberlaſſen.

Von den verſchiedenen Abſichten die man bey
Schaumuͤnzen hat, iſt bereits geſprochen worden;
und man muß ſie vor Augen haben, um die Beſchaf-
fenheit dieſer kleinen Kunſtwerke richtig anzugeben.

Das erſte was unmittelbar aus den erwaͤhnten
Abſichten fließt, iſt dieſes, daß gangbare Muͤnzſor-
ten ſich beſſer zu jedem Zwek der Schaumuͤnzen ſchi-
ken, als ſolche, die ohne bekannten und gangbaren
Werth zu bekommen, nur in geringer Anzahl fuͤr
Liebhaber, oder fuͤr einen ſehr eingeſchraͤnkten Ge-
brauch gepraͤget werden. Dieſe verfehlen ihren
Zwek groͤßtentheils; weil ſie nicht allgemein unter
das Volk ausgebreitet werden; weil ſie vor ihrem
Untergang nicht genug geſichert ſind, den nur ihre
große Menge und allgemeine Ausbreitung verhin-
dert, und endlich; weil viele aus Mangel des oͤf-
fentlichen Charakters, oder der geſezlichen Weyhung,
nicht Aufſehens genug machen.

Jn dieſem Stuͤk verdienen die Alten nachgeahmt
zu werden, die nur ſelten andre Schaumuͤnzen
machten, als die zugleich gangbare Geldſorten ſeyn
ſollten.

Jn Auſehung des Jnhalts oder der Erfindung
kann man die Schaumuͤnzen in zwey Claſſen einthei-
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Scha
len, und ſie durch die Benennung der hiſtoriſchen
und der aͤſthetiſchen (es faͤllt mir kein ſchiklicherer
Name bey) unterſcheiden. Hiſtoriſche nenn’ ich die,
welche die Sache ſchlechtweg ankuͤndigen, und es de-
nen, fuͤr die ſie gemacht ſind, uͤberlaſſen, was ſie
davon denken, und dabey empfinden ſollen: den
Namen der Aeſthetiſchen aber wuͤrde ich denen geben,
wo die Sache ſelbſt ſchon in einem Licht vorgeſtellt
wird, in welchem ſie natuͤrlicher Weiſe einen beſon-
dern vortheilhaften Eindruk machen ſollte.

Hiſtoriſch ſind durchgehends alle griechiſche und
roͤmiſche Schaumuͤnzen, ob ſie gleich vielfaͤltig mit
allegoriſchen Bildern beſezt ſind; denn dieſe Bilder
dienen blos zur hiſtoriſchen Bilderſprach, und druͤ-
ken das, was die blos nachrichtliche Umſchrift ſagt,
durch andre Zeichen aus, oder vertreten die Stelle
dieſer Umſchrift. Die aͤſthetiſchen Schaumuͤnzen
ſind eine Erfindung der Neuern. Sie ſtellen die
Sache nicht blos zur Nachricht vor, ſondern geben
ihr eine Wendung, die den, der die Schaumuͤnze
ſieht, auf eine nachdruͤkliche Weiſe ruͤhren ſoll; die-
ſes erhalten ſie durch wuͤrklich allegoriſche Abbildung
der Sache. Zum Beyſpiehl will ich das Schau-
ſtuͤk meines beruͤhmten Landsmanns Hedlinger an-
fuͤhren, wodurch er der Republik Bern ſeine Hoch-
achtung bezeuget hat, wobey er doch noch etwas
von der Art der Alten beybehalten.

Auf der Vorderſeite ſiehet man das allegoriſche
Bild der Republik; eine Pallas, die ſich an Berns
Wapenſchild lehnet, in der rechten Hand einen Pal-
men- und einen Oelzwey, in der linken aber den
Speer haͤlt, auf welchem eine Muͤze, das alte Zei-
chen der Freyheit, geſezt iſt, nebſt der Aufſchrift
Res publica Bernenſis. So weit iſt das Stuͤk hi-
ſtoriſch, und im Geſchmak der Alten; weil in ſo fern
blos der Staat, dem zu Ehren das Stuͤk gepraͤget
worden, ſowol durch die Schrift, als durch ein be-
zeichnendes Bild, genennt wird. Aber dieſes Bild
iſt nur die Hauptfigur einer reich zuſammengeſezten
Gruppe, die im Grunde nichts anders, als eine
allegoriſche Lobrede auf die Republik iſt. Ein aus
alten, izt in Abgang gekommenen Waffen beſte-
hendes, und mit einem Lorbeerzweyg umwundenes
Siegeszeichen, deutet auf die Siege aͤlterer Zeit, und
neue Kriegeszeichen, allegoriſche Abbildungen der
Wiſſenſchaften, der Kuͤnſte, der Gerechtigkeit, der
Gelindigkeit, des Reichthums, der Freygebigkeit,

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[1018[1000]/0447] Scha Scha von der gegenwaͤrtigen Beſchaffenheit gewiſſer Dinge, die vergaͤnglich ſind, zu unterrichten, merkwuͤrdige Gebaͤude, Maſchinen, Jnſtrumente und andre Er- findungen nach ihrer wahren Form, zum Unterricht fuͤr die ſpaͤtheſten Zeiten aufzubehalten. Alſo koͤnnte eine Nation die Schaumuͤnzeu ſehr vortheilhaft brau- chen der Nachwelt einen guten Begriff von ihrem Verſtand, Geſchmak und Tugend beyzubringen. Wollte man alle dieſe Vortheile, deren Wichtig- keit in die Augen faͤllt, auf das ſicherſte erhalten, ſo muͤßte man erſtlich das, was die Erfindung, den Geſchmak und die Kunſt dieſes Zweyges betrift, zu einer gewiſſen Vollkommenheit bringen, und dann auch auf vernuͤnftige Polizeygeſeze zur beſten Anwen- dung deſſelben denken. Da dieſer zweyte Punkt auſ- ſer den Graͤnzen der allgemeinen Theorie der Kunſt liegt; ſo wollen wir nur von dem erſten ſprechen. Es hat ſich, ſo viel ich weiß, bis izt noch nie- mand in eine wahre und auf richtige Grundſaͤze be- ruhende Critik der Schaumuͤnzen eingelaſſen, ob gleich die Sache dieſer Muͤhe wol werth iſt. Wir wollen verſuchen einen Anfang dazu zu machen und die weitere Ausfuͤhrung der Sach andern uͤberlaſſen. Von den verſchiedenen Abſichten die man bey Schaumuͤnzen hat, iſt bereits geſprochen worden; und man muß ſie vor Augen haben, um die Beſchaf- fenheit dieſer kleinen Kunſtwerke richtig anzugeben. Das erſte was unmittelbar aus den erwaͤhnten Abſichten fließt, iſt dieſes, daß gangbare Muͤnzſor- ten ſich beſſer zu jedem Zwek der Schaumuͤnzen ſchi- ken, als ſolche, die ohne bekannten und gangbaren Werth zu bekommen, nur in geringer Anzahl fuͤr Liebhaber, oder fuͤr einen ſehr eingeſchraͤnkten Ge- brauch gepraͤget werden. Dieſe verfehlen ihren Zwek groͤßtentheils; weil ſie nicht allgemein unter das Volk ausgebreitet werden; weil ſie vor ihrem Untergang nicht genug geſichert ſind, den nur ihre große Menge und allgemeine Ausbreitung verhin- dert, und endlich; weil viele aus Mangel des oͤf- fentlichen Charakters, oder der geſezlichen Weyhung, nicht Aufſehens genug machen. Jn dieſem Stuͤk verdienen die Alten nachgeahmt zu werden, die nur ſelten andre Schaumuͤnzen machten, als die zugleich gangbare Geldſorten ſeyn ſollten. Jn Auſehung des Jnhalts oder der Erfindung kann man die Schaumuͤnzen in zwey Claſſen einthei- len, und ſie durch die Benennung der hiſtoriſchen und der aͤſthetiſchen (es faͤllt mir kein ſchiklicherer Name bey) unterſcheiden. Hiſtoriſche nenn’ ich die, welche die Sache ſchlechtweg ankuͤndigen, und es de- nen, fuͤr die ſie gemacht ſind, uͤberlaſſen, was ſie davon denken, und dabey empfinden ſollen: den Namen der Aeſthetiſchen aber wuͤrde ich denen geben, wo die Sache ſelbſt ſchon in einem Licht vorgeſtellt wird, in welchem ſie natuͤrlicher Weiſe einen beſon- dern vortheilhaften Eindruk machen ſollte. Hiſtoriſch ſind durchgehends alle griechiſche und roͤmiſche Schaumuͤnzen, ob ſie gleich vielfaͤltig mit allegoriſchen Bildern beſezt ſind; denn dieſe Bilder dienen blos zur hiſtoriſchen Bilderſprach, und druͤ- ken das, was die blos nachrichtliche Umſchrift ſagt, durch andre Zeichen aus, oder vertreten die Stelle dieſer Umſchrift. Die aͤſthetiſchen Schaumuͤnzen ſind eine Erfindung der Neuern. Sie ſtellen die Sache nicht blos zur Nachricht vor, ſondern geben ihr eine Wendung, die den, der die Schaumuͤnze ſieht, auf eine nachdruͤkliche Weiſe ruͤhren ſoll; die- ſes erhalten ſie durch wuͤrklich allegoriſche Abbildung der Sache. Zum Beyſpiehl will ich das Schau- ſtuͤk meines beruͤhmten Landsmanns Hedlinger an- fuͤhren, wodurch er der Republik Bern ſeine Hoch- achtung bezeuget hat, wobey er doch noch etwas von der Art der Alten beybehalten. Auf der Vorderſeite ſiehet man das allegoriſche Bild der Republik; eine Pallas, die ſich an Berns Wapenſchild lehnet, in der rechten Hand einen Pal- men- und einen Oelzwey, in der linken aber den Speer haͤlt, auf welchem eine Muͤze, das alte Zei- chen der Freyheit, geſezt iſt, nebſt der Aufſchrift Res publica Bernenſis. So weit iſt das Stuͤk hi- ſtoriſch, und im Geſchmak der Alten; weil in ſo fern blos der Staat, dem zu Ehren das Stuͤk gepraͤget worden, ſowol durch die Schrift, als durch ein be- zeichnendes Bild, genennt wird. Aber dieſes Bild iſt nur die Hauptfigur einer reich zuſammengeſezten Gruppe, die im Grunde nichts anders, als eine allegoriſche Lobrede auf die Republik iſt. Ein aus alten, izt in Abgang gekommenen Waffen beſte- hendes, und mit einem Lorbeerzweyg umwundenes Siegeszeichen, deutet auf die Siege aͤlterer Zeit, und neue Kriegeszeichen, allegoriſche Abbildungen der Wiſſenſchaften, der Kuͤnſte, der Gerechtigkeit, der Gelindigkeit, des Reichthums, der Freygebigkeit, ſchil-

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774, S. 1018[1000]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie02_1774/447>, abgerufen am 25.11.2024.