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Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774.

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Pfo Pfü Pha
sind, starke ansehnliche Pfeiler, deren freye Seiten
mit zwey dorischen Säulen oder mit Pilastern ver-
ziehrt sind. Der Kranz des Gebälkes macht eine
große über den Pfeiler und die Säulen gehende Platte,
auf welcher endlich eine pyramidenförmige Trophee
gesezt ist; und dadurch bekommen diese Thore ein
gutes Ansehen. Man kann eben dieses auch bey Por-
talen an großen Höfen oder Gärten anbringen.

Pfosten.
(Baukunst.)

Sind in der Baukunst kleine Pfeiler an den beyden
Seiten einer Thüröfnung, woran die Thürangel be-
festiget sind. Jede Thüre muß mit Pfosten eingefaßt
seyn, damit sie nicht, wie ein bloßes in die Wand
gebrochenes Loch, sondern als etwas wolüberlegtes
und abgepaßtes aussehe, wie schon anderswo erin-
nert worden. (*)

Pfühl.
(Baukunst.)

Ein Glied an den Säulenfüßen, das im Profil die
Rundung eines halben Zirkels hat, und unter die
großen Glieder gehört. (*) Den Namen hat es da-
her, weil ein rundes Küßen, oder ein Pfühl, wenn
es von etwas darüber liegenden beschweert, und platt
gedrükt wird, ohngefehr diese Form annehmen würde.

Pharsalia.

Da ich dieses Gedicht nie in der Absicht gelesen habe,
um mir eine bestimmte Vorstellung von seiner Art
und von seinem poetischen Charakter zu machen, so
will ich, statt meiner Gedanken darüber, hier einen
kleinen Aufsaz einrüken, den mir ein durch vielerley
critische Arbeiten bekannter und verdienter Mann zu-
geschikt hat.

"Man hat diesem erzählenden Gedicht des Luca-
nus
die Ehre einer Epopöe streitig gemacht. Es ist
aber nicht darum historisch, weil die Zeitordnung da-
rin nicht umgekehrt wird, welches auch in der Jlias
nicht geschieht, und von Herodotus mehr, als in
irgend einem Gedichte geschehen ist; noch darum,
weil es auf keine absonderliche Sittenlehre gebaut
ist; maaßen es, wenn dieses erfodert würde, den
Jammer, den die innerliche Zwietracht mit sich füh-
ret, gewiß in so starkem Lichte zeiget, als immer die
Jlias thut. Was obige Beschuldigung rechtfertiget,
ist, daß es wenig Exempel in sich hat, wiewol sie
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Pha
nicht ganz fehlen, wo die Personen reden, ausge-
nommen in öffentlichen Versammlungen, und daß
die Reden, austatt aus dem besondern Charakter
der Personen zu fließen, insgemein von allgemeinen
Wahrheiten und Säzen hergenommen sind, und zu
sehr nach dem Redner schmeken; wiewol sie sonst
stark genug und der Römer sehr würdig sind. Jn
der Epopöe müssen öffentliche Geschäfte und Reden
selten vorkommen; hingegen die persönlichen Ge-
sinnungen, die besondern Unterhandlungen und Be-
rathschlagungen über die aus der Handlung unmit-
telbar entsteheuden Vorfälle und Begebenheiten. Je-
nes kommt eigentlich der Historie zu; dieses ist der
Dichtkunst eigen.

Unter die Nachtheile der Pharsalia rechne ich nicht,
daß wir genau wissen, daß eine Menge Umstände
zu den wahren, bekannten, nur erdichtet sind; denn
die poetische Gewißheit wird vielmehr stärker, wenn
sie mit bekannten Sachen untersezt wird. Und so
bald der Poet sich eines historischen Grunds zu sei-
ner Arbeit bemächtiget; so därf man keine andere,
als die poetische Gewißheit von ihm fodern. Jn
einem Gedichte, wo die Hauptpersonen noch so
jüngst gelebt haben, daß wir selbst, oder unsre Ael-
tern sie gekannt haben, macht es Schwierigkeiten
uns Ehrfurcht und Bewunderung für sie beyzubrin-
gen. Hundert Histörichen von kleinen menschli-
chen Schwachheiten, und von wirthschaftlichen Um-
ständen, die wir selbst gesehen, oder von Augenzeu-
gen gehört haben, sezen sie zu den gewöhnlichen
Menschen herunter. Unser Poet hat durch die gros-
sen Sachen, womit er den Leser unterhält, denjeni-
gen, die nahe bey seinen Helden gelebt haben, nicht
Weile gelassen, an das zu denken, was ihnen Klei-
nes anhieng, und bey den späthern Leseren hat der
Lauf der Jahre, das Andenken dieser Kleinigkeiten
vertilget."

Daß der Dichter der Pharsalia große poetische
Talente gehabt, wird wol Niemand in Abrede seyn.
Aber man sieht nicht selten bey ihm, daß Ueberle-
gung und Bemühung bisweilen die Stelle der Be-
geisterung vertreten; daß er, nicht aus überströh-
mender Empfindung, sondern, weil er es gesucht,
und lange darauf gearbeitet hat, sich dem Großen
und Erhabenen nähert.

Seit Kurzem hat unser Dichter in Frankreich
verschiedene vorzügliche Verehrer gefunden, die durch
einzele Schönheiten/ die in Menge bey ihm ange-

trof-
(*) S.
Oefnung.
(*) S.
Glied.
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Pfo Pfuͤ Pha
ſind, ſtarke anſehnliche Pfeiler, deren freye Seiten
mit zwey doriſchen Saͤulen oder mit Pilaſtern ver-
ziehrt ſind. Der Kranz des Gebaͤlkes macht eine
große uͤber den Pfeiler und die Saͤulen gehende Platte,
auf welcher endlich eine pyramidenfoͤrmige Trophee
geſezt iſt; und dadurch bekommen dieſe Thore ein
gutes Anſehen. Man kann eben dieſes auch bey Por-
talen an großen Hoͤfen oder Gaͤrten anbringen.

Pfoſten.
(Baukunſt.)

Sind in der Baukunſt kleine Pfeiler an den beyden
Seiten einer Thuͤroͤfnung, woran die Thuͤrangel be-
feſtiget ſind. Jede Thuͤre muß mit Pfoſten eingefaßt
ſeyn, damit ſie nicht, wie ein bloßes in die Wand
gebrochenes Loch, ſondern als etwas woluͤberlegtes
und abgepaßtes ausſehe, wie ſchon anderswo erin-
nert worden. (*)

Pfuͤhl.
(Baukunſt.)

Ein Glied an den Saͤulenfuͤßen, das im Profil die
Rundung eines halben Zirkels hat, und unter die
großen Glieder gehoͤrt. (*) Den Namen hat es da-
her, weil ein rundes Kuͤßen, oder ein Pfuͤhl, wenn
es von etwas daruͤber liegenden beſchweert, und platt
gedruͤkt wird, ohngefehr dieſe Form annehmen wuͤrde.

Pharſalia.

Da ich dieſes Gedicht nie in der Abſicht geleſen habe,
um mir eine beſtimmte Vorſtellung von ſeiner Art
und von ſeinem poetiſchen Charakter zu machen, ſo
will ich, ſtatt meiner Gedanken daruͤber, hier einen
kleinen Aufſaz einruͤken, den mir ein durch vielerley
critiſche Arbeiten bekannter und verdienter Mann zu-
geſchikt hat.

„Man hat dieſem erzaͤhlenden Gedicht des Luca-
nus
die Ehre einer Epopoͤe ſtreitig gemacht. Es iſt
aber nicht darum hiſtoriſch, weil die Zeitordnung da-
rin nicht umgekehrt wird, welches auch in der Jlias
nicht geſchieht, und von Herodotus mehr, als in
irgend einem Gedichte geſchehen iſt; noch darum,
weil es auf keine abſonderliche Sittenlehre gebaut
iſt; maaßen es, wenn dieſes erfodert wuͤrde, den
Jammer, den die innerliche Zwietracht mit ſich fuͤh-
ret, gewiß in ſo ſtarkem Lichte zeiget, als immer die
Jlias thut. Was obige Beſchuldigung rechtfertiget,
iſt, daß es wenig Exempel in ſich hat, wiewol ſie
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Pha
nicht ganz fehlen, wo die Perſonen reden, ausge-
nommen in oͤffentlichen Verſammlungen, und daß
die Reden, auſtatt aus dem beſondern Charakter
der Perſonen zu fließen, insgemein von allgemeinen
Wahrheiten und Saͤzen hergenommen ſind, und zu
ſehr nach dem Redner ſchmeken; wiewol ſie ſonſt
ſtark genug und der Roͤmer ſehr wuͤrdig ſind. Jn
der Epopoͤe muͤſſen oͤffentliche Geſchaͤfte und Reden
ſelten vorkommen; hingegen die perſoͤnlichen Ge-
ſinnungen, die beſondern Unterhandlungen und Be-
rathſchlagungen uͤber die aus der Handlung unmit-
telbar entſteheuden Vorfaͤlle und Begebenheiten. Je-
nes kommt eigentlich der Hiſtorie zu; dieſes iſt der
Dichtkunſt eigen.

Unter die Nachtheile der Pharſalia rechne ich nicht,
daß wir genau wiſſen, daß eine Menge Umſtaͤnde
zu den wahren, bekannten, nur erdichtet ſind; denn
die poetiſche Gewißheit wird vielmehr ſtaͤrker, wenn
ſie mit bekannten Sachen unterſezt wird. Und ſo
bald der Poet ſich eines hiſtoriſchen Grunds zu ſei-
ner Arbeit bemaͤchtiget; ſo daͤrf man keine andere,
als die poetiſche Gewißheit von ihm fodern. Jn
einem Gedichte, wo die Hauptperſonen noch ſo
juͤngſt gelebt haben, daß wir ſelbſt, oder unſre Ael-
tern ſie gekannt haben, macht es Schwierigkeiten
uns Ehrfurcht und Bewunderung fuͤr ſie beyzubrin-
gen. Hundert Hiſtoͤrichen von kleinen menſchli-
chen Schwachheiten, und von wirthſchaftlichen Um-
ſtaͤnden, die wir ſelbſt geſehen, oder von Augenzeu-
gen gehoͤrt haben, ſezen ſie zu den gewoͤhnlichen
Menſchen herunter. Unſer Poet hat durch die groſ-
ſen Sachen, womit er den Leſer unterhaͤlt, denjeni-
gen, die nahe bey ſeinen Helden gelebt haben, nicht
Weile gelaſſen, an das zu denken, was ihnen Klei-
nes anhieng, und bey den ſpaͤthern Leſeren hat der
Lauf der Jahre, das Andenken dieſer Kleinigkeiten
vertilget.“

Daß der Dichter der Pharſalia große poetiſche
Talente gehabt, wird wol Niemand in Abrede ſeyn.
Aber man ſieht nicht ſelten bey ihm, daß Ueberle-
gung und Bemuͤhung bisweilen die Stelle der Be-
geiſterung vertreten; daß er, nicht aus uͤberſtroͤh-
mender Empfindung, ſondern, weil er es geſucht,
und lange darauf gearbeitet hat, ſich dem Großen
und Erhabenen naͤhert.

Seit Kurzem hat unſer Dichter in Frankreich
verſchiedene vorzuͤgliche Verehrer gefunden, die durch
einzele Schoͤnheiten/ die in Menge bey ihm ange-

trof-
(*) S.
Oefnung.
(*) S.
Glied.
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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774, S. 901[883]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie02_1774/319>, abgerufen am 27.11.2024.