können. Auch würde dadurch immer begreiflicher, wie aus der kleinen Anzahl wahrer Stammwörter ein so sehr großer Reichthum des Ausdruks in den ausgebildeten Sprachen entstanden ist.
Metopen. (Baukunst.)
Sind in der dorischen Säulenordnung die Vertie- fungen an dem Fries, zwischen den Tryglyphen oder Dreyschlizen, von deren Ursprung und Beschaffen- heit bereits im Artikel dorische Säulenordnung das Wesentlichste ist angemerkt, und durch die dortste- hende Figur erläutert worden. Von den guten Verhältnissen ihrer Größe, welches ein wichtiger Punkt ist, kommt im Artikel Säulenordnung das nähere vor. Da diesem Artikel in der Hauptsache nichts übrig geblieben ist, wollen wir ein paar An- merkungen über das Seltsame und Willkührliche im Geschmak anbringen, worauf die Betrachtung der Metopen natürlicher Weise führet.
Die erste betrift das Willkührliche. Aus dem, was in den Artikeln Gebälk und dorische Ordnung angemerkt worden, wäre zu vermuthen, daß die Metopen jedem Fries, welcher Ordnung es sey, nicht nur natürlich, sondern wesentlich seyen; und doch sind sie nur in der dorischen Ordnung gebräuch- lich. Sollte dieses daher kommen, daß blos in do- rischen Gebäuden der Gebrauch gewesen, den Zwi- schenraum der Balken an dem Fries, etwa aus Nachläßigkeit (denn die Dorier scheinen überall we- niger fein, als die andern Griechen gewesen zu seyn) offen zu lassen? Oder ist die dorische Ordnung, wie es auch aus andern Umständen scheinet, die älteste, und in Gang gekommen, ehe man über die Verfei- nerung der Gebäude nachgedacht hat, da die an- dern Ordnungen erst aufgekommen sind, als man schon die Kunst etwas verfeinert hatte? Jn diesem Falle läßt sich begreifen, daß man in der jonischen und corinthischen Ordnung die Balken am Fries gleich anfänglich vermauert hat, so daß der ganze Fries eine platte Bande geworden ist.
Aber warum würde man izt einen Baumeister tadeln, wenn er in diesen zwey Ordnungen Balken- köpfe und Metopen anzeigte, da sie ihnen doch eben so natürlich, als dem dorischen Fries sind? Deswe- gen, weil es gut ist, da einmal ein ungefehrer Zufall blos einer Ordnung zugeeignet hat, was allen gleich natürlich ist, daß durch die besondern Abzeichen der [Spaltenumbruch]
Met
Ordnungen eine mehrere Mannigfaltigkeit in den Bauarten beybehalten werde. Jndessen ist Gold- mann nicht zu tadeln, daß er in der toscanischen Ordnung durch Einführung der Abschnitte (*) auch Metopen anbringet.
Noch weniger kann das seltsame und eigensinnige des Geschmaks gerechtfertiget werden, das sich in der alten Verziehrung der Metopen zeiget, denen Hirnschädel von Opferthieren, ein in der That ekel- hafter Gegenstand, zur Zierrath dienen mußten. Die- ses soll uns sehr sorgfältig machen, alles, was zum Geschmak gehört, aus allgemeinen Grundsäzen herlei- ten zu wollen. Denn welcher Grundsaz würde uns darauf geführt haben, daß an sich äußerst wiedrige Dinge, dergleichen Hirnschädel und abgehauene Köpfe ermordeter Menschen sind; (*) die nur aus Nebenumständen für ein noch wildes Volk, ange- nehme Gegenstände ausmachen, bey der äußer- sten Verfeinerung des Geschmaks, als wesentliche Zierrathen der schönen Baukunst sollten empfoh- len werden?
Metrum; Metrisch. (Schöne Künste.)
Die Wörter bedeuten im allgemeinesten Sinn et- was richtig abgemessenes, das größere und kleinere Theile hat, aus deren gutem Verhältnis ein Gan- zes durch seine Form angenehm wird. Bey dieser allgemeinen Bedeutung bleibet dieser Artikel stehen; weil das eigentliche Metrum der lyrischen Gedichte in einen besondern Artikel vorkommt. (*)
Jederman fühlt, daß in Gebäuden und sichtba- ren Formen Eurythmie und Ebenmaaß, in Musik und Tanz ein Metrum, oder etwas genau abgemes- senes seyn müsse; aber wenige wissen den Grund hievon anzugeben.
Jn Gegenständen die unabhänglich von ihrem Jnhalt und ihrer Materie, durch das äußerliche der Form gefallen sollen, ist das metrische eine wesent- liche Eigenschaft. Wer uns etwas recht angeneh- mes erzählt, und durch den Jnhalt seiner Rede allein uns vergnügen will, erreicht seinen Zwek durch die blos ungebundene Rede, wenn ihr auch allen- falls der gewöhnliche prosaische Wolklang fehlen sollte; und wenn wir bey einer sehr intressanten Handlung die Personen unordentlich durch einander gehen sehen, und ihre ungekünstelten Reden hören, so finden wir Wolgefallen daran. Aber Töne, die
an
(*) S. Abschnitt.
(*) S. Masken.
(*) S. Sylben- maaß.
[Spaltenumbruch]
Met
koͤnnen. Auch wuͤrde dadurch immer begreiflicher, wie aus der kleinen Anzahl wahrer Stammwoͤrter ein ſo ſehr großer Reichthum des Ausdruks in den ausgebildeten Sprachen entſtanden iſt.
Metopen. (Baukunſt.)
Sind in der doriſchen Saͤulenordnung die Vertie- fungen an dem Fries, zwiſchen den Tryglyphen oder Dreyſchlizen, von deren Urſprung und Beſchaffen- heit bereits im Artikel doriſche Saͤulenordnung das Weſentlichſte iſt angemerkt, und durch die dortſte- hende Figur erlaͤutert worden. Von den guten Verhaͤltniſſen ihrer Groͤße, welches ein wichtiger Punkt iſt, kommt im Artikel Saͤulenordnung das naͤhere vor. Da dieſem Artikel in der Hauptſache nichts uͤbrig geblieben iſt, wollen wir ein paar An- merkungen uͤber das Seltſame und Willkuͤhrliche im Geſchmak anbringen, worauf die Betrachtung der Metopen natuͤrlicher Weiſe fuͤhret.
Die erſte betrift das Willkuͤhrliche. Aus dem, was in den Artikeln Gebaͤlk und doriſche Ordnung angemerkt worden, waͤre zu vermuthen, daß die Metopen jedem Fries, welcher Ordnung es ſey, nicht nur natuͤrlich, ſondern weſentlich ſeyen; und doch ſind ſie nur in der doriſchen Ordnung gebraͤuch- lich. Sollte dieſes daher kommen, daß blos in do- riſchen Gebaͤuden der Gebrauch geweſen, den Zwi- ſchenraum der Balken an dem Fries, etwa aus Nachlaͤßigkeit (denn die Dorier ſcheinen uͤberall we- niger fein, als die andern Griechen geweſen zu ſeyn) offen zu laſſen? Oder iſt die doriſche Ordnung, wie es auch aus andern Umſtaͤnden ſcheinet, die aͤlteſte, und in Gang gekommen, ehe man uͤber die Verfei- nerung der Gebaͤude nachgedacht hat, da die an- dern Ordnungen erſt aufgekommen ſind, als man ſchon die Kunſt etwas verfeinert hatte? Jn dieſem Falle laͤßt ſich begreifen, daß man in der joniſchen und corinthiſchen Ordnung die Balken am Fries gleich anfaͤnglich vermauert hat, ſo daß der ganze Fries eine platte Bande geworden iſt.
Aber warum wuͤrde man izt einen Baumeiſter tadeln, wenn er in dieſen zwey Ordnungen Balken- koͤpfe und Metopen anzeigte, da ſie ihnen doch eben ſo natuͤrlich, als dem doriſchen Fries ſind? Deswe- gen, weil es gut iſt, da einmal ein ungefehrer Zufall blos einer Ordnung zugeeignet hat, was allen gleich natuͤrlich iſt, daß durch die beſondern Abzeichen der [Spaltenumbruch]
Met
Ordnungen eine mehrere Mannigfaltigkeit in den Bauarten beybehalten werde. Jndeſſen iſt Gold- mann nicht zu tadeln, daß er in der toscaniſchen Ordnung durch Einfuͤhrung der Abſchnitte (*) auch Metopen anbringet.
Noch weniger kann das ſeltſame und eigenſinnige des Geſchmaks gerechtfertiget werden, das ſich in der alten Verziehrung der Metopen zeiget, denen Hirnſchaͤdel von Opferthieren, ein in der That ekel- hafter Gegenſtand, zur Zierrath dienen mußten. Die- ſes ſoll uns ſehr ſorgfaͤltig machen, alles, was zum Geſchmak gehoͤrt, aus allgemeinen Grundſaͤzen herlei- ten zu wollen. Denn welcher Grundſaz wuͤrde uns darauf gefuͤhrt haben, daß an ſich aͤußerſt wiedrige Dinge, dergleichen Hirnſchaͤdel und abgehauene Koͤpfe ermordeter Menſchen ſind; (*) die nur aus Nebenumſtaͤnden fuͤr ein noch wildes Volk, ange- nehme Gegenſtaͤnde ausmachen, bey der aͤußer- ſten Verfeinerung des Geſchmaks, als weſentliche Zierrathen der ſchoͤnen Baukunſt ſollten empfoh- len werden?
Metrum; Metriſch. (Schoͤne Kuͤnſte.)
Die Woͤrter bedeuten im allgemeineſten Sinn et- was richtig abgemeſſenes, das groͤßere und kleinere Theile hat, aus deren gutem Verhaͤltnis ein Gan- zes durch ſeine Form angenehm wird. Bey dieſer allgemeinen Bedeutung bleibet dieſer Artikel ſtehen; weil das eigentliche Metrum der lyriſchen Gedichte in einen beſondern Artikel vorkommt. (*)
Jederman fuͤhlt, daß in Gebaͤuden und ſichtba- ren Formen Eurythmie und Ebenmaaß, in Muſik und Tanz ein Metrum, oder etwas genau abgemeſ- ſenes ſeyn muͤſſe; aber wenige wiſſen den Grund hievon anzugeben.
Jn Gegenſtaͤnden die unabhaͤnglich von ihrem Jnhalt und ihrer Materie, durch das aͤußerliche der Form gefallen ſollen, iſt das metriſche eine weſent- liche Eigenſchaft. Wer uns etwas recht angeneh- mes erzaͤhlt, und durch den Jnhalt ſeiner Rede allein uns vergnuͤgen will, erreicht ſeinen Zwek durch die blos ungebundene Rede, wenn ihr auch allen- falls der gewoͤhnliche proſaiſche Wolklang fehlen ſollte; und wenn wir bey einer ſehr intreſſanten Handlung die Perſonen unordentlich durch einander gehen ſehen, und ihre ungekuͤnſtelten Reden hoͤren, ſo finden wir Wolgefallen daran. Aber Toͤne, die
an
(*) S. Abſchnitt.
(*) S. Masken.
(*) S. Sylben- maaß.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0181"n="764[746]"/><cb/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Met</hi></fw><lb/>
koͤnnen. Auch wuͤrde dadurch immer begreiflicher,<lb/>
wie aus der kleinen Anzahl wahrer Stammwoͤrter<lb/>
ein ſo ſehr großer Reichthum des Ausdruks in den<lb/>
ausgebildeten Sprachen entſtanden iſt.</p></div><lb/><divn="2"><head><hirendition="#g">Metopen</hi>.<lb/>
(Baukunſt.)</head><lb/><p><hirendition="#in">S</hi>ind in der doriſchen Saͤulenordnung die Vertie-<lb/>
fungen an dem Fries, zwiſchen den Tryglyphen oder<lb/>
Dreyſchlizen, von deren Urſprung und Beſchaffen-<lb/>
heit bereits im Artikel <hirendition="#fr">doriſche Saͤulenordnung</hi> das<lb/>
Weſentlichſte iſt angemerkt, und durch die dortſte-<lb/>
hende Figur erlaͤutert worden. Von den guten<lb/>
Verhaͤltniſſen ihrer Groͤße, welches ein wichtiger<lb/>
Punkt iſt, kommt im Artikel Saͤulenordnung das<lb/>
naͤhere vor. Da dieſem Artikel in der Hauptſache<lb/>
nichts uͤbrig geblieben iſt, wollen wir ein paar An-<lb/>
merkungen uͤber das Seltſame und Willkuͤhrliche im<lb/>
Geſchmak anbringen, worauf die Betrachtung der<lb/>
Metopen natuͤrlicher Weiſe fuͤhret.</p><lb/><p>Die erſte betrift das Willkuͤhrliche. Aus dem,<lb/>
was in den Artikeln <hirendition="#fr">Gebaͤlk</hi> und <hirendition="#fr">doriſche Ordnung</hi><lb/>
angemerkt worden, waͤre zu vermuthen, daß die<lb/>
Metopen jedem Fries, welcher Ordnung es ſey,<lb/>
nicht nur natuͤrlich, ſondern weſentlich ſeyen; und<lb/>
doch ſind ſie nur in der doriſchen Ordnung gebraͤuch-<lb/>
lich. Sollte dieſes daher kommen, daß blos in do-<lb/>
riſchen Gebaͤuden der Gebrauch geweſen, den Zwi-<lb/>ſchenraum der Balken an dem Fries, etwa aus<lb/>
Nachlaͤßigkeit (denn die Dorier ſcheinen uͤberall we-<lb/>
niger fein, als die andern Griechen geweſen zu ſeyn)<lb/>
offen zu laſſen? Oder iſt die doriſche Ordnung, wie<lb/>
es auch aus andern Umſtaͤnden ſcheinet, die aͤlteſte,<lb/>
und in Gang gekommen, ehe man uͤber die Verfei-<lb/>
nerung der Gebaͤude nachgedacht hat, da die an-<lb/>
dern Ordnungen erſt aufgekommen ſind, als man<lb/>ſchon die Kunſt etwas verfeinert hatte? Jn dieſem<lb/>
Falle laͤßt ſich begreifen, daß man in der joniſchen<lb/>
und corinthiſchen Ordnung die Balken am Fries<lb/>
gleich anfaͤnglich vermauert hat, ſo daß der ganze<lb/>
Fries eine platte Bande geworden iſt.</p><lb/><p>Aber warum wuͤrde man izt einen Baumeiſter<lb/>
tadeln, wenn er in dieſen zwey Ordnungen Balken-<lb/>
koͤpfe und Metopen anzeigte, da ſie ihnen doch eben<lb/>ſo natuͤrlich, als dem doriſchen Fries ſind? Deswe-<lb/>
gen, weil es gut iſt, da einmal ein ungefehrer Zufall<lb/>
blos einer Ordnung zugeeignet hat, was allen gleich<lb/>
natuͤrlich iſt, daß durch die beſondern Abzeichen der<lb/><cb/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Met</hi></fw><lb/>
Ordnungen eine mehrere Mannigfaltigkeit in den<lb/>
Bauarten beybehalten werde. Jndeſſen iſt Gold-<lb/>
mann nicht zu tadeln, daß er in der toscaniſchen<lb/>
Ordnung durch Einfuͤhrung der Abſchnitte <noteplace="foot"n="(*)">S.<lb/>
Abſchnitt.</note> auch<lb/>
Metopen anbringet.</p><lb/><p>Noch weniger kann das ſeltſame und eigenſinnige<lb/>
des Geſchmaks gerechtfertiget werden, das ſich in<lb/>
der alten Verziehrung der Metopen zeiget, denen<lb/>
Hirnſchaͤdel von Opferthieren, ein in der That ekel-<lb/>
hafter Gegenſtand, zur Zierrath dienen mußten. Die-<lb/>ſes ſoll uns ſehr ſorgfaͤltig machen, alles, was zum<lb/>
Geſchmak gehoͤrt, aus allgemeinen Grundſaͤzen herlei-<lb/>
ten zu wollen. Denn welcher Grundſaz wuͤrde uns<lb/>
darauf gefuͤhrt haben, daß an ſich aͤußerſt wiedrige<lb/>
Dinge, dergleichen Hirnſchaͤdel und abgehauene<lb/>
Koͤpfe ermordeter Menſchen ſind; <noteplace="foot"n="(*)">S.<lb/>
Masken.</note> die nur aus<lb/>
Nebenumſtaͤnden fuͤr ein noch wildes Volk, ange-<lb/>
nehme Gegenſtaͤnde ausmachen, bey der aͤußer-<lb/>ſten Verfeinerung des Geſchmaks, als weſentliche<lb/>
Zierrathen der ſchoͤnen Baukunſt ſollten empfoh-<lb/>
len werden?</p></div><lb/><divn="2"><head><hirendition="#g">Metrum; Metriſch</hi>.<lb/>
(Schoͤne Kuͤnſte.)</head><lb/><p><hirendition="#in">D</hi>ie Woͤrter bedeuten im allgemeineſten Sinn et-<lb/>
was richtig abgemeſſenes, das groͤßere und kleinere<lb/>
Theile hat, aus deren gutem Verhaͤltnis ein Gan-<lb/>
zes durch ſeine Form angenehm wird. Bey dieſer<lb/>
allgemeinen Bedeutung bleibet dieſer Artikel ſtehen;<lb/>
weil das eigentliche Metrum der lyriſchen Gedichte<lb/>
in einen beſondern Artikel vorkommt. <noteplace="foot"n="(*)">S.<lb/>
Sylben-<lb/>
maaß.</note></p><lb/><p>Jederman fuͤhlt, daß in Gebaͤuden und ſichtba-<lb/>
ren Formen Eurythmie und Ebenmaaß, in Muſik<lb/>
und Tanz ein Metrum, oder etwas genau abgemeſ-<lb/>ſenes ſeyn muͤſſe; aber wenige wiſſen den Grund<lb/>
hievon anzugeben.</p><lb/><p>Jn Gegenſtaͤnden die unabhaͤnglich von ihrem<lb/>
Jnhalt und ihrer Materie, durch das aͤußerliche der<lb/>
Form gefallen ſollen, iſt das <hirendition="#fr">metriſche</hi> eine weſent-<lb/>
liche Eigenſchaft. Wer uns etwas recht angeneh-<lb/>
mes erzaͤhlt, und durch den Jnhalt ſeiner Rede<lb/>
allein uns vergnuͤgen will, erreicht ſeinen Zwek durch<lb/>
die blos ungebundene Rede, wenn ihr auch allen-<lb/>
falls der gewoͤhnliche proſaiſche Wolklang fehlen<lb/>ſollte; und wenn wir bey einer ſehr intreſſanten<lb/>
Handlung die Perſonen unordentlich durch einander<lb/>
gehen ſehen, und ihre ungekuͤnſtelten Reden hoͤren,<lb/>ſo finden wir Wolgefallen daran. Aber Toͤne, die<lb/><fwplace="bottom"type="catch">an</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[764[746]/0181]
Met
Met
koͤnnen. Auch wuͤrde dadurch immer begreiflicher,
wie aus der kleinen Anzahl wahrer Stammwoͤrter
ein ſo ſehr großer Reichthum des Ausdruks in den
ausgebildeten Sprachen entſtanden iſt.
Metopen.
(Baukunſt.)
Sind in der doriſchen Saͤulenordnung die Vertie-
fungen an dem Fries, zwiſchen den Tryglyphen oder
Dreyſchlizen, von deren Urſprung und Beſchaffen-
heit bereits im Artikel doriſche Saͤulenordnung das
Weſentlichſte iſt angemerkt, und durch die dortſte-
hende Figur erlaͤutert worden. Von den guten
Verhaͤltniſſen ihrer Groͤße, welches ein wichtiger
Punkt iſt, kommt im Artikel Saͤulenordnung das
naͤhere vor. Da dieſem Artikel in der Hauptſache
nichts uͤbrig geblieben iſt, wollen wir ein paar An-
merkungen uͤber das Seltſame und Willkuͤhrliche im
Geſchmak anbringen, worauf die Betrachtung der
Metopen natuͤrlicher Weiſe fuͤhret.
Die erſte betrift das Willkuͤhrliche. Aus dem,
was in den Artikeln Gebaͤlk und doriſche Ordnung
angemerkt worden, waͤre zu vermuthen, daß die
Metopen jedem Fries, welcher Ordnung es ſey,
nicht nur natuͤrlich, ſondern weſentlich ſeyen; und
doch ſind ſie nur in der doriſchen Ordnung gebraͤuch-
lich. Sollte dieſes daher kommen, daß blos in do-
riſchen Gebaͤuden der Gebrauch geweſen, den Zwi-
ſchenraum der Balken an dem Fries, etwa aus
Nachlaͤßigkeit (denn die Dorier ſcheinen uͤberall we-
niger fein, als die andern Griechen geweſen zu ſeyn)
offen zu laſſen? Oder iſt die doriſche Ordnung, wie
es auch aus andern Umſtaͤnden ſcheinet, die aͤlteſte,
und in Gang gekommen, ehe man uͤber die Verfei-
nerung der Gebaͤude nachgedacht hat, da die an-
dern Ordnungen erſt aufgekommen ſind, als man
ſchon die Kunſt etwas verfeinert hatte? Jn dieſem
Falle laͤßt ſich begreifen, daß man in der joniſchen
und corinthiſchen Ordnung die Balken am Fries
gleich anfaͤnglich vermauert hat, ſo daß der ganze
Fries eine platte Bande geworden iſt.
Aber warum wuͤrde man izt einen Baumeiſter
tadeln, wenn er in dieſen zwey Ordnungen Balken-
koͤpfe und Metopen anzeigte, da ſie ihnen doch eben
ſo natuͤrlich, als dem doriſchen Fries ſind? Deswe-
gen, weil es gut iſt, da einmal ein ungefehrer Zufall
blos einer Ordnung zugeeignet hat, was allen gleich
natuͤrlich iſt, daß durch die beſondern Abzeichen der
Ordnungen eine mehrere Mannigfaltigkeit in den
Bauarten beybehalten werde. Jndeſſen iſt Gold-
mann nicht zu tadeln, daß er in der toscaniſchen
Ordnung durch Einfuͤhrung der Abſchnitte (*) auch
Metopen anbringet.
Noch weniger kann das ſeltſame und eigenſinnige
des Geſchmaks gerechtfertiget werden, das ſich in
der alten Verziehrung der Metopen zeiget, denen
Hirnſchaͤdel von Opferthieren, ein in der That ekel-
hafter Gegenſtand, zur Zierrath dienen mußten. Die-
ſes ſoll uns ſehr ſorgfaͤltig machen, alles, was zum
Geſchmak gehoͤrt, aus allgemeinen Grundſaͤzen herlei-
ten zu wollen. Denn welcher Grundſaz wuͤrde uns
darauf gefuͤhrt haben, daß an ſich aͤußerſt wiedrige
Dinge, dergleichen Hirnſchaͤdel und abgehauene
Koͤpfe ermordeter Menſchen ſind; (*) die nur aus
Nebenumſtaͤnden fuͤr ein noch wildes Volk, ange-
nehme Gegenſtaͤnde ausmachen, bey der aͤußer-
ſten Verfeinerung des Geſchmaks, als weſentliche
Zierrathen der ſchoͤnen Baukunſt ſollten empfoh-
len werden?
Metrum; Metriſch.
(Schoͤne Kuͤnſte.)
Die Woͤrter bedeuten im allgemeineſten Sinn et-
was richtig abgemeſſenes, das groͤßere und kleinere
Theile hat, aus deren gutem Verhaͤltnis ein Gan-
zes durch ſeine Form angenehm wird. Bey dieſer
allgemeinen Bedeutung bleibet dieſer Artikel ſtehen;
weil das eigentliche Metrum der lyriſchen Gedichte
in einen beſondern Artikel vorkommt. (*)
Jederman fuͤhlt, daß in Gebaͤuden und ſichtba-
ren Formen Eurythmie und Ebenmaaß, in Muſik
und Tanz ein Metrum, oder etwas genau abgemeſ-
ſenes ſeyn muͤſſe; aber wenige wiſſen den Grund
hievon anzugeben.
Jn Gegenſtaͤnden die unabhaͤnglich von ihrem
Jnhalt und ihrer Materie, durch das aͤußerliche der
Form gefallen ſollen, iſt das metriſche eine weſent-
liche Eigenſchaft. Wer uns etwas recht angeneh-
mes erzaͤhlt, und durch den Jnhalt ſeiner Rede
allein uns vergnuͤgen will, erreicht ſeinen Zwek durch
die blos ungebundene Rede, wenn ihr auch allen-
falls der gewoͤhnliche proſaiſche Wolklang fehlen
ſollte; und wenn wir bey einer ſehr intreſſanten
Handlung die Perſonen unordentlich durch einander
gehen ſehen, und ihre ungekuͤnſtelten Reden hoͤren,
ſo finden wir Wolgefallen daran. Aber Toͤne, die
an
(*) S.
Abſchnitt.
(*) S.
Masken.
(*) S.
Sylben-
maaß.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774, S. 764[746]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie02_1774/181>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.