ben, ihre Werke jenen Alten gleich zu machen und sie an ihrer Statt unterzuschieben.
Zum Beweis, wie weit damals diese Kunst ge- stiegen sey, dienen folgende zwey Beyspiele. Ein damaliger Künstler Alexandro Cesari, mit dem Zuna- men II maestro greco, verfertigte für den Pabst (*) Sie ist in des P.Bonanni Numism. Pont. Ro- man. T. I. p. 199. ab- gebildet.Paul denIII eine Medaille (*), auf welcher Alexander der Große zu den Füßen des Hohenpriesters der Ju- den zu sehen ist. Dieses Werk war von so ausser- ordentlicher Schönheit, daß Michel Angelo bey Betrachtung derselben voll Verwundrung ausgeru- fen hat: Dies ist der höchste Gipfel der Kunst. Eben derselbe Künstler hat das Bild König Heinrichs desII in Frankreich in einen Stein geschnitten, welches nach dem Zeugnis der besten Kenner den Alten ganz gleich kömmt. Der Kopf des Phocions von demselben Künstler, der jetzo in den Händen des Herrn Zanetti ist, soll keinem der besten Antiken (*) Gori Dactylio- theca Za- nettiana Tab. III. p. 5. Venet. 1750.etwas nachgeben (*). Von dieser Zeit an hat sich die Kunft in Steine zu schneiden in Jtalien bis ietzo erhalten.
Aus diesem zweyten Vaterland der Künste und Wissenschaften breitete sie sich bald in andre Länder aus. Sandrat gedenket eines nürnbergischen Stein- schneiders, Namens Engelhart, der Albrecht Dü- rers Freund gewesen. Nachher war WilhelmV von Bayern ein großer Liebhaber und Beförderer dieser Kunst, nach ihm aber der Kayser Rudolph derII, unter welchem viel deutsche Steinschneider gelebt haben, deren wir an einem andern Orte ge- denken. So viel mir aber bekannt ist, sind erst in diesem laufenden Jahrhundert deutsche Meister be- kannt geworden, welche den besten Welschen und den Griechen selbst an die Seite gesetzt werden kön- nen. S. Steinschneider.
Jn Frankreich führte Franz derI diese, wie alle andre Künste, dadurch ein, daß er aus Jtalien gute Künstler in sein Reich berufte. Seit dem hat dieses Reich ab und zu einige wenige gute Steinschneider gehabt. Nach Spanien kamen unter der Regierung Philipp desII ebenfalls einige italiänische Mei- ster, und England hat zu den Zeiten der Königin Elisabeth, und nachher bis auf unsre Zeiten viele Steinschneider gehabt, darunter einige vom ersten Range sind. Auf diese Weise hat sich die Kunst in alle Länder von Europa ausgebreitet, und bis jetzo in einem ziemlichen Grad der Vollkommenheit erhalten.
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Ges
Geschoß. (Baukunst.)
So nennt man in einem Gebäude, das aus meh- rern über einander liegenden Abtheilungen besteht, die oberen Abtheilungen, zu denen man durch Trep- pen hinaufsteiget. Sie werden auch Stokwerke, und itzt schon vielfältig mit dem französischen Na- men Etages genennt. Man sagt von einem Hause, es sey von einem, zwey, drey Geschossen, oder Stokwerken, wenn über die untersten, gerade über der Erde liegenden Zimmer, noch ein, zwey oder drey Aufsätze von Zimmern gebauet sind. Nämlich die untersten Wohnungen werden eigentlich noch nicht zu den Geschossen gerechnet. Dieser Bedeu- tung des Worts zu Folge wär ein Haus von drey über einander liegenden Wohnungen, und drey Rey- hen über einander stehender Fenster, nur von zwey Geschossen, weil die unterste Wohnung noch zwey andre über sich hat.
Man unterscheidet auch ganze und halbe Ge- schosse. Die Ganzen sind in gemeinen Wohnhän- sern wenigstens zehen und höchstens vierzehen Fuß hoch; in Pallästen funfzehen bis zwanzig; die hal- ben Geschosse, die auch Auiken (*) genennt werden, haben nur die halbe Höhe.
(*) S. Attiken.
An den Aussenseiten werden gemeiniglich die Ge- schosse durch Bänder und Gesimse von einander abgesöndert; es sey denn, daß nach römischer Art Säulen oder Pilaster von dem Fuße des Gebäudes bis an das Gebälke gehen, in welchem Fall diese Absönderung der Geschosse nicht statt haben kann. Man giebt auch dem ersten Geschoß ofte seine be- sondere Plinthe. Eine Aussenseite von zwey und mehrern Geschossen, die nicht durch Bänder oder Gesimse abgetheilt sind, hat ein zu mageres An- sehen; hingegen giebt die Abtheilung der Geschosse den Aussenseiten nicht nur ein gutes Ansehen, son- dern erwekt auch zugleich den Begriff einer mehrern Festigkeit. An den Aussenseiten gemeiner Wohn- häuser zeiget sich der gute oder schlechte Geschmak eines Baumeisters auf den ersten Blik, aus der Abtheilung der Geschosse. Der gute Baumeister weiß alles so einzurichten, daß jedes Geschoß ein Ganzes ausmacht, dessen Theile nicht gegen das ganze Gebäude, sondern nur gegen das Geschoß ab- gemessen werden.
Gesell-
N n n 3
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Geſ
ben, ihre Werke jenen Alten gleich zu machen und ſie an ihrer Statt unterzuſchieben.
Zum Beweis, wie weit damals dieſe Kunſt ge- ſtiegen ſey, dienen folgende zwey Beyſpiele. Ein damaliger Kuͤnſtler Alexandro Ceſari, mit dem Zuna- men II maeſtro greco, verfertigte fuͤr den Pabſt (*) Sie iſt in des P.Bonanni Numiſm. Pont. Ro- man. T. I. p. 199. ab- gebildet.Paul denIII eine Medaille (*), auf welcher Alexander der Große zu den Fuͤßen des Hohenprieſters der Ju- den zu ſehen iſt. Dieſes Werk war von ſo auſſer- ordentlicher Schoͤnheit, daß Michel Angelo bey Betrachtung derſelben voll Verwundrung ausgeru- fen hat: Dies iſt der hoͤchſte Gipfel der Kunſt. Eben derſelbe Kuͤnſtler hat das Bild Koͤnig Heinrichs desII in Frankreich in einen Stein geſchnitten, welches nach dem Zeugnis der beſten Kenner den Alten ganz gleich koͤmmt. Der Kopf des Phocions von demſelben Kuͤnſtler, der jetzo in den Haͤnden des Herrn Zanetti iſt, ſoll keinem der beſten Antiken (*) Gori Dactylio- theca Za- nettiana Tab. III. p. 5. Venet. 1750.etwas nachgeben (*). Von dieſer Zeit an hat ſich die Kunft in Steine zu ſchneiden in Jtalien bis ietzo erhalten.
Aus dieſem zweyten Vaterland der Kuͤnſte und Wiſſenſchaften breitete ſie ſich bald in andre Laͤnder aus. Sandrat gedenket eines nuͤrnbergiſchen Stein- ſchneiders, Namens Engelhart, der Albrecht Duͤ- rers Freund geweſen. Nachher war WilhelmV von Bayern ein großer Liebhaber und Befoͤrderer dieſer Kunſt, nach ihm aber der Kayſer Rudolph derII, unter welchem viel deutſche Steinſchneider gelebt haben, deren wir an einem andern Orte ge- denken. So viel mir aber bekannt iſt, ſind erſt in dieſem laufenden Jahrhundert deutſche Meiſter be- kannt geworden, welche den beſten Welſchen und den Griechen ſelbſt an die Seite geſetzt werden koͤn- nen. S. Steinſchneider.
Jn Frankreich fuͤhrte Franz derI dieſe, wie alle andre Kuͤnſte, dadurch ein, daß er aus Jtalien gute Kuͤnſtler in ſein Reich berufte. Seit dem hat dieſes Reich ab und zu einige wenige gute Steinſchneider gehabt. Nach Spanien kamen unter der Regierung Philipp desII ebenfalls einige italiaͤniſche Mei- ſter, und England hat zu den Zeiten der Koͤnigin Eliſabeth, und nachher bis auf unſre Zeiten viele Steinſchneider gehabt, darunter einige vom erſten Range ſind. Auf dieſe Weiſe hat ſich die Kunſt in alle Laͤnder von Europa ausgebreitet, und bis jetzo in einem ziemlichen Grad der Vollkommenheit erhalten.
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Geſ
Geſchoß. (Baukunſt.)
So nennt man in einem Gebaͤude, das aus meh- rern uͤber einander liegenden Abtheilungen beſteht, die oberen Abtheilungen, zu denen man durch Trep- pen hinaufſteiget. Sie werden auch Stokwerke, und itzt ſchon vielfaͤltig mit dem franzoͤſiſchen Na- men Etages genennt. Man ſagt von einem Hauſe, es ſey von einem, zwey, drey Geſchoſſen, oder Stokwerken, wenn uͤber die unterſten, gerade uͤber der Erde liegenden Zimmer, noch ein, zwey oder drey Aufſaͤtze von Zimmern gebauet ſind. Naͤmlich die unterſten Wohnungen werden eigentlich noch nicht zu den Geſchoſſen gerechnet. Dieſer Bedeu- tung des Worts zu Folge waͤr ein Haus von drey uͤber einander liegenden Wohnungen, und drey Rey- hen uͤber einander ſtehender Fenſter, nur von zwey Geſchoſſen, weil die unterſte Wohnung noch zwey andre uͤber ſich hat.
Man unterſcheidet auch ganze und halbe Ge- ſchoſſe. Die Ganzen ſind in gemeinen Wohnhaͤn- ſern wenigſtens zehen und hoͤchſtens vierzehen Fuß hoch; in Pallaͤſten funfzehen bis zwanzig; die hal- ben Geſchoſſe, die auch Auiken (*) genennt werden, haben nur die halbe Hoͤhe.
(*) S. Attiken.
An den Auſſenſeiten werden gemeiniglich die Ge- ſchoſſe durch Baͤnder und Geſimſe von einander abgeſoͤndert; es ſey denn, daß nach roͤmiſcher Art Saͤulen oder Pilaſter von dem Fuße des Gebaͤudes bis an das Gebaͤlke gehen, in welchem Fall dieſe Abſoͤnderung der Geſchoſſe nicht ſtatt haben kann. Man giebt auch dem erſten Geſchoß ofte ſeine be- ſondere Plinthe. Eine Auſſenſeite von zwey und mehrern Geſchoſſen, die nicht durch Baͤnder oder Geſimſe abgetheilt ſind, hat ein zu mageres An- ſehen; hingegen giebt die Abtheilung der Geſchoſſe den Auſſenſeiten nicht nur ein gutes Anſehen, ſon- dern erwekt auch zugleich den Begriff einer mehrern Feſtigkeit. An den Auſſenſeiten gemeiner Wohn- haͤuſer zeiget ſich der gute oder ſchlechte Geſchmak eines Baumeiſters auf den erſten Blik, aus der Abtheilung der Geſchoſſe. Der gute Baumeiſter weiß alles ſo einzurichten, daß jedes Geſchoß ein Ganzes ausmacht, deſſen Theile nicht gegen das ganze Gebaͤude, ſondern nur gegen das Geſchoß ab- gemeſſen werden.
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[469/0481]
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ben, ihre Werke jenen Alten gleich zu machen und
ſie an ihrer Statt unterzuſchieben.
Zum Beweis, wie weit damals dieſe Kunſt ge-
ſtiegen ſey, dienen folgende zwey Beyſpiele. Ein
damaliger Kuͤnſtler Alexandro Ceſari, mit dem Zuna-
men II maeſtro greco, verfertigte fuͤr den Pabſt
Paul den III eine Medaille (*), auf welcher Alexander
der Große zu den Fuͤßen des Hohenprieſters der Ju-
den zu ſehen iſt. Dieſes Werk war von ſo auſſer-
ordentlicher Schoͤnheit, daß Michel Angelo bey
Betrachtung derſelben voll Verwundrung ausgeru-
fen hat: Dies iſt der hoͤchſte Gipfel der Kunſt.
Eben derſelbe Kuͤnſtler hat das Bild Koͤnig Heinrichs
des II in Frankreich in einen Stein geſchnitten,
welches nach dem Zeugnis der beſten Kenner den
Alten ganz gleich koͤmmt. Der Kopf des Phocions
von demſelben Kuͤnſtler, der jetzo in den Haͤnden
des Herrn Zanetti iſt, ſoll keinem der beſten Antiken
etwas nachgeben (*). Von dieſer Zeit an hat ſich
die Kunft in Steine zu ſchneiden in Jtalien bis ietzo
erhalten.
(*) Sie
iſt in des
P.Bonanni
Numiſm.
Pont. Ro-
man. T. I.
p. 199. ab-
gebildet.
(*) Gori
Dactylio-
theca Za-
nettiana
Tab. III.
p. 5. Venet.
1750.
Aus dieſem zweyten Vaterland der Kuͤnſte und
Wiſſenſchaften breitete ſie ſich bald in andre Laͤnder
aus. Sandrat gedenket eines nuͤrnbergiſchen Stein-
ſchneiders, Namens Engelhart, der Albrecht Duͤ-
rers Freund geweſen. Nachher war Wilhelm V
von Bayern ein großer Liebhaber und Befoͤrderer
dieſer Kunſt, nach ihm aber der Kayſer Rudolph
der II, unter welchem viel deutſche Steinſchneider
gelebt haben, deren wir an einem andern Orte ge-
denken. So viel mir aber bekannt iſt, ſind erſt in
dieſem laufenden Jahrhundert deutſche Meiſter be-
kannt geworden, welche den beſten Welſchen und
den Griechen ſelbſt an die Seite geſetzt werden koͤn-
nen. S. Steinſchneider.
Jn Frankreich fuͤhrte Franz der I dieſe, wie alle
andre Kuͤnſte, dadurch ein, daß er aus Jtalien gute
Kuͤnſtler in ſein Reich berufte. Seit dem hat dieſes
Reich ab und zu einige wenige gute Steinſchneider
gehabt. Nach Spanien kamen unter der Regierung
Philipp des II ebenfalls einige italiaͤniſche Mei-
ſter, und England hat zu den Zeiten der Koͤnigin
Eliſabeth, und nachher bis auf unſre Zeiten viele
Steinſchneider gehabt, darunter einige vom erſten
Range ſind. Auf dieſe Weiſe hat ſich die Kunſt in
alle Laͤnder von Europa ausgebreitet, und bis jetzo in
einem ziemlichen Grad der Vollkommenheit erhalten.
Geſchoß.
(Baukunſt.)
So nennt man in einem Gebaͤude, das aus meh-
rern uͤber einander liegenden Abtheilungen beſteht,
die oberen Abtheilungen, zu denen man durch Trep-
pen hinaufſteiget. Sie werden auch Stokwerke,
und itzt ſchon vielfaͤltig mit dem franzoͤſiſchen Na-
men Etages genennt. Man ſagt von einem Hauſe,
es ſey von einem, zwey, drey Geſchoſſen, oder
Stokwerken, wenn uͤber die unterſten, gerade uͤber
der Erde liegenden Zimmer, noch ein, zwey oder
drey Aufſaͤtze von Zimmern gebauet ſind. Naͤmlich
die unterſten Wohnungen werden eigentlich noch
nicht zu den Geſchoſſen gerechnet. Dieſer Bedeu-
tung des Worts zu Folge waͤr ein Haus von drey
uͤber einander liegenden Wohnungen, und drey Rey-
hen uͤber einander ſtehender Fenſter, nur von zwey
Geſchoſſen, weil die unterſte Wohnung noch zwey
andre uͤber ſich hat.
Man unterſcheidet auch ganze und halbe Ge-
ſchoſſe. Die Ganzen ſind in gemeinen Wohnhaͤn-
ſern wenigſtens zehen und hoͤchſtens vierzehen Fuß
hoch; in Pallaͤſten funfzehen bis zwanzig; die hal-
ben Geſchoſſe, die auch Auiken (*) genennt werden,
haben nur die halbe Hoͤhe.
An den Auſſenſeiten werden gemeiniglich die Ge-
ſchoſſe durch Baͤnder und Geſimſe von einander
abgeſoͤndert; es ſey denn, daß nach roͤmiſcher Art
Saͤulen oder Pilaſter von dem Fuße des Gebaͤudes
bis an das Gebaͤlke gehen, in welchem Fall dieſe
Abſoͤnderung der Geſchoſſe nicht ſtatt haben kann.
Man giebt auch dem erſten Geſchoß ofte ſeine be-
ſondere Plinthe. Eine Auſſenſeite von zwey und
mehrern Geſchoſſen, die nicht durch Baͤnder oder
Geſimſe abgetheilt ſind, hat ein zu mageres An-
ſehen; hingegen giebt die Abtheilung der Geſchoſſe
den Auſſenſeiten nicht nur ein gutes Anſehen, ſon-
dern erwekt auch zugleich den Begriff einer mehrern
Feſtigkeit. An den Auſſenſeiten gemeiner Wohn-
haͤuſer zeiget ſich der gute oder ſchlechte Geſchmak
eines Baumeiſters auf den erſten Blik, aus der
Abtheilung der Geſchoſſe. Der gute Baumeiſter
weiß alles ſo einzurichten, daß jedes Geſchoß ein
Ganzes ausmacht, deſſen Theile nicht gegen das
ganze Gebaͤude, ſondern nur gegen das Geſchoß ab-
gemeſſen werden.
Geſell-
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Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771, S. 469. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie01_1771/481>, abgerufen am 15.08.2024.
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