Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771.[Spaltenumbruch] Ein Ungereimtheit dieser Verläumdung, und schließt mitfolgendem Eingeständniß. "Künftig also wirst du mich weder einen Fremdling noch einen König nen- nen -- -- Es sey denn, daß dir dieses königlich scheine, wenn man nicht nur keinen Menschen, son- dern auch so gar keine Begierde über sich will herr- schen lassen; wenn man über alle Lüste weg ist; und weder Geld, noch Güter, noch andre Dinge dieser Art vermißt: wenn man im Senat seine Meinung frey sagt; den Nutzen des ganzen Volks seinen Neigungen vorzieht, keinem Menschen aus Schwachheit nachgiebt, und sich sehr vielen wider- setzt -- Wenn du das für königlich hälst; denn gebe ich mich für einen König aus." [Spaltenumbruch] (+) Einheit. (Schöne Künste.) Dasjenige, wodurch wir uns viel Dinge als Theile Eigentlich ist das Wesen eines Dinges der Grund Also ist die Einheit der Grund der Vollkommen- Ein was gänzlich und ohne Mangel das ist, was esseyn soll; schön ist das, dessen Vollkommenheit man sinnlich fühlt oder empfindet. (*) Daher also kommt(*) S. Schönheit, Vollkom- menheit. es, daß uns von Gegenständen unsrer Betrachtung nichts gefallen kann, darin keine Einheit ist, oder dessen Einheit wir nicht erkennen, weil wir in diesem Fall nicht beurtheilen können, ob die Sache das ist, was sie seyn soll. Wenn uns irgend ein Werkzeug gewiesen würde, von dessen Gebrauch wir uns gar keine Vorstellung machen können, so werden wir nie- mal ein Urtheil darüber fällen, ob es vollkommen oder unvollkommen sey. So ist es mit allen Din- gen, deren Betrachtung Gefallen oder Mißfallen erwekt. So oft unsere Aufmerksamkeit auf einen Gegenstand gerichtet wird, so haben wir entweder schon einen hellen oder dunkeln Begriff von seinem Wesen, nämlich von dem was er seyn soll, oder wir bilden uns erst einen solchen Begriff. Mit die- sem Jdeal vergleichen wir die vorhandene Sache, eben so, wie wir ein Bildniß mit dem Begriff, den wir von dem Original haben, vergleichen. Die Uebereinkunft des Würklichen mit dem Jdealen er- wekt Wolgefallen, die Abweichung des Würklichen vom Jdealen erwekt Mißfallen, weil wir einen Widerspruch entdeken, und, welches uns unmöglich ist, auf einmal zwey sich widersprechende Dinge uns vorstellen sollen. Diese Entwiklung der zur Einheit gehörigen Be- wird (+) Neque peregrinum post haec me dixeris neque re-
gem. Nisi sorte regium tibi videtur ita vivere, ut non mo- do homini nemini, sed ne cupiditati ulli servias, contemne- re omnes libidines, non auri, non argenti non caeterarum [Spaltenumbruch] rerum indigere: in senatu sentire libere, populi utilitati ma- gis consulere quam voluntati, nemini cedere, multis obsi- stere. Si hoc putes esse regium, me regem esse confiteor. Or. pro P. Sylla. [Spaltenumbruch] Ein Ungereimtheit dieſer Verlaͤumdung, und ſchließt mitfolgendem Eingeſtaͤndniß. „Kuͤnftig alſo wirſt du mich weder einen Fremdling noch einen Koͤnig nen- nen — — Es ſey denn, daß dir dieſes koͤniglich ſcheine, wenn man nicht nur keinen Menſchen, ſon- dern auch ſo gar keine Begierde uͤber ſich will herr- ſchen laſſen; wenn man uͤber alle Luͤſte weg iſt; und weder Geld, noch Guͤter, noch andre Dinge dieſer Art vermißt: wenn man im Senat ſeine Meinung frey ſagt; den Nutzen des ganzen Volks ſeinen Neigungen vorzieht, keinem Menſchen aus Schwachheit nachgiebt, und ſich ſehr vielen wider- ſetzt — Wenn du das fuͤr koͤniglich haͤlſt; denn gebe ich mich fuͤr einen Koͤnig aus.‟ [Spaltenumbruch] (†) Einheit. (Schoͤne Kuͤnſte.) Dasjenige, wodurch wir uns viel Dinge als Theile Eigentlich iſt das Weſen eines Dinges der Grund Alſo iſt die Einheit der Grund der Vollkommen- Ein was gaͤnzlich und ohne Mangel das iſt, was esſeyn ſoll; ſchoͤn iſt das, deſſen Vollkommenheit man ſinnlich fuͤhlt oder empfindet. (*) Daher alſo kommt(*) S. Schoͤnheit, Vollkom- menheit. es, daß uns von Gegenſtaͤnden unſrer Betrachtung nichts gefallen kann, darin keine Einheit iſt, oder deſſen Einheit wir nicht erkennen, weil wir in dieſem Fall nicht beurtheilen koͤnnen, ob die Sache das iſt, was ſie ſeyn ſoll. Wenn uns irgend ein Werkzeug gewieſen wuͤrde, von deſſen Gebrauch wir uns gar keine Vorſtellung machen koͤnnen, ſo werden wir nie- mal ein Urtheil daruͤber faͤllen, ob es vollkommen oder unvollkommen ſey. So iſt es mit allen Din- gen, deren Betrachtung Gefallen oder Mißfallen erwekt. So oft unſere Aufmerkſamkeit auf einen Gegenſtand gerichtet wird, ſo haben wir entweder ſchon einen hellen oder dunkeln Begriff von ſeinem Weſen, naͤmlich von dem was er ſeyn ſoll, oder wir bilden uns erſt einen ſolchen Begriff. Mit die- ſem Jdeal vergleichen wir die vorhandene Sache, eben ſo, wie wir ein Bildniß mit dem Begriff, den wir von dem Original haben, vergleichen. Die Uebereinkunft des Wuͤrklichen mit dem Jdealen er- wekt Wolgefallen, die Abweichung des Wuͤrklichen vom Jdealen erwekt Mißfallen, weil wir einen Widerſpruch entdeken, und, welches uns unmoͤglich iſt, auf einmal zwey ſich widerſprechende Dinge uns vorſtellen ſollen. Dieſe Entwiklung der zur Einheit gehoͤrigen Be- wird (†) Neque peregrinum poſt hæc me dixeris neque re-
gem. Niſi ſorte regium tibi videtur ita vivere, ut non mo- do homini nemini, ſed ne cupiditati ulli ſervias, contemne- re omnes libidines, non auri, non argenti non cæterarum [Spaltenumbruch] rerum indigere: in ſenatu ſentire libere, populi utilitati ma- gis conſulere quam voluntati, nemini cedere, multis obſi- ſtere. Si hoc putes eſſe regium, me regem eſſe confiteor. Or. pro P. Sylla. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0314" n="302"/><cb/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ein</hi></fw><lb/> Ungereimtheit dieſer Verlaͤumdung, und ſchließt mit<lb/> folgendem Eingeſtaͤndniß. „Kuͤnftig alſo wirſt du<lb/> mich weder einen Fremdling noch einen Koͤnig nen-<lb/> nen — — Es ſey denn, daß dir dieſes koͤniglich<lb/> ſcheine, wenn man nicht nur keinen Menſchen, ſon-<lb/> dern auch ſo gar keine Begierde uͤber ſich will herr-<lb/> ſchen laſſen; wenn man uͤber alle Luͤſte weg iſt;<lb/> und weder Geld, noch Guͤter, noch andre Dinge<lb/> dieſer Art vermißt: wenn man im Senat ſeine<lb/> Meinung frey ſagt; den Nutzen des ganzen Volks<lb/> ſeinen Neigungen vorzieht, keinem Menſchen aus<lb/> Schwachheit nachgiebt, und ſich ſehr vielen wider-<lb/> ſetzt — Wenn du das fuͤr koͤniglich haͤlſt; denn gebe<lb/> ich mich fuͤr einen Koͤnig aus.‟ <cb/> <note place="foot" n="(†)"><hi rendition="#aq">Neque peregrinum poſt hæc me dixeris neque re-<lb/> gem. Niſi ſorte regium tibi videtur ita vivere, ut non mo-<lb/> do homini nemini, ſed ne cupiditati ulli ſervias, contemne-<lb/> re omnes libidines, non auri, non argenti non cæterarum<lb/><cb/> rerum indigere: in ſenatu ſentire libere, populi utilitati ma-<lb/> gis conſulere quam voluntati, nemini cedere, multis obſi-<lb/> ſtere. Si hoc putes eſſe regium, me regem eſſe confiteor.<lb/> Or. pro P. Sylla.</hi></note></p> </div><lb/> <div n="2"> <head><hi rendition="#g">Einheit.</hi><lb/> (Schoͤne Kuͤnſte.)</head><lb/> <p><hi rendition="#in">D</hi>asjenige, wodurch wir uns viel Dinge als Theile<lb/> eines Dinges vorſtellen. Sie entſteht aus einer<lb/> Verbindung der Theile, die uns hindert einen Theil<lb/> als etwas Ganzes anzuſehen. Viele auf einem Tiſch<lb/> neben einander ſtehende Gefaͤße, die man blos zum<lb/> Aufbehalten dahin geſezt hat, haben keine Verbin-<lb/> dung unter einander; man kann jedes fuͤr ſich, als<lb/> etwas Ganzes betrachten: hingegen haben die ver-<lb/> ſchiedenen Raͤder und andere Theile einer Uhr eine<lb/> ſolche Verbindung unter einander, daß eines allein,<lb/> von den uͤbrigen abgeſoͤndert, nichts Ganzes iſt, ſon-<lb/> dern ein Theil von etwas anderm. Alſo iſt in der<lb/> Uhr Einheit; in den auf einem Tiſche zuſammenge-<lb/> ſtellten Gefaͤßen aber iſt keine Einheit.</p><lb/> <p>Eigentlich iſt das Weſen eines Dinges der Grund<lb/> ſeiner Einheit, weil in dem Weſen der Grund liegt,<lb/> warum jeder Theil da iſt, und weil eben dieſes We-<lb/> ſen eine Veraͤnderung leiden wuͤrde, wenn ein Theil<lb/> nicht da waͤre. Alſo iſt Einheit in jeder Sache, die<lb/> ein Weſen hat, folglich in jeder Sache, von der es<lb/> moͤglich iſt zu ſagen, oder zu begreifen, was ſie<lb/> ſeyn ſoll. Daß eine ſolche Sache das iſt, was ſie<lb/> ſeyn ſoll, kommt daher, daß alles was dazu gehoͤret,<lb/> wuͤrklich in ihr vorhanden iſt.</p><lb/> <p>Alſo iſt die Einheit der Grund der Vollkommen-<lb/> heit und der Schoͤnheit; denn vollkommen iſt das,<lb/><cb/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ein</hi></fw><lb/> was gaͤnzlich und ohne Mangel das iſt, was es<lb/> ſeyn ſoll; ſchoͤn iſt das, deſſen Vollkommenheit man<lb/> ſinnlich fuͤhlt oder empfindet. (*) Daher alſo kommt<note place="right">(*) S.<lb/> Schoͤnheit,<lb/> Vollkom-<lb/> menheit.</note><lb/> es, daß uns von Gegenſtaͤnden unſrer Betrachtung<lb/> nichts gefallen kann, darin keine Einheit iſt, oder<lb/> deſſen Einheit wir nicht erkennen, weil wir in dieſem<lb/> Fall nicht beurtheilen koͤnnen, ob die Sache das iſt,<lb/> was ſie ſeyn ſoll. Wenn uns irgend ein Werkzeug<lb/> gewieſen wuͤrde, von deſſen Gebrauch wir uns gar<lb/> keine Vorſtellung machen koͤnnen, ſo werden wir nie-<lb/> mal ein Urtheil daruͤber faͤllen, ob es vollkommen<lb/> oder unvollkommen ſey. So iſt es mit allen Din-<lb/> gen, deren Betrachtung Gefallen oder Mißfallen<lb/> erwekt. So oft unſere Aufmerkſamkeit auf einen<lb/> Gegenſtand gerichtet wird, ſo haben wir entweder<lb/> ſchon einen hellen oder dunkeln Begriff von ſeinem<lb/> Weſen, naͤmlich von dem was er ſeyn ſoll, oder<lb/> wir bilden uns erſt einen ſolchen Begriff. Mit die-<lb/> ſem Jdeal vergleichen wir die vorhandene Sache,<lb/> eben ſo, wie wir ein Bildniß mit dem Begriff, den<lb/> wir von dem Original haben, vergleichen. Die<lb/> Uebereinkunft des Wuͤrklichen mit dem Jdealen er-<lb/> wekt Wolgefallen, die Abweichung des Wuͤrklichen<lb/> vom Jdealen erwekt Mißfallen, weil wir einen<lb/> Widerſpruch entdeken, und, welches uns unmoͤglich<lb/> iſt, auf einmal zwey ſich widerſprechende Dinge uns<lb/> vorſtellen ſollen.</p><lb/> <p>Dieſe Entwiklung der zur Einheit gehoͤrigen Be-<lb/> griffe hat das Anſehen einer Subtilitaͤt; ſie iſt aber<lb/> zu genauer Beſtimmung einiger Grundbegriffe der<lb/> Aeſthetik nothwendig. Wenn die Philoſophen ſagen,<lb/> die Vollkommenheit, und in ganz ſinnlichen Sachen<lb/> die Schoͤnheit, beſtehe aus Mannigfaltigkeit in Ein-<lb/> heit verbunden, ſo kann der Kuͤnſtler durch Huͤlfe<lb/> der vorhergegebenen Entwiklung dieſe Erklaͤrung<lb/> leicht faſſen. Er ſagt ſich, daß jedes Werk, das voll-<lb/> kommen oder das ſchoͤn ſeyn ſoll, ein beſtimmtes<lb/> Weſen haben muͤſſe, wodurch es zu <hi rendition="#fr">Einem</hi> Ding<lb/> wird, davon man ſich einen beſtimmten Begriff ma-<lb/> chen kann; daß die mannigfaltigen Theile deſſelben<lb/> ſo ſeyn muͤſſen, daß eben dadurch das Werk zu dem<lb/> Ding wird, das es nach jenem Begriff ſeyn ſoll.<lb/> So wird der Baumeiſter, wenn ihm aufgetragen<lb/> <fw place="bottom" type="catch">wird</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [302/0314]
Ein
Ein
Ungereimtheit dieſer Verlaͤumdung, und ſchließt mit
folgendem Eingeſtaͤndniß. „Kuͤnftig alſo wirſt du
mich weder einen Fremdling noch einen Koͤnig nen-
nen — — Es ſey denn, daß dir dieſes koͤniglich
ſcheine, wenn man nicht nur keinen Menſchen, ſon-
dern auch ſo gar keine Begierde uͤber ſich will herr-
ſchen laſſen; wenn man uͤber alle Luͤſte weg iſt;
und weder Geld, noch Guͤter, noch andre Dinge
dieſer Art vermißt: wenn man im Senat ſeine
Meinung frey ſagt; den Nutzen des ganzen Volks
ſeinen Neigungen vorzieht, keinem Menſchen aus
Schwachheit nachgiebt, und ſich ſehr vielen wider-
ſetzt — Wenn du das fuͤr koͤniglich haͤlſt; denn gebe
ich mich fuͤr einen Koͤnig aus.‟
(†)
Einheit.
(Schoͤne Kuͤnſte.)
Dasjenige, wodurch wir uns viel Dinge als Theile
eines Dinges vorſtellen. Sie entſteht aus einer
Verbindung der Theile, die uns hindert einen Theil
als etwas Ganzes anzuſehen. Viele auf einem Tiſch
neben einander ſtehende Gefaͤße, die man blos zum
Aufbehalten dahin geſezt hat, haben keine Verbin-
dung unter einander; man kann jedes fuͤr ſich, als
etwas Ganzes betrachten: hingegen haben die ver-
ſchiedenen Raͤder und andere Theile einer Uhr eine
ſolche Verbindung unter einander, daß eines allein,
von den uͤbrigen abgeſoͤndert, nichts Ganzes iſt, ſon-
dern ein Theil von etwas anderm. Alſo iſt in der
Uhr Einheit; in den auf einem Tiſche zuſammenge-
ſtellten Gefaͤßen aber iſt keine Einheit.
Eigentlich iſt das Weſen eines Dinges der Grund
ſeiner Einheit, weil in dem Weſen der Grund liegt,
warum jeder Theil da iſt, und weil eben dieſes We-
ſen eine Veraͤnderung leiden wuͤrde, wenn ein Theil
nicht da waͤre. Alſo iſt Einheit in jeder Sache, die
ein Weſen hat, folglich in jeder Sache, von der es
moͤglich iſt zu ſagen, oder zu begreifen, was ſie
ſeyn ſoll. Daß eine ſolche Sache das iſt, was ſie
ſeyn ſoll, kommt daher, daß alles was dazu gehoͤret,
wuͤrklich in ihr vorhanden iſt.
Alſo iſt die Einheit der Grund der Vollkommen-
heit und der Schoͤnheit; denn vollkommen iſt das,
was gaͤnzlich und ohne Mangel das iſt, was es
ſeyn ſoll; ſchoͤn iſt das, deſſen Vollkommenheit man
ſinnlich fuͤhlt oder empfindet. (*) Daher alſo kommt
es, daß uns von Gegenſtaͤnden unſrer Betrachtung
nichts gefallen kann, darin keine Einheit iſt, oder
deſſen Einheit wir nicht erkennen, weil wir in dieſem
Fall nicht beurtheilen koͤnnen, ob die Sache das iſt,
was ſie ſeyn ſoll. Wenn uns irgend ein Werkzeug
gewieſen wuͤrde, von deſſen Gebrauch wir uns gar
keine Vorſtellung machen koͤnnen, ſo werden wir nie-
mal ein Urtheil daruͤber faͤllen, ob es vollkommen
oder unvollkommen ſey. So iſt es mit allen Din-
gen, deren Betrachtung Gefallen oder Mißfallen
erwekt. So oft unſere Aufmerkſamkeit auf einen
Gegenſtand gerichtet wird, ſo haben wir entweder
ſchon einen hellen oder dunkeln Begriff von ſeinem
Weſen, naͤmlich von dem was er ſeyn ſoll, oder
wir bilden uns erſt einen ſolchen Begriff. Mit die-
ſem Jdeal vergleichen wir die vorhandene Sache,
eben ſo, wie wir ein Bildniß mit dem Begriff, den
wir von dem Original haben, vergleichen. Die
Uebereinkunft des Wuͤrklichen mit dem Jdealen er-
wekt Wolgefallen, die Abweichung des Wuͤrklichen
vom Jdealen erwekt Mißfallen, weil wir einen
Widerſpruch entdeken, und, welches uns unmoͤglich
iſt, auf einmal zwey ſich widerſprechende Dinge uns
vorſtellen ſollen.
(*) S.
Schoͤnheit,
Vollkom-
menheit.
Dieſe Entwiklung der zur Einheit gehoͤrigen Be-
griffe hat das Anſehen einer Subtilitaͤt; ſie iſt aber
zu genauer Beſtimmung einiger Grundbegriffe der
Aeſthetik nothwendig. Wenn die Philoſophen ſagen,
die Vollkommenheit, und in ganz ſinnlichen Sachen
die Schoͤnheit, beſtehe aus Mannigfaltigkeit in Ein-
heit verbunden, ſo kann der Kuͤnſtler durch Huͤlfe
der vorhergegebenen Entwiklung dieſe Erklaͤrung
leicht faſſen. Er ſagt ſich, daß jedes Werk, das voll-
kommen oder das ſchoͤn ſeyn ſoll, ein beſtimmtes
Weſen haben muͤſſe, wodurch es zu Einem Ding
wird, davon man ſich einen beſtimmten Begriff ma-
chen kann; daß die mannigfaltigen Theile deſſelben
ſo ſeyn muͤſſen, daß eben dadurch das Werk zu dem
Ding wird, das es nach jenem Begriff ſeyn ſoll.
So wird der Baumeiſter, wenn ihm aufgetragen
wird
(†) Neque peregrinum poſt hæc me dixeris neque re-
gem. Niſi ſorte regium tibi videtur ita vivere, ut non mo-
do homini nemini, ſed ne cupiditati ulli ſervias, contemne-
re omnes libidines, non auri, non argenti non cæterarum
rerum indigere: in ſenatu ſentire libere, populi utilitati ma-
gis conſulere quam voluntati, nemini cedere, multis obſi-
ſtere. Si hoc putes eſſe regium, me regem eſſe confiteor.
Or. pro P. Sylla.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |