Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771.[Spaltenumbruch]
Cad Auf dem letzten dieser drey Accorde wäre man nun [Abbildung]
keine würkliche Ruhe, sondern nur ein Stillstand [Abbildung]
Läßt man den Mittelaccord ganz weg, wie bey a, Mit diesen halben Cadenzen kann man kein Stük, Cad Cadenz, setzt die erste am meisten in Ruhe, dieandre weniger, die dritte am wenigsten. [Abbildung]
Die heutigen französischen Tonsetzer nehmen mit [Abbildung]
Die deutschen aber, denen diese dissonirende Sexte 3. Die unterbrochene Cadenz entstehet dadurch, [Abbildung]
da Erster Theil. A a
[Spaltenumbruch]
Cad Auf dem letzten dieſer drey Accorde waͤre man nun [Abbildung]
keine wuͤrkliche Ruhe, ſondern nur ein Stillſtand [Abbildung]
Laͤßt man den Mittelaccord ganz weg, wie bey a, Mit dieſen halben Cadenzen kann man kein Stuͤk, Cad Cadenz, ſetzt die erſte am meiſten in Ruhe, dieandre weniger, die dritte am wenigſten. [Abbildung]
Die heutigen franzoͤſiſchen Tonſetzer nehmen mit [Abbildung]
Die deutſchen aber, denen dieſe diſſonirende Sexte 3. Die unterbrochene Cadenz entſtehet dadurch, [Abbildung]
da Erſter Theil. A a
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Cad
Cad
Auf dem letzten dieſer drey Accorde waͤre man nun
wuͤrklich in G, der Ton C waͤr vergeſſen, und die
Cadenz waͤr ganz. Naͤhme man aber auf dem
zweyten Accord, anſtatt der groſſen Terz, die das
Subſemitonium von G iſt, die kleine Terz, die der
Haupttonart C dur eigen iſt, ſo wuͤrde auf dem
letzten Accord ungewiß, ob man wuͤrklich nach G
dur ausgewichen waͤre, oder, ob man in C bleibe, und
nur den Dreyklang ſeiner Quinte wolle hoͤren laſſen,
um hernach in der Haupttonart wieder fortzufahren.
Demnach iſt offenbar, daß durch dieſe Fortſchrei-
tung
[Abbildung]
keine wuͤrkliche Ruhe, ſondern nur ein Stillſtand
verurſachet wird, der aber, wegen der ſich dabey
aͤuſſernden Ungewißheit, nicht lange dauren kann.
Dieſes iſt die Natur der halben Cadenz, die, wie
die ganze, mehr oder weniger Kraft haben kann,
wie aus folgenden Beyſpielen erhellet.
[Abbildung]
Laͤßt man den Mittelaccord ganz weg, wie bey a,
ſo iſt die Ungewißheit am ſtaͤrkſten und folglich der
halbe Schluß am ſchwaͤchſten; nimmt man aber die-
ſen Mittelaccord mit der kleinen Terz, wie bey b, ſo
gleicht die halbe Cadenz etwas mehr einem Schluß
in dem Ton G. Von eben dieſem iſt die Form bey
c blos eine Verwechslung. Wuͤrde man die Ca-
denz aber ſo machen, wie bey d und e; ſo waͤre
man ſchon nach G wuͤrklich ausgewichen. Da aber
dieſes doch nicht in der Form der ganzen Cadenz ge-
ſchehen iſt, und man von da ohne Zwang wieder in
den Ton C zuruͤke kann, ſo bleibt auch dieſe Cadenz
noch weit von der Staͤrke der ganzen entfernt.
Mit dieſen halben Cadenzen kann man kein Stuͤk,
aber doch Hauptabſchnitte deſſelben endigen. Von
den drey hiernaͤchſt verzeichneten Arten dieſer halben
Cadenz, ſetzt die erſte am meiſten in Ruhe, die
andre weniger, die dritte am wenigſten.
[Abbildung]
Die heutigen franzoͤſiſchen Tonſetzer nehmen mit
Rameau an, daß dieſe halbe Cadenz, welcher ſie
den Namen der unvollkommenen, auch der irregu-
laͤren Cadenz geben, durch die, dem Dreyklang des
vorletzten Tones hinzugethane, groſſe Sexte muͤſſe
angekuͤndiget werden, welche ſie auf dem folgenden
Accord um einen Grad in die Hoͤhe treten laſſen,
wo ſie alsdenn zur groſſen Terz wird; alſo:
[Abbildung]
Die deutſchen aber, denen dieſe diſſonirende Sexte
nicht gefaͤllt, laſſen ſie als einen Durchgang hoͤren,
wie im zweyten Beyſpiel; nur in geſchwindem Zeit-
maaſſe laſſen ſie die Aufloͤſung dieſer Sexte, ſo wie
auch der Quinte in dem Satz [FORMEL], uͤber ſich gelten:
aber in langſamer Bewegung wird [FORMEL] allemal wie
die Verwechslung des Septimenaccords aufgeloͤſet.
3. Die unterbrochene Cadenz entſtehet dadurch,
daß die Erwartung eines Schluſſes erwekt, das
Gehoͤr aber durch einen unerwarteten Accord ge-
taͤuſcht wird, als:
[Abbildung]
da
Erſter Theil. A a
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