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Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771.

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C.


C.
(Musik.)

Mit diesem Buchstaben bezeichnet man den er-
sten oder untersten Ton jeder Octave unsrer
heutigen Tonleiter. Die Alten fiengen mit A an,
(*) Unser
heutiges
H.
und setzten ihre Töne in dieser Ordnung: A, B (*)
C, D, E, F, G; da wir sie in diese setzen: C,
D, E, F, G, A, B.
Man kann doch für die
itzige Tonleiter einen guten Grund angeben. Erst-
lich stellt sie die grössere, und also die vollkommnere
Tonart vor, weil C, E die grosse Terz ist, da die
Tonleiter A, B, C die kleine und unvollkommnere
Tonart vorstellt. Zweytens ist sie auch vollkomme-
(*) S.
Art. A.
ner, als die Aretinische, die von G anfängt: (*)
denn obgleich diese auch die grosse Tonart abbildet,
so ist doch hier die Terz G, H, durch A arithmetisch,
das ist, unvollkommener getheilt, da die Terz C, E,
(*) S.
arithme-
tisch; har-
monisch.
durch D harmonisch getheilt ist. (*) So wird man
also finden, daß es nicht möglich ist, dem Diato-
nischen System der Töne eine vollkommnere Ord-
nung zu geben, als die, welche von C anfängt.

C bedeutet auch einen Schlüssel, der durch
eines von diesen beyden Zeichen # #Z ange-
deutet wird, welche anzeigen, daß auf der Linie
die durch diesen Schlüssel geht, die Noten des
Tons C stehen. S. Schlüssel.

Cabinet.
(Baukunst.)

Ein kleineres, und in dem innern Raum einer
Wohnung liegendes, zu ruhigen Verrichtungen be-
stimmtes Zimmer. Man hat Cabinetter zum Schla-
fen, zum Studiren, zu geheimen Conferenzen;
und bey grossen Sammlungen der Werke der Na-
tur oder der Kunst giebt man insgemein den, an
den grossen Sälen liegenden, kleinen Zimmern, dar-
in kleinere und ausgesuchte Stüke aufbehalten sind,
den Namen der Cabinetter: daher denn durch eine
Verwechslung der Namen, die Sammlungen oder
Kunstsachen selbst, auch Cabinetter genennet wer-
den. Ein Cabinet liegt also seiner Bestimmung
zufolge, allemal hinter grössern Zimmern, und ist
von den Lauben und Fluhren, die zum gemeinen
[Spaltenumbruch] Gebrauch sind, am weitesten entfernt; weil die
Verrichtungen, die man darin vornimmt, Stille
erfodern. Jn den Wohnungen der Grossen müs-
sen in der Nähe der Audienzzimmer auch geheime
Cabineter seyn, zu denen man durch Nebentreppen
unbemerkt kommen kann: und es wäre ein wichti-
ger Fehler, wenn ein Baumeister in den Häusern
der Grossen dieses versäumte.

Cadenz.
(Musik.)

Dasjenige, wodurch in dem Gesang das Gefühl
des Endes, oder auch blos einer Ruhestelle, eines
Abschnitts oder Einschnitts erwekt wird. Der Ge-
sang muß, wie die Rede, aus mancherley Gliedern
bestehen, (*) die durch Einschnitte, durch längere
oder kürzere Ruhestellen, von einander abgesondert(*) S.
Glied; Ab-
schnitt;
Ganz; Pe-
riode.

find. Jn der Rede werden diese Glieder Einschnitte
und Perioden genennt, die man durch verschiedene
Zeichen, als , : ; ? ! . anzudeuten pflegt. Die
Glieder aber entstehen nicht durch diese Zeichen,
sondern aus der Anordnung der Begriffe, nach wel-
cher in der Rede, an den Stellen, wo diese Zeichen ste-
hen, ein mehr oder weniger vollständiger Sinn sich
endiget: zugleich aber auch aus der Folge der Töne;
denn in dem Vortrag der Rede werden diese Ruhe-
stellen, durch den stärkern oder schwächern Abfall
der Stimme, und durch längere oder kürzere Ver-
weilungen, auf der letzten Sylbe fühlbar gemacht.
Dieses sind eigentliche Cadenzen der Rede, und dar-
aus läßt sich schon begreifen, was die Cadenzen in
der Musik sind.

Jn einem Tonstük vertritt die Harmonie einiger-
maassen die Stelle der Begriffe der Rede; die Me-
lodie aber des Tones der Sylben. Wie nun die Ein-
schnitte und Perioden der Rede, sowol von den Be-
griffen, als von dem Ton der Worte abhangen,
so ist es auch in der Musik. Wir haben also hier
die Cadenzen, sowol in der Harmonie als in der
Melodie zu betrachten, und mit den ersten den An-
fang zu machen.

Es giebt also, sowol in der Rede, als in der
Sprache der Musik, zweyerley Glieder: in der

Rede
C.


C.
(Muſik.)

Mit dieſem Buchſtaben bezeichnet man den er-
ſten oder unterſten Ton jeder Octave unſrer
heutigen Tonleiter. Die Alten fiengen mit A an,
(*) Unſer
heutiges
H.
und ſetzten ihre Toͤne in dieſer Ordnung: A, B (*)
C, D, E, F, G; da wir ſie in dieſe ſetzen: C,
D, E, F, G, A, B.
Man kann doch fuͤr die
itzige Tonleiter einen guten Grund angeben. Erſt-
lich ſtellt ſie die groͤſſere, und alſo die vollkommnere
Tonart vor, weil C, E die groſſe Terz iſt, da die
Tonleiter A, B, C die kleine und unvollkommnere
Tonart vorſtellt. Zweytens iſt ſie auch vollkomme-
(*) S.
Art. A.
ner, als die Aretiniſche, die von G anfaͤngt: (*)
denn obgleich dieſe auch die groſſe Tonart abbildet,
ſo iſt doch hier die Terz G, H, durch A arithmetiſch,
das iſt, unvollkommener getheilt, da die Terz C, E,
(*) S.
arithme-
tiſch; har-
moniſch.
durch D harmoniſch getheilt iſt. (*) So wird man
alſo finden, daß es nicht moͤglich iſt, dem Diato-
niſchen Syſtem der Toͤne eine vollkommnere Ord-
nung zu geben, als die, welche von C anfaͤngt.

C bedeutet auch einen Schluͤſſel, der durch
eines von dieſen beyden Zeichen # #Z ange-
deutet wird, welche anzeigen, daß auf der Linie
die durch dieſen Schluͤſſel geht, die Noten des
Tons C ſtehen. S. Schluͤſſel.

Cabinet.
(Baukunſt.)

Ein kleineres, und in dem innern Raum einer
Wohnung liegendes, zu ruhigen Verrichtungen be-
ſtimmtes Zimmer. Man hat Cabinetter zum Schla-
fen, zum Studiren, zu geheimen Conferenzen;
und bey groſſen Sammlungen der Werke der Na-
tur oder der Kunſt giebt man insgemein den, an
den groſſen Saͤlen liegenden, kleinen Zimmern, dar-
in kleinere und ausgeſuchte Stuͤke aufbehalten ſind,
den Namen der Cabinetter: daher denn durch eine
Verwechslung der Namen, die Sammlungen oder
Kunſtſachen ſelbſt, auch Cabinetter genennet wer-
den. Ein Cabinet liegt alſo ſeiner Beſtimmung
zufolge, allemal hinter groͤſſern Zimmern, und iſt
von den Lauben und Fluhren, die zum gemeinen
[Spaltenumbruch] Gebrauch ſind, am weiteſten entfernt; weil die
Verrichtungen, die man darin vornimmt, Stille
erfodern. Jn den Wohnungen der Groſſen muͤſ-
ſen in der Naͤhe der Audienzzimmer auch geheime
Cabineter ſeyn, zu denen man durch Nebentreppen
unbemerkt kommen kann: und es waͤre ein wichti-
ger Fehler, wenn ein Baumeiſter in den Haͤuſern
der Groſſen dieſes verſaͤumte.

Cadenz.
(Muſik.)

Dasjenige, wodurch in dem Geſang das Gefuͤhl
des Endes, oder auch blos einer Ruheſtelle, eines
Abſchnitts oder Einſchnitts erwekt wird. Der Ge-
ſang muß, wie die Rede, aus mancherley Gliedern
beſtehen, (*) die durch Einſchnitte, durch laͤngere
oder kuͤrzere Ruheſtellen, von einander abgeſondert(*) S.
Glied; Ab-
ſchnitt;
Ganz; Pe-
riode.

find. Jn der Rede werden dieſe Glieder Einſchnitte
und Perioden genennt, die man durch verſchiedene
Zeichen, als , : ; ? ! . anzudeuten pflegt. Die
Glieder aber entſtehen nicht durch dieſe Zeichen,
ſondern aus der Anordnung der Begriffe, nach wel-
cher in der Rede, an den Stellen, wo dieſe Zeichen ſte-
hen, ein mehr oder weniger vollſtaͤndiger Sinn ſich
endiget: zugleich aber auch aus der Folge der Toͤne;
denn in dem Vortrag der Rede werden dieſe Ruhe-
ſtellen, durch den ſtaͤrkern oder ſchwaͤchern Abfall
der Stimme, und durch laͤngere oder kuͤrzere Ver-
weilungen, auf der letzten Sylbe fuͤhlbar gemacht.
Dieſes ſind eigentliche Cadenzen der Rede, und dar-
aus laͤßt ſich ſchon begreifen, was die Cadenzen in
der Muſik ſind.

Jn einem Tonſtuͤk vertritt die Harmonie einiger-
maaſſen die Stelle der Begriffe der Rede; die Me-
lodie aber des Tones der Sylben. Wie nun die Ein-
ſchnitte und Perioden der Rede, ſowol von den Be-
griffen, als von dem Ton der Worte abhangen,
ſo iſt es auch in der Muſik. Wir haben alſo hier
die Cadenzen, ſowol in der Harmonie als in der
Melodie zu betrachten, und mit den erſten den An-
fang zu machen.

Es giebt alſo, ſowol in der Rede, als in der
Sprache der Muſik, zweyerley Glieder: in der

Rede
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[182/0194] C. C. (Muſik.) Mit dieſem Buchſtaben bezeichnet man den er- ſten oder unterſten Ton jeder Octave unſrer heutigen Tonleiter. Die Alten fiengen mit A an, und ſetzten ihre Toͤne in dieſer Ordnung: A, B (*) C, D, E, F, G; da wir ſie in dieſe ſetzen: C, D, E, F, G, A, B. Man kann doch fuͤr die itzige Tonleiter einen guten Grund angeben. Erſt- lich ſtellt ſie die groͤſſere, und alſo die vollkommnere Tonart vor, weil C, E die groſſe Terz iſt, da die Tonleiter A, B, C die kleine und unvollkommnere Tonart vorſtellt. Zweytens iſt ſie auch vollkomme- ner, als die Aretiniſche, die von G anfaͤngt: (*) denn obgleich dieſe auch die groſſe Tonart abbildet, ſo iſt doch hier die Terz G, H, durch A arithmetiſch, das iſt, unvollkommener getheilt, da die Terz C, E, durch D harmoniſch getheilt iſt. (*) So wird man alſo finden, daß es nicht moͤglich iſt, dem Diato- niſchen Syſtem der Toͤne eine vollkommnere Ord- nung zu geben, als die, welche von C anfaͤngt. (*) Unſer heutiges H. (*) S. Art. A. (*) S. arithme- tiſch; har- moniſch. C bedeutet auch einen Schluͤſſel, der durch eines von dieſen beyden Zeichen # #Z ange- deutet wird, welche anzeigen, daß auf der Linie die durch dieſen Schluͤſſel geht, die Noten des Tons C ſtehen. S. Schluͤſſel. Cabinet. (Baukunſt.) Ein kleineres, und in dem innern Raum einer Wohnung liegendes, zu ruhigen Verrichtungen be- ſtimmtes Zimmer. Man hat Cabinetter zum Schla- fen, zum Studiren, zu geheimen Conferenzen; und bey groſſen Sammlungen der Werke der Na- tur oder der Kunſt giebt man insgemein den, an den groſſen Saͤlen liegenden, kleinen Zimmern, dar- in kleinere und ausgeſuchte Stuͤke aufbehalten ſind, den Namen der Cabinetter: daher denn durch eine Verwechslung der Namen, die Sammlungen oder Kunſtſachen ſelbſt, auch Cabinetter genennet wer- den. Ein Cabinet liegt alſo ſeiner Beſtimmung zufolge, allemal hinter groͤſſern Zimmern, und iſt von den Lauben und Fluhren, die zum gemeinen Gebrauch ſind, am weiteſten entfernt; weil die Verrichtungen, die man darin vornimmt, Stille erfodern. Jn den Wohnungen der Groſſen muͤſ- ſen in der Naͤhe der Audienzzimmer auch geheime Cabineter ſeyn, zu denen man durch Nebentreppen unbemerkt kommen kann: und es waͤre ein wichti- ger Fehler, wenn ein Baumeiſter in den Haͤuſern der Groſſen dieſes verſaͤumte. Cadenz. (Muſik.) Dasjenige, wodurch in dem Geſang das Gefuͤhl des Endes, oder auch blos einer Ruheſtelle, eines Abſchnitts oder Einſchnitts erwekt wird. Der Ge- ſang muß, wie die Rede, aus mancherley Gliedern beſtehen, (*) die durch Einſchnitte, durch laͤngere oder kuͤrzere Ruheſtellen, von einander abgeſondert find. Jn der Rede werden dieſe Glieder Einſchnitte und Perioden genennt, die man durch verſchiedene Zeichen, als , : ; ? ! . anzudeuten pflegt. Die Glieder aber entſtehen nicht durch dieſe Zeichen, ſondern aus der Anordnung der Begriffe, nach wel- cher in der Rede, an den Stellen, wo dieſe Zeichen ſte- hen, ein mehr oder weniger vollſtaͤndiger Sinn ſich endiget: zugleich aber auch aus der Folge der Toͤne; denn in dem Vortrag der Rede werden dieſe Ruhe- ſtellen, durch den ſtaͤrkern oder ſchwaͤchern Abfall der Stimme, und durch laͤngere oder kuͤrzere Ver- weilungen, auf der letzten Sylbe fuͤhlbar gemacht. Dieſes ſind eigentliche Cadenzen der Rede, und dar- aus laͤßt ſich ſchon begreifen, was die Cadenzen in der Muſik ſind. (*) S. Glied; Ab- ſchnitt; Ganz; Pe- riode. Jn einem Tonſtuͤk vertritt die Harmonie einiger- maaſſen die Stelle der Begriffe der Rede; die Me- lodie aber des Tones der Sylben. Wie nun die Ein- ſchnitte und Perioden der Rede, ſowol von den Be- griffen, als von dem Ton der Worte abhangen, ſo iſt es auch in der Muſik. Wir haben alſo hier die Cadenzen, ſowol in der Harmonie als in der Melodie zu betrachten, und mit den erſten den An- fang zu machen. Es giebt alſo, ſowol in der Rede, als in der Sprache der Muſik, zweyerley Glieder: in der Rede

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie01_1771/194>, abgerufen am 26.04.2024.