Saone aufgenommen hat. Dadurch entstund also an der Abendseite der Stadt eine lange dreyeckige Jnsel, die wegen ihrer niedrigen Lage den Ueberschwemmun- gen ausgesetzt und unbebaut war. Ein sehr geschickter lyonischer Künstler und Baumeister, Namens Per- rache, entwarf den Plan durch Bebauung des obern und breiten Theils dieser Jnsel, nicht nur die Stadt ansehnlich zu vergrößern, sondern ihr zugleich noch an- dre beträchtliche Vortheile zu verschaffen. Dieser große und kühne Plan begreift hauptsächlich drey wich- tige Punkte.
Erstlich sollte der Hauptstrom der Rhone gerade da, wo er den Ellbogen macht, um zwischen der Stadt und der Jnsel gegen die Saone hinzufließen, zu- gedämmt, und dadurch gezwungen werden, seinen ge- raden Lauf von Morgen gegen Abend längst gedachter Jnsel fortzusetzen, und sich erst an der Spitze dersel- ben mit der Saone zu vereinigen. Der Kay längst der Stadt sollte also in gerader Linie bis an die untere Spitze der Jnsel verlängert werden, wodurch er eine völlige französische Lieue lang würde. An dem untern Ende der Jnsel sollte eine steinerne Brücke über die Saone gebaut werden, vermittelst welcher man an das rechte Ufer dieses Flusses, von da aus aber durch eine neue anzulegende Straße nach den innern Provinzen von Frankreich durch einen bessern und weit beque- mern Weg kommen sollte. Dies wäre der erste Vor- theil des Projekts.
Zweytens sollte das zuzudämmende Bette der Rhone an der Abendseite der Stadt ausgefüllt, mit- hin die Jnsel unmittelbar an die Stadt gehängt, und da ein großes und neues Quartier der Stadt gebaut
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Tagebuch von einer nach Nizza
Saone aufgenommen hat. Dadurch entſtund alſo an der Abendſeite der Stadt eine lange dreyeckige Jnſel, die wegen ihrer niedrigen Lage den Ueberſchwemmun- gen ausgeſetzt und unbebaut war. Ein ſehr geſchickter lyoniſcher Kuͤnſtler und Baumeiſter, Namens Per- rache, entwarf den Plan durch Bebauung des obern und breiten Theils dieſer Jnſel, nicht nur die Stadt anſehnlich zu vergroͤßern, ſondern ihr zugleich noch an- dre betraͤchtliche Vortheile zu verſchaffen. Dieſer große und kuͤhne Plan begreift hauptſaͤchlich drey wich- tige Punkte.
Erſtlich ſollte der Hauptſtrom der Rhone gerade da, wo er den Ellbogen macht, um zwiſchen der Stadt und der Jnſel gegen die Saone hinzufließen, zu- gedaͤmmt, und dadurch gezwungen werden, ſeinen ge- raden Lauf von Morgen gegen Abend laͤngſt gedachter Jnſel fortzuſetzen, und ſich erſt an der Spitze derſel- ben mit der Saone zu vereinigen. Der Kay laͤngſt der Stadt ſollte alſo in gerader Linie bis an die untere Spitze der Jnſel verlaͤngert werden, wodurch er eine voͤllige franzoͤſiſche Lieue lang wuͤrde. An dem untern Ende der Jnſel ſollte eine ſteinerne Bruͤcke uͤber die Saone gebaut werden, vermittelſt welcher man an das rechte Ufer dieſes Fluſſes, von da aus aber durch eine neue anzulegende Straße nach den innern Provinzen von Frankreich durch einen beſſern und weit beque- mern Weg kommen ſollte. Dies waͤre der erſte Vor- theil des Projekts.
Zweytens ſollte das zuzudaͤmmende Bette der Rhone an der Abendſeite der Stadt ausgefuͤllt, mit- hin die Jnſel unmittelbar an die Stadt gehaͤngt, und da ein großes und neues Quartier der Stadt gebaut
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Tagebuch von einer nach Nizza
Saone aufgenommen hat. Dadurch entſtund alſo an
der Abendſeite der Stadt eine lange dreyeckige Jnſel,
die wegen ihrer niedrigen Lage den Ueberſchwemmun-
gen ausgeſetzt und unbebaut war. Ein ſehr geſchickter
lyoniſcher Kuͤnſtler und Baumeiſter, Namens Per-
rache, entwarf den Plan durch Bebauung des obern
und breiten Theils dieſer Jnſel, nicht nur die Stadt
anſehnlich zu vergroͤßern, ſondern ihr zugleich noch an-
dre betraͤchtliche Vortheile zu verſchaffen. Dieſer
große und kuͤhne Plan begreift hauptſaͤchlich drey wich-
tige Punkte.
Erſtlich ſollte der Hauptſtrom der Rhone gerade
da, wo er den Ellbogen macht, um zwiſchen der
Stadt und der Jnſel gegen die Saone hinzufließen, zu-
gedaͤmmt, und dadurch gezwungen werden, ſeinen ge-
raden Lauf von Morgen gegen Abend laͤngſt gedachter
Jnſel fortzuſetzen, und ſich erſt an der Spitze derſel-
ben mit der Saone zu vereinigen. Der Kay laͤngſt
der Stadt ſollte alſo in gerader Linie bis an die untere
Spitze der Jnſel verlaͤngert werden, wodurch er eine
voͤllige franzoͤſiſche Lieue lang wuͤrde. An dem untern
Ende der Jnſel ſollte eine ſteinerne Bruͤcke uͤber die
Saone gebaut werden, vermittelſt welcher man an das
rechte Ufer dieſes Fluſſes, von da aus aber durch eine
neue anzulegende Straße nach den innern Provinzen
von Frankreich durch einen beſſern und weit beque-
mern Weg kommen ſollte. Dies waͤre der erſte Vor-
theil des Projekts.
Zweytens ſollte das zuzudaͤmmende Bette der
Rhone an der Abendſeite der Stadt ausgefuͤllt, mit-
hin die Jnſel unmittelbar an die Stadt gehaͤngt, und
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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/94>, abgerufen am 22.07.2024.
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