Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.gethanen Reise. gend gesehen, wie hier; alles lebt, arbeitet und be-strebt sich in diesen seelenvollen Gesichtern. Schwer- lich wird man irgendwo eine Stadt finden, wo der ge- meine Mann so viel Kenntniß, Geschmack an Littera- tur und Lust sich zu unterrichten hat, als hier. Es giebt hier eine Menge Handwerksleute, die nach ver- richteter Arbeit sich mit Lesen der besten Bücher be- schäfftigen, und so viel Kenntniß der Geschichte, der Geographie, der Werke des Witzes und selbst der Phi- losophie haben, als in manchen Ländern unter den Vornehmsten schwerlich angetroffen wird. Verschiedene Gelehrte, die ich hier gern besucht Den 16 Octob. Reise von Genthod über Cou-Abreise von Genthod nach Frank- reich. lange nach Chatillon. Der Weg geht durch die Landschaft Gex, und ist kommt E 2
gethanen Reiſe. gend geſehen, wie hier; alles lebt, arbeitet und be-ſtrebt ſich in dieſen ſeelenvollen Geſichtern. Schwer- lich wird man irgendwo eine Stadt finden, wo der ge- meine Mann ſo viel Kenntniß, Geſchmack an Littera- tur und Luſt ſich zu unterrichten hat, als hier. Es giebt hier eine Menge Handwerksleute, die nach ver- richteter Arbeit ſich mit Leſen der beſten Buͤcher be- ſchaͤfftigen, und ſo viel Kenntniß der Geſchichte, der Geographie, der Werke des Witzes und ſelbſt der Phi- loſophie haben, als in manchen Laͤndern unter den Vornehmſten ſchwerlich angetroffen wird. Verſchiedene Gelehrte, die ich hier gern beſucht Den 16 Octob. Reiſe von Genthod uͤber Cou-Abreiſe von Genthod nach Frank- reich. lange nach Chatillon. Der Weg geht durch die Landſchaft Gex, und iſt kommt E 2
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gethanen Reiſe.
gend geſehen, wie hier; alles lebt, arbeitet und be-
ſtrebt ſich in dieſen ſeelenvollen Geſichtern. Schwer-
lich wird man irgendwo eine Stadt finden, wo der ge-
meine Mann ſo viel Kenntniß, Geſchmack an Littera-
tur und Luſt ſich zu unterrichten hat, als hier. Es
giebt hier eine Menge Handwerksleute, die nach ver-
richteter Arbeit ſich mit Leſen der beſten Buͤcher be-
ſchaͤfftigen, und ſo viel Kenntniß der Geſchichte, der
Geographie, der Werke des Witzes und ſelbſt der Phi-
loſophie haben, als in manchen Laͤndern unter den
Vornehmſten ſchwerlich angetroffen wird.
Verſchiedene Gelehrte, die ich hier gern beſucht
haͤtte, waren abweſend, und hielten ſich jetzt auf dem
Lande auf; wir ſtiegen alſo blos bey dem Herrn von
Sauſſure und bey dem Profeſſor Bertrand, den
ich ehedem in Berlin gekannt hatte, ab. Hr. Bon-
net hatte den guten Einfall, um mir das Vergnuͤgen,
mit dieſen Herren umzugehen, zu verlaͤngern, ſie ein-
zuladen, mit uns nach Genthod herauszufahren,
welches ſie auch annahmen. Alſo wandten wir die
uͤbrige Zeit bis auf den Mittag an, die Stadt zu be-
ſehen, und kehrten hierauf ſehr vergnuͤgt auf das Land
zuruͤck.
Den 16 Octob. Reiſe von Genthod uͤber Cou-
lange nach Chatillon.
Der Weg geht durch die Landſchaft Gex, und iſt
bis Coulange ein paar Meilen weit von Geneve gut
und angenehm. Man faͤhrt erſt uͤber das hohe Land
an dem See weg gegen den Berg Jura hin, den
man von Ferney aus mit dem tiefen daran ſtoßenden
Lande beſtaͤndig im Geſicht hat. Nach einer Stunde
kommt
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