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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

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von Nizza nach Deutschland.
ersten Tabakspflanzungen an. Es wird ziemlich au-
genscheinlich, daß das Volk in Franken im Feldbau
sowohl als im Fabrikwesen mehr Neues versuchet,
und überhaupt sich in mannichfaltigere Unternehmun-
gen einläßt, als die Schwaben, welche mehr auf
dem von alten Zeiten her gebahnten Wege fortgehen.
Vermuthlich hat die ehemalige sehr ausgebreitete
Handlung der Stadt Nürnberg diesen Geist des im-
mer auf neue Weise wirksamen Fleisses in dem Lande
ausgebreitet. Dessen ungeachtet scheinet überhaupt
doch in Schwaben durchgehends mehr Wohlstand zu
herrschen als in Franken.

Jch fand auf diesem Wege einige Leute beschäff-
tiget, das bey weitem noch nicht reife Getraide, da
es sich kaum zu entfärben angefangen hatte, abzuschnei-
den. Auf Befragen, warum sie die reife Erndte
nicht abwarteten, sagten sie mir ganz gelassen, sie
müßten es unreif nehmen, wenn sie es nicht gänzlich
vom Wild abgefressen und verwüstet sehen wollten.
Nicht weit davon fuhr ich neben Aeckern vorbey, die mit
Ertoffeln angepflanzt waren, die mir ein eben so trau-
riges Nachdenken verursachten. Auf dem ganzen Fel-
de waren wenig Schritte auseinander kleine Stöcke in
die Erde gesteckt, und von jedem auf die nächst um
ihn stehenden Faden gezogen, an denen dünne hölzer-
ne Schindeln, Stücken zerbrochener Glasscheiben,
Papiere und Lappen überall angehängt waren, um
das Wild von diesen Aeckern zu verscheuchen. Ein
trauriger Beweis einer barbarischen Geringschätzung
des Landmannes, der vielleicht jeden Thaler, den der
Landesherr vom Verkauf, oder für seinen Verbrauch
des Wildprets ziehet, mit zehen Thaler Schaden an

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von Nizza nach Deutſchland.
erſten Tabakspflanzungen an. Es wird ziemlich au-
genſcheinlich, daß das Volk in Franken im Feldbau
ſowohl als im Fabrikweſen mehr Neues verſuchet,
und uͤberhaupt ſich in mannichfaltigere Unternehmun-
gen einlaͤßt, als die Schwaben, welche mehr auf
dem von alten Zeiten her gebahnten Wege fortgehen.
Vermuthlich hat die ehemalige ſehr ausgebreitete
Handlung der Stadt Nuͤrnberg dieſen Geiſt des im-
mer auf neue Weiſe wirkſamen Fleiſſes in dem Lande
ausgebreitet. Deſſen ungeachtet ſcheinet uͤberhaupt
doch in Schwaben durchgehends mehr Wohlſtand zu
herrſchen als in Franken.

Jch fand auf dieſem Wege einige Leute beſchaͤff-
tiget, das bey weitem noch nicht reife Getraide, da
es ſich kaum zu entfaͤrben angefangen hatte, abzuſchnei-
den. Auf Befragen, warum ſie die reife Erndte
nicht abwarteten, ſagten ſie mir ganz gelaſſen, ſie
muͤßten es unreif nehmen, wenn ſie es nicht gaͤnzlich
vom Wild abgefreſſen und verwuͤſtet ſehen wollten.
Nicht weit davon fuhr ich neben Aeckern vorbey, die mit
Ertoffeln angepflanzt waren, die mir ein eben ſo trau-
riges Nachdenken verurſachten. Auf dem ganzen Fel-
de waren wenig Schritte auseinander kleine Stoͤcke in
die Erde geſteckt, und von jedem auf die naͤchſt um
ihn ſtehenden Faden gezogen, an denen duͤnne hoͤlzer-
ne Schindeln, Stuͤcken zerbrochener Glasſcheiben,
Papiere und Lappen uͤberall angehaͤngt waren, um
das Wild von dieſen Aeckern zu verſcheuchen. Ein
trauriger Beweis einer barbariſchen Geringſchaͤtzung
des Landmannes, der vielleicht jeden Thaler, den der
Landesherr vom Verkauf, oder fuͤr ſeinen Verbrauch
des Wildprets ziehet, mit zehen Thaler Schaden an

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[405/0425] von Nizza nach Deutſchland. erſten Tabakspflanzungen an. Es wird ziemlich au- genſcheinlich, daß das Volk in Franken im Feldbau ſowohl als im Fabrikweſen mehr Neues verſuchet, und uͤberhaupt ſich in mannichfaltigere Unternehmun- gen einlaͤßt, als die Schwaben, welche mehr auf dem von alten Zeiten her gebahnten Wege fortgehen. Vermuthlich hat die ehemalige ſehr ausgebreitete Handlung der Stadt Nuͤrnberg dieſen Geiſt des im- mer auf neue Weiſe wirkſamen Fleiſſes in dem Lande ausgebreitet. Deſſen ungeachtet ſcheinet uͤberhaupt doch in Schwaben durchgehends mehr Wohlſtand zu herrſchen als in Franken. Jch fand auf dieſem Wege einige Leute beſchaͤff- tiget, das bey weitem noch nicht reife Getraide, da es ſich kaum zu entfaͤrben angefangen hatte, abzuſchnei- den. Auf Befragen, warum ſie die reife Erndte nicht abwarteten, ſagten ſie mir ganz gelaſſen, ſie muͤßten es unreif nehmen, wenn ſie es nicht gaͤnzlich vom Wild abgefreſſen und verwuͤſtet ſehen wollten. Nicht weit davon fuhr ich neben Aeckern vorbey, die mit Ertoffeln angepflanzt waren, die mir ein eben ſo trau- riges Nachdenken verurſachten. Auf dem ganzen Fel- de waren wenig Schritte auseinander kleine Stoͤcke in die Erde geſteckt, und von jedem auf die naͤchſt um ihn ſtehenden Faden gezogen, an denen duͤnne hoͤlzer- ne Schindeln, Stuͤcken zerbrochener Glasſcheiben, Papiere und Lappen uͤberall angehaͤngt waren, um das Wild von dieſen Aeckern zu verſcheuchen. Ein trauriger Beweis einer barbariſchen Geringſchaͤtzung des Landmannes, der vielleicht jeden Thaler, den der Landesherr vom Verkauf, oder fuͤr ſeinen Verbrauch des Wildprets ziehet, mit zehen Thaler Schaden an ſei- C c 3

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/425>, abgerufen am 24.11.2024.