Den 6 Septemb. Von Langenbrück über Bruch- sal, Durlach und Carlsruh nach Rastadt.
Langenbrück ist ein sehr schönes, großes, und, aus der Größe und guten Beschaffenheit der Häuser zu schließen, reiches Dorf, das dem Bischof von Speyer gehört. Von diesem Ort aus nimmt die große Fruchtbarkeit des Landes allmählig etwas ab, und wird endlich in dem Baadenschen bis Rastadt und weiter hinaus noch geringer. Der Weg bleibt aber immer noch ganz angenehm.
Bruchsal.
Als ich nach Bruchsal kam, wurde ich bey der Einfahrt in die Vorstadt, die eigentlich die Residenz des Bischofs ausmacht, von der Reinlichkeit, Schön- heit und da herrschenden Ordnung recht lebhaft ge- rührt. Schon das Thor, dadurch man in diese Vorstadt kommt, ist von edler Bauart, und kündigt einen Ort an, wo der gute Geschmack der Bauart herrscht. Beym Eintritt in diese Vorstadt kommt man auf einen ziemlich großen Platz, der mit vielen zum bischöflichen Palast, dessen Vorhof rechter Hand dieses Platzes liegt, gehörigen sehr artigen Gebäuden umgeben ist. Von diesem Platz aus geht eine breite gerade Straße gegen das Thor der Stadt. Es herr- schet in dieser Vorstadt eine solche Reinlichkeit, Net- tigkeit und Zierlichkeit in allen, auch den geringsten Nebengebäuden, daß man beynahe eher eine Opern- decoration als einen wirklichen Platz in einer Stadt zu sehen glaubt. Jch habe viele größere und präch- tigere Plätze gesehen, aber keinen so anmuthigen als diesen. Jn dem Städtchen selbst sah ich viele neue, theils fertige, theils angefangene kleine Bürgerhäuser,
alle
Tagebuch von einer nach Nizza
Den 6 Septemb. Von Langenbruͤck uͤber Bruch- ſal, Durlach und Carlsruh nach Raſtadt.
Langenbruͤck iſt ein ſehr ſchoͤnes, großes, und, aus der Groͤße und guten Beſchaffenheit der Haͤuſer zu ſchließen, reiches Dorf, das dem Biſchof von Speyer gehoͤrt. Von dieſem Ort aus nimmt die große Fruchtbarkeit des Landes allmaͤhlig etwas ab, und wird endlich in dem Baadenſchen bis Raſtadt und weiter hinaus noch geringer. Der Weg bleibt aber immer noch ganz angenehm.
Bruchſal.
Als ich nach Bruchſal kam, wurde ich bey der Einfahrt in die Vorſtadt, die eigentlich die Reſidenz des Biſchofs ausmacht, von der Reinlichkeit, Schoͤn- heit und da herrſchenden Ordnung recht lebhaft ge- ruͤhrt. Schon das Thor, dadurch man in dieſe Vorſtadt kommt, iſt von edler Bauart, und kuͤndigt einen Ort an, wo der gute Geſchmack der Bauart herrſcht. Beym Eintritt in dieſe Vorſtadt kommt man auf einen ziemlich großen Platz, der mit vielen zum biſchoͤflichen Palaſt, deſſen Vorhof rechter Hand dieſes Platzes liegt, gehoͤrigen ſehr artigen Gebaͤuden umgeben iſt. Von dieſem Platz aus geht eine breite gerade Straße gegen das Thor der Stadt. Es herr- ſchet in dieſer Vorſtadt eine ſolche Reinlichkeit, Net- tigkeit und Zierlichkeit in allen, auch den geringſten Nebengebaͤuden, daß man beynahe eher eine Opern- decoration als einen wirklichen Platz in einer Stadt zu ſehen glaubt. Jch habe viele groͤßere und praͤch- tigere Plaͤtze geſehen, aber keinen ſo anmuthigen als dieſen. Jn dem Staͤdtchen ſelbſt ſah ich viele neue, theils fertige, theils angefangene kleine Buͤrgerhaͤuſer,
alle
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0040"n="22"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Tagebuch von einer nach Nizza</hi></fw><lb/><divtype="diaryEntry"n="2"><head>Den 6 Septemb. Von <hirendition="#fr">Langenbruͤck</hi> uͤber <hirendition="#fr">Bruch-</hi><lb/><hirendition="#et"><hirendition="#fr">ſal, Durlach</hi> und <hirendition="#fr">Carlsruh</hi> nach <hirendition="#fr">Raſtadt.</hi></hi></head><lb/><p><hirendition="#fr">Langenbruͤck</hi> iſt ein ſehr ſchoͤnes, großes, und,<lb/>
aus der Groͤße und guten Beſchaffenheit der Haͤuſer<lb/>
zu ſchließen, reiches Dorf, das dem Biſchof von<lb/><hirendition="#fr">Speyer</hi> gehoͤrt. Von dieſem Ort aus nimmt die<lb/>
große Fruchtbarkeit des Landes allmaͤhlig etwas ab, und<lb/>
wird endlich in dem <hirendition="#fr">Baadenſchen</hi> bis <hirendition="#fr">Raſtadt</hi> und<lb/>
weiter hinaus noch geringer. Der Weg bleibt aber<lb/>
immer noch ganz angenehm.</p><lb/><noteplace="left">Bruchſal.</note><p>Als ich nach <hirendition="#fr">Bruchſal</hi> kam, wurde ich bey der<lb/>
Einfahrt in die Vorſtadt, die eigentlich die Reſidenz<lb/>
des Biſchofs ausmacht, von der Reinlichkeit, Schoͤn-<lb/>
heit und da herrſchenden Ordnung recht lebhaft ge-<lb/>
ruͤhrt. Schon das Thor, dadurch man in dieſe<lb/>
Vorſtadt kommt, iſt von edler Bauart, und kuͤndigt<lb/>
einen Ort an, wo der gute Geſchmack der Bauart<lb/>
herrſcht. Beym Eintritt in dieſe Vorſtadt kommt<lb/>
man auf einen ziemlich großen Platz, der mit vielen<lb/>
zum biſchoͤflichen Palaſt, deſſen Vorhof rechter Hand<lb/>
dieſes Platzes liegt, gehoͤrigen ſehr artigen Gebaͤuden<lb/>
umgeben iſt. Von dieſem Platz aus geht eine breite<lb/>
gerade Straße gegen das Thor der Stadt. Es herr-<lb/>ſchet in dieſer Vorſtadt eine ſolche Reinlichkeit, Net-<lb/>
tigkeit und Zierlichkeit in allen, auch den geringſten<lb/>
Nebengebaͤuden, daß man beynahe eher eine Opern-<lb/>
decoration als einen wirklichen Platz in einer Stadt<lb/>
zu ſehen glaubt. Jch habe viele groͤßere und praͤch-<lb/>
tigere Plaͤtze geſehen, aber keinen ſo anmuthigen als<lb/>
dieſen. Jn dem Staͤdtchen ſelbſt ſah ich viele neue,<lb/>
theils fertige, theils angefangene kleine Buͤrgerhaͤuſer,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">alle</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[22/0040]
Tagebuch von einer nach Nizza
Den 6 Septemb. Von Langenbruͤck uͤber Bruch-
ſal, Durlach und Carlsruh nach Raſtadt.
Langenbruͤck iſt ein ſehr ſchoͤnes, großes, und,
aus der Groͤße und guten Beſchaffenheit der Haͤuſer
zu ſchließen, reiches Dorf, das dem Biſchof von
Speyer gehoͤrt. Von dieſem Ort aus nimmt die
große Fruchtbarkeit des Landes allmaͤhlig etwas ab, und
wird endlich in dem Baadenſchen bis Raſtadt und
weiter hinaus noch geringer. Der Weg bleibt aber
immer noch ganz angenehm.
Als ich nach Bruchſal kam, wurde ich bey der
Einfahrt in die Vorſtadt, die eigentlich die Reſidenz
des Biſchofs ausmacht, von der Reinlichkeit, Schoͤn-
heit und da herrſchenden Ordnung recht lebhaft ge-
ruͤhrt. Schon das Thor, dadurch man in dieſe
Vorſtadt kommt, iſt von edler Bauart, und kuͤndigt
einen Ort an, wo der gute Geſchmack der Bauart
herrſcht. Beym Eintritt in dieſe Vorſtadt kommt
man auf einen ziemlich großen Platz, der mit vielen
zum biſchoͤflichen Palaſt, deſſen Vorhof rechter Hand
dieſes Platzes liegt, gehoͤrigen ſehr artigen Gebaͤuden
umgeben iſt. Von dieſem Platz aus geht eine breite
gerade Straße gegen das Thor der Stadt. Es herr-
ſchet in dieſer Vorſtadt eine ſolche Reinlichkeit, Net-
tigkeit und Zierlichkeit in allen, auch den geringſten
Nebengebaͤuden, daß man beynahe eher eine Opern-
decoration als einen wirklichen Platz in einer Stadt
zu ſehen glaubt. Jch habe viele groͤßere und praͤch-
tigere Plaͤtze geſehen, aber keinen ſo anmuthigen als
dieſen. Jn dem Staͤdtchen ſelbſt ſah ich viele neue,
theils fertige, theils angefangene kleine Buͤrgerhaͤuſer,
alle
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/40>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.