Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.von Nizza nach Deutschland. scheichelt sich, daß sie in diesem Fache ganz vollständigsey. Jn der That ist die Anzahl der italiänischen dra- matischen Stücke, die hier beysammen sind, erstaun- lich groß, und wäre ein sehr brauchbarer Stoff zu ei- ner vollständigen Geschichte der italiänischen Schau- bühne. Als besonders rar zeigte er mir ein Bändchen, das vier Comödien von dem berüchtigten Aretino ent- hält. Es wäre doch Schade, wenn sich nicht jemand fände, der diesen so reichen Vorrath zu einer guten Geschichte nutzte. Noch sah ich bey diesem höflichen und gefälligen Manne die Originalzeichnung des gros- sen Leonardo da Vinci von dem berühmten Gemälde,Gemälde des da Vinci. il Cenacolo, das in dem Refectorio der Dominicaner von der Madonna delle Grazie von der Hand die- ses Künstlers noch zu sehen ist. Die Zeichnung ist auf graues Papier, etwa 7 Fuß lang und 3 Fuß hoch. Sie ist doch nicht so ganz erhalten, daß nicht einige Ergänzungen einer neuern Hand darin zu sehen wären. Jetzt wird dieses schöne Stück in Kupfer gestochen. Das berühmte Originalgemälde selbst, das an wirft, X 5
von Nizza nach Deutſchland. ſcheichelt ſich, daß ſie in dieſem Fache ganz vollſtaͤndigſey. Jn der That iſt die Anzahl der italiaͤniſchen dra- matiſchen Stuͤcke, die hier beyſammen ſind, erſtaun- lich groß, und waͤre ein ſehr brauchbarer Stoff zu ei- ner vollſtaͤndigen Geſchichte der italiaͤniſchen Schau- buͤhne. Als beſonders rar zeigte er mir ein Baͤndchen, das vier Comoͤdien von dem beruͤchtigten Aretino ent- haͤlt. Es waͤre doch Schade, wenn ſich nicht jemand faͤnde, der dieſen ſo reichen Vorrath zu einer guten Geſchichte nutzte. Noch ſah ich bey dieſem hoͤflichen und gefaͤlligen Manne die Originalzeichnung des groſ- ſen Leonardo da Vinci von dem beruͤhmten Gemaͤlde,Gemaͤlde des da Vinci. il Cenacolo, das in dem Refectorio der Dominicaner von der Madonna delle Grazie von der Hand die- ſes Kuͤnſtlers noch zu ſehen iſt. Die Zeichnung iſt auf graues Papier, etwa 7 Fuß lang und 3 Fuß hoch. Sie iſt doch nicht ſo ganz erhalten, daß nicht einige Ergaͤnzungen einer neuern Hand darin zu ſehen waͤren. Jetzt wird dieſes ſchoͤne Stuͤck in Kupfer geſtochen. Das beruͤhmte Originalgemaͤlde ſelbſt, das an wirft, X 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="diaryEntry" n="2"> <p><pb facs="#f0349" n="329"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von Nizza nach Deutſchland.</hi></fw><lb/> ſcheichelt ſich, daß ſie in dieſem Fache ganz vollſtaͤndig<lb/> ſey. Jn der That iſt die Anzahl der italiaͤniſchen dra-<lb/> matiſchen Stuͤcke, die hier beyſammen ſind, erſtaun-<lb/> lich groß, und waͤre ein ſehr brauchbarer Stoff zu ei-<lb/> ner vollſtaͤndigen Geſchichte der italiaͤniſchen Schau-<lb/> buͤhne. Als beſonders rar zeigte er mir ein Baͤndchen,<lb/> das vier Comoͤdien von dem beruͤchtigten <hi rendition="#fr">Aretino</hi> ent-<lb/> haͤlt. Es waͤre doch Schade, wenn ſich nicht jemand<lb/> faͤnde, der dieſen ſo reichen Vorrath zu einer guten<lb/> Geſchichte nutzte. Noch ſah ich bey dieſem hoͤflichen<lb/> und gefaͤlligen Manne die Originalzeichnung des groſ-<lb/> ſen <hi rendition="#fr">Leonardo da Vinci</hi> von dem beruͤhmten Gemaͤlde,<note place="right">Gemaͤlde des<lb/> da Vinci.</note><lb/> il <hi rendition="#fr">Cenacolo,</hi> das in dem Refectorio der Dominicaner<lb/> von der <hi rendition="#fr">Madonna delle Grazie</hi> von der Hand die-<lb/> ſes Kuͤnſtlers noch zu ſehen iſt. Die Zeichnung iſt<lb/> auf graues Papier, etwa 7 Fuß lang und 3 Fuß hoch.<lb/> Sie iſt doch nicht ſo ganz erhalten, daß nicht einige<lb/> Ergaͤnzungen einer neuern Hand darin zu ſehen waͤren.<lb/> Jetzt wird dieſes ſchoͤne Stuͤck in Kupfer geſtochen.</p><lb/> <p>Das beruͤhmte Originalgemaͤlde ſelbſt, das an<lb/> erwaͤhntem Orte uͤber die Thuͤre des Eingangs auf die<lb/> Mauer gemalt iſt, zeiget zwar noch herrliche Ueberre-<lb/> ſte von der Kunſt dieſes großen Malers, iſt aber an<lb/> vielen Stellen von neuern Haͤnden ergaͤnzt. Den<lb/> dummen Moͤnchen war die Thuͤre ihres Speiſeſaales<lb/> nicht hoch genug; ſie ließen, um ſie zu erhoͤhen, et-<lb/> was von der Mauer uͤber derſelben, worauf dieſes<lb/> herrliche Gemaͤlde iſt, einbrechen, und dadurch fiel<lb/> verſchiedenes von dem bemalten Kalke herunter. Jn-<lb/> deſſen hat das Stuͤck noch immer große Schoͤnheiten,<lb/> ſowohl im Ganzen als in den Koͤpfen. Wenn man<lb/> in einiger Entfernung unverſehens einen Blick darauf<lb/> <fw place="bottom" type="sig">X 5</fw><fw place="bottom" type="catch">wirft,</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [329/0349]
von Nizza nach Deutſchland.
ſcheichelt ſich, daß ſie in dieſem Fache ganz vollſtaͤndig
ſey. Jn der That iſt die Anzahl der italiaͤniſchen dra-
matiſchen Stuͤcke, die hier beyſammen ſind, erſtaun-
lich groß, und waͤre ein ſehr brauchbarer Stoff zu ei-
ner vollſtaͤndigen Geſchichte der italiaͤniſchen Schau-
buͤhne. Als beſonders rar zeigte er mir ein Baͤndchen,
das vier Comoͤdien von dem beruͤchtigten Aretino ent-
haͤlt. Es waͤre doch Schade, wenn ſich nicht jemand
faͤnde, der dieſen ſo reichen Vorrath zu einer guten
Geſchichte nutzte. Noch ſah ich bey dieſem hoͤflichen
und gefaͤlligen Manne die Originalzeichnung des groſ-
ſen Leonardo da Vinci von dem beruͤhmten Gemaͤlde,
il Cenacolo, das in dem Refectorio der Dominicaner
von der Madonna delle Grazie von der Hand die-
ſes Kuͤnſtlers noch zu ſehen iſt. Die Zeichnung iſt
auf graues Papier, etwa 7 Fuß lang und 3 Fuß hoch.
Sie iſt doch nicht ſo ganz erhalten, daß nicht einige
Ergaͤnzungen einer neuern Hand darin zu ſehen waͤren.
Jetzt wird dieſes ſchoͤne Stuͤck in Kupfer geſtochen.
Gemaͤlde des
da Vinci.
Das beruͤhmte Originalgemaͤlde ſelbſt, das an
erwaͤhntem Orte uͤber die Thuͤre des Eingangs auf die
Mauer gemalt iſt, zeiget zwar noch herrliche Ueberre-
ſte von der Kunſt dieſes großen Malers, iſt aber an
vielen Stellen von neuern Haͤnden ergaͤnzt. Den
dummen Moͤnchen war die Thuͤre ihres Speiſeſaales
nicht hoch genug; ſie ließen, um ſie zu erhoͤhen, et-
was von der Mauer uͤber derſelben, worauf dieſes
herrliche Gemaͤlde iſt, einbrechen, und dadurch fiel
verſchiedenes von dem bemalten Kalke herunter. Jn-
deſſen hat das Stuͤck noch immer große Schoͤnheiten,
ſowohl im Ganzen als in den Koͤpfen. Wenn man
in einiger Entfernung unverſehens einen Blick darauf
wirft,
X 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |