Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.Tagebuch von der Rückreise ter Säulen sondert den mittlern Raum mit dem Al-tar, von dem an der Seite herumlaufenden Gange ab. Dieser Gang ist der Platz der aus dem untern Saal sich in die Capelle versammelnden Männer; und auf einem ähnlichen darüber liegenden Gange oder ei- ner Gallerie versammeln sich die im obern Saale lie- genden Weiber zum Gottesdienste. Die Capelle ist im reinsten und edelsten Geschmack Man zeigte mir in diesem Hospital das Bette, Von *) Ein solcher grüner Marmor wird auch in den um die
Stadt Granada liegenden Bergen gebrochen. S. Twiß Reise durch Spanien. Tagebuch von der Ruͤckreiſe ter Saͤulen ſondert den mittlern Raum mit dem Al-tar, von dem an der Seite herumlaufenden Gange ab. Dieſer Gang iſt der Platz der aus dem untern Saal ſich in die Capelle verſammelnden Maͤnner; und auf einem aͤhnlichen daruͤber liegenden Gange oder ei- ner Gallerie verſammeln ſich die im obern Saale lie- genden Weiber zum Gottesdienſte. Die Capelle iſt im reinſten und edelſten Geſchmack Man zeigte mir in dieſem Hoſpital das Bette, Von *) Ein ſolcher gruͤner Marmor wird auch in den um die
Stadt Granada liegenden Bergen gebrochen. S. Twiß Reiſe durch Spanien. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="diaryEntry" n="2"> <p><pb facs="#f0324" n="304"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Tagebuch von der Ruͤckreiſe</hi></fw><lb/> ter Saͤulen ſondert den mittlern Raum mit dem Al-<lb/> tar, von dem an der Seite herumlaufenden Gange<lb/> ab. Dieſer Gang iſt der Platz der aus dem untern<lb/> Saal ſich in die Capelle verſammelnden Maͤnner; und<lb/> auf einem aͤhnlichen daruͤber liegenden Gange oder ei-<lb/> ner Gallerie verſammeln ſich die im obern Saale lie-<lb/> genden Weiber zum Gottesdienſte.</p><lb/> <p>Die Capelle iſt im reinſten und edelſten Geſchmack<lb/> der Baukunſt angelegt. Die Saͤulen ſind von ſehr<lb/> ſchoͤnem bunten gruͤnen Marmor, der dem Verde An-<lb/> tico ſehr nahe kommt, und in <hi rendition="#fr">Piemont</hi> ſelbſt gebro-<lb/> chen wird <note place="foot" n="*)">Ein ſolcher gruͤner Marmor wird auch in den um die<lb/> Stadt Granada liegenden Bergen gebrochen. S. Twiß<lb/> Reiſe durch Spanien.</note>. Der Baumeiſter dieſer ſchoͤnen Capel-<lb/> le heißt <hi rendition="#fr">Caſtelli,</hi> ein noch junger in <hi rendition="#fr">Turin</hi> lebender<lb/> Mann. Der verſtorbene <hi rendition="#fr">Marquis de <choice><sic>Breze’</sic><corr>Brezé</corr></choice>,</hi> aͤl-<lb/> terer Bruder des jetzigen Marquis, hat dieſe Capelle<lb/> auf ſeine Koſten bauen laſſen. Weil er uͤber dem<lb/> Bau geſtorben iſt, ſo iſt manches an der Cupel und<lb/> an der innern Auszierung, das noch von Marmor haͤt-<lb/> te ſeyn ſollen, nur von gebackenen Steinen und von<lb/> Stuk gemacht worden.</p><lb/> <p>Man zeigte mir in dieſem Hoſpital das Bette,<lb/> darin unlaͤngſt der ungluͤckliche d'O, welcher im letz-<lb/> ten Kriege Commendant in <hi rendition="#fr">Glaz</hi> geweſen, geſtorben<lb/> iſt. Dieſe beynahe unuͤberwindliche Feſtung kam<lb/> durch ſeine Unvorſichtigkeit in die Haͤnde der oͤſterrei-<lb/> chiſchen Truppen; der Commendant wurde hernach<lb/> mit Ungnade entlaſſen, und gieng nach ſeinem Vater-<lb/> lande, wo er ſein Leben in dieſer Armenanſtalt beſchloß.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Von</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [304/0324]
Tagebuch von der Ruͤckreiſe
ter Saͤulen ſondert den mittlern Raum mit dem Al-
tar, von dem an der Seite herumlaufenden Gange
ab. Dieſer Gang iſt der Platz der aus dem untern
Saal ſich in die Capelle verſammelnden Maͤnner; und
auf einem aͤhnlichen daruͤber liegenden Gange oder ei-
ner Gallerie verſammeln ſich die im obern Saale lie-
genden Weiber zum Gottesdienſte.
Die Capelle iſt im reinſten und edelſten Geſchmack
der Baukunſt angelegt. Die Saͤulen ſind von ſehr
ſchoͤnem bunten gruͤnen Marmor, der dem Verde An-
tico ſehr nahe kommt, und in Piemont ſelbſt gebro-
chen wird *). Der Baumeiſter dieſer ſchoͤnen Capel-
le heißt Caſtelli, ein noch junger in Turin lebender
Mann. Der verſtorbene Marquis de Brezé, aͤl-
terer Bruder des jetzigen Marquis, hat dieſe Capelle
auf ſeine Koſten bauen laſſen. Weil er uͤber dem
Bau geſtorben iſt, ſo iſt manches an der Cupel und
an der innern Auszierung, das noch von Marmor haͤt-
te ſeyn ſollen, nur von gebackenen Steinen und von
Stuk gemacht worden.
Man zeigte mir in dieſem Hoſpital das Bette,
darin unlaͤngſt der ungluͤckliche d'O, welcher im letz-
ten Kriege Commendant in Glaz geweſen, geſtorben
iſt. Dieſe beynahe unuͤberwindliche Feſtung kam
durch ſeine Unvorſichtigkeit in die Haͤnde der oͤſterrei-
chiſchen Truppen; der Commendant wurde hernach
mit Ungnade entlaſſen, und gieng nach ſeinem Vater-
lande, wo er ſein Leben in dieſer Armenanſtalt beſchloß.
Von
*) Ein ſolcher gruͤner Marmor wird auch in den um die
Stadt Granada liegenden Bergen gebrochen. S. Twiß
Reiſe durch Spanien.
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