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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

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von Nizza nach Deutschland.
die auf den Alpen so gewöhnlich sind. Ueberhaupt
bekommt hier das Land eine ziemliche Aehnlichkeit mit
andern Alpen. Ueberall herum sind die Gipfel der
Berge, und hier und da die Tiefen, wo die Sonne
nicht hinkommt, mit Schnee bedeckt. Jndem ich
gerade gegen den Colle di Tenda heran ritt, sahColle di
Tenda.

ich, daß der ganze Berg fürchterlich steil und von
oben herunter bis auf zwey Drittel der ganzen Höhe so
völlig mit Schnee bedeckt war, daß gar nichts, als
eine ununterbrochene weite Fläche von Schnee zu sehen
war. Die Vorstellung, daß ich über diese Schnee-
wüste hinauf müßte, machte mir eben kein Vergnügen.

Jch blieb bis an den dritten Theil der Höhe des
Berges, die schon meist frey von Schnee war, auf
meinem Maulthier. Der Berg ist äußerst steil, fast
wie das Dach eines Kirchthurms. Durch das be-
ständige Hin- und Herwenden aber ist der Weg noch
erträglich gemacht. Jch stieg bey einem an diesem
Berge liegenden großen Gebäude, welches Caa, oder
eigentlich la Casa genennt wird, ab. Hier liegt ei-
ne Besatzung von 20 Mann mit einem Officier, so-
wohl zur Sicherheit des Weges, als zur Verhinde-
rung der Contrebande. Jch setzte mich da auf einen
gemeinen schlechten Lehnstuhl, an dem zwey Stangen
zum Tragen angebunden waren; etwa eine Elle weit
vom Stuhl ab wurde ein Strick über die beyden Stan-
gen angezogen, auf den man die Füße aufsetzet.
Meine sechs Träger hatten sich so vertheilet, daß zwey,
einer vornen und einer hinten, zwischen den Stangen
giengen, und mit beyden Händen die zwey Stangen
hielten. Eigentlich trugen sie die Last vermittelst ei-
nes breiten, von der Schulter herunter um die Stange

gehen-

von Nizza nach Deutſchland.
die auf den Alpen ſo gewoͤhnlich ſind. Ueberhaupt
bekommt hier das Land eine ziemliche Aehnlichkeit mit
andern Alpen. Ueberall herum ſind die Gipfel der
Berge, und hier und da die Tiefen, wo die Sonne
nicht hinkommt, mit Schnee bedeckt. Jndem ich
gerade gegen den Colle di Tenda heran ritt, ſahColle di
Tenda.

ich, daß der ganze Berg fuͤrchterlich ſteil und von
oben herunter bis auf zwey Drittel der ganzen Hoͤhe ſo
voͤllig mit Schnee bedeckt war, daß gar nichts, als
eine ununterbrochene weite Flaͤche von Schnee zu ſehen
war. Die Vorſtellung, daß ich uͤber dieſe Schnee-
wuͤſte hinauf muͤßte, machte mir eben kein Vergnuͤgen.

Jch blieb bis an den dritten Theil der Hoͤhe des
Berges, die ſchon meiſt frey von Schnee war, auf
meinem Maulthier. Der Berg iſt aͤußerſt ſteil, faſt
wie das Dach eines Kirchthurms. Durch das be-
ſtaͤndige Hin- und Herwenden aber iſt der Weg noch
ertraͤglich gemacht. Jch ſtieg bey einem an dieſem
Berge liegenden großen Gebaͤude, welches Caa, oder
eigentlich la Caſa genennt wird, ab. Hier liegt ei-
ne Beſatzung von 20 Mann mit einem Officier, ſo-
wohl zur Sicherheit des Weges, als zur Verhinde-
rung der Contrebande. Jch ſetzte mich da auf einen
gemeinen ſchlechten Lehnſtuhl, an dem zwey Stangen
zum Tragen angebunden waren; etwa eine Elle weit
vom Stuhl ab wurde ein Strick uͤber die beyden Stan-
gen angezogen, auf den man die Fuͤße aufſetzet.
Meine ſechs Traͤger hatten ſich ſo vertheilet, daß zwey,
einer vornen und einer hinten, zwiſchen den Stangen
giengen, und mit beyden Haͤnden die zwey Stangen
hielten. Eigentlich trugen ſie die Laſt vermittelſt ei-
nes breiten, von der Schulter herunter um die Stange

gehen-
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[283/0303] von Nizza nach Deutſchland. die auf den Alpen ſo gewoͤhnlich ſind. Ueberhaupt bekommt hier das Land eine ziemliche Aehnlichkeit mit andern Alpen. Ueberall herum ſind die Gipfel der Berge, und hier und da die Tiefen, wo die Sonne nicht hinkommt, mit Schnee bedeckt. Jndem ich gerade gegen den Colle di Tenda heran ritt, ſah ich, daß der ganze Berg fuͤrchterlich ſteil und von oben herunter bis auf zwey Drittel der ganzen Hoͤhe ſo voͤllig mit Schnee bedeckt war, daß gar nichts, als eine ununterbrochene weite Flaͤche von Schnee zu ſehen war. Die Vorſtellung, daß ich uͤber dieſe Schnee- wuͤſte hinauf muͤßte, machte mir eben kein Vergnuͤgen. Colle di Tenda. Jch blieb bis an den dritten Theil der Hoͤhe des Berges, die ſchon meiſt frey von Schnee war, auf meinem Maulthier. Der Berg iſt aͤußerſt ſteil, faſt wie das Dach eines Kirchthurms. Durch das be- ſtaͤndige Hin- und Herwenden aber iſt der Weg noch ertraͤglich gemacht. Jch ſtieg bey einem an dieſem Berge liegenden großen Gebaͤude, welches Caa, oder eigentlich la Caſa genennt wird, ab. Hier liegt ei- ne Beſatzung von 20 Mann mit einem Officier, ſo- wohl zur Sicherheit des Weges, als zur Verhinde- rung der Contrebande. Jch ſetzte mich da auf einen gemeinen ſchlechten Lehnſtuhl, an dem zwey Stangen zum Tragen angebunden waren; etwa eine Elle weit vom Stuhl ab wurde ein Strick uͤber die beyden Stan- gen angezogen, auf den man die Fuͤße aufſetzet. Meine ſechs Traͤger hatten ſich ſo vertheilet, daß zwey, einer vornen und einer hinten, zwiſchen den Stangen giengen, und mit beyden Haͤnden die zwey Stangen hielten. Eigentlich trugen ſie die Laſt vermittelſt ei- nes breiten, von der Schulter herunter um die Stange gehen-

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/303>, abgerufen am 24.11.2024.