schönen Chaussee nach Cannes. Hier blieb ich über Nacht.
Den 27 November. Reise von Cannes über An- tibes nach Nizza.
Cannes.
Da ich heute keine volle Tagereise mehr zu ma- chen hatte, wartete ich, um abzureisen, den hellen Tag ab, um die Lage von Cannes zu sehen. Diese kleine Stadt, die, so viel ich davon gesehen habe, ziemlich wohl gebaut ist, hat eine der angenehmsten Lagen, die ich je gesehen habe. Der Golfo de Napoule tritt hier etwas tiefer ins Land herein, und bildet ein schönes viereckiges Bassin, in dessen Grund die Stadt dicht am Ufer gebaut ist. Rechter und linker Hand der Stadt gehen zwey kleine Vorgebürge, welche die Seiten dieses Bassins ausmachen, gegen das Meer hinein, und schützen dasselbe für die Ost- und Westwinde. Außerhalb des Bassins, etwas ge- gen Südosten, liegen die gedachten lerinischen Jnseln.
Um die Stadt herum liegen viele Gärten in ei- ner kleinen mit Bergen umgebenen Ebene. Die Ge- gend herum ist höchst angenehm und fruchtbar, aber dem Ansehen nach mit einer Art von Wildniß umge- ben. Dieses brachte mir die oben beschriebene Stadt Vevay am Genfer See mit ihrer Gegend wieder ins Gedächtniß. Dieser Ort schien mir vorzüglich ange- nehm; und es wundert mich, daß so viele Engländer, die sich den Winter über in Nizza aufhalten, nicht lieber diesen Ort dazu wählen. Der Winter muß hier auch sehr gelinde seyn, da man viel Citronen- und Pommeranzenbäume in den Gärten siehet.
Von
Tagebuch von einer nach Nizza
ſchoͤnen Chauſſee nach Cannes. Hier blieb ich uͤber Nacht.
Den 27 November. Reiſe von Cannes uͤber An- tibes nach Nizza.
Cannes.
Da ich heute keine volle Tagereiſe mehr zu ma- chen hatte, wartete ich, um abzureiſen, den hellen Tag ab, um die Lage von Cannes zu ſehen. Dieſe kleine Stadt, die, ſo viel ich davon geſehen habe, ziemlich wohl gebaut iſt, hat eine der angenehmſten Lagen, die ich je geſehen habe. Der Golfo de Napoule tritt hier etwas tiefer ins Land herein, und bildet ein ſchoͤnes viereckiges Baſſin, in deſſen Grund die Stadt dicht am Ufer gebaut iſt. Rechter und linker Hand der Stadt gehen zwey kleine Vorgebuͤrge, welche die Seiten dieſes Baſſins ausmachen, gegen das Meer hinein, und ſchuͤtzen daſſelbe fuͤr die Oſt- und Weſtwinde. Außerhalb des Baſſins, etwas ge- gen Suͤdoſten, liegen die gedachten leriniſchen Jnſeln.
Um die Stadt herum liegen viele Gaͤrten in ei- ner kleinen mit Bergen umgebenen Ebene. Die Ge- gend herum iſt hoͤchſt angenehm und fruchtbar, aber dem Anſehen nach mit einer Art von Wildniß umge- ben. Dieſes brachte mir die oben beſchriebene Stadt Vevay am Genfer See mit ihrer Gegend wieder ins Gedaͤchtniß. Dieſer Ort ſchien mir vorzuͤglich ange- nehm; und es wundert mich, daß ſo viele Englaͤnder, die ſich den Winter uͤber in Nizza aufhalten, nicht lieber dieſen Ort dazu waͤhlen. Der Winter muß hier auch ſehr gelinde ſeyn, da man viel Citronen- und Pommeranzenbaͤume in den Gaͤrten ſiehet.
Von
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Tagebuch von einer nach Nizza
ſchoͤnen Chauſſee nach Cannes. Hier blieb ich uͤber
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Den 27 November. Reiſe von Cannes uͤber An-
tibes nach Nizza.
Da ich heute keine volle Tagereiſe mehr zu ma-
chen hatte, wartete ich, um abzureiſen, den hellen
Tag ab, um die Lage von Cannes zu ſehen. Dieſe
kleine Stadt, die, ſo viel ich davon geſehen habe,
ziemlich wohl gebaut iſt, hat eine der angenehmſten
Lagen, die ich je geſehen habe. Der Golfo de
Napoule tritt hier etwas tiefer ins Land herein, und
bildet ein ſchoͤnes viereckiges Baſſin, in deſſen Grund
die Stadt dicht am Ufer gebaut iſt. Rechter und
linker Hand der Stadt gehen zwey kleine Vorgebuͤrge,
welche die Seiten dieſes Baſſins ausmachen, gegen
das Meer hinein, und ſchuͤtzen daſſelbe fuͤr die Oſt-
und Weſtwinde. Außerhalb des Baſſins, etwas ge-
gen Suͤdoſten, liegen die gedachten leriniſchen Jnſeln.
Um die Stadt herum liegen viele Gaͤrten in ei-
ner kleinen mit Bergen umgebenen Ebene. Die Ge-
gend herum iſt hoͤchſt angenehm und fruchtbar, aber
dem Anſehen nach mit einer Art von Wildniß umge-
ben. Dieſes brachte mir die oben beſchriebene Stadt
Vevay am Genfer See mit ihrer Gegend wieder ins
Gedaͤchtniß. Dieſer Ort ſchien mir vorzuͤglich ange-
nehm; und es wundert mich, daß ſo viele Englaͤnder,
die ſich den Winter uͤber in Nizza aufhalten, nicht
lieber dieſen Ort dazu waͤhlen. Der Winter muß
hier auch ſehr gelinde ſeyn, da man viel Citronen-
und Pommeranzenbaͤume in den Gaͤrten ſiehet.
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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/186>, abgerufen am 24.11.2024.
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