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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

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Tagebuch von einer nach Nizza
ein kleines sehr reizendes und fruchtbares Thal hat,
das um so viel mehr ergötzt, weil das Land herum so
rauh und so unfruchtbar ist. Auf einem Hügel neben
dem Städtchen liegt ein großes zerstörtes Schloß, der-
gleichen man in dieser Provinz viele findet. Hiebey
fiel mir ein Gedanke wieder ein, den ich schon oft ge-
habt habe, wie angenehm es wäre, wenn man topo-
graphische Charten hätte, die von alten Zeiten her je-
den sich desonders auszeichnenden Zustand der Länder
in einer Folge vorstellten. Vermittelst solcher Charten
würde man den Zustand eines Landes in jedem beson-
dern Zeitalter mit einem Blick übersehen. Die Fol-
ge der Charten aber würde uns die allmähligen Ver-
änderungen desselben anschauend erkennen lassen. Die-
se Sache für die längst verflossenen Jahrhunderte vor-
zunehmen, würde jetzt sehr schwer, wo nicht unmög-
lich seyn; und doch könnte, wenigstens von den letz-
ten tausend Jahren her, von welcher Zeit noch viele
Monumente und Documente vorhanden sind, noch et-
was ansehnliches geleistet werden. Am besten aber
könnte ein solcher Plan zur Fortsetzung in künftigen
Zeiten, in Ansehung der erst seit kurzem von den Eu-
ropäern angebauten Länder in fremden Welttheilen,
jetzt angefangen werden, wenn man z. B. von jeder
der englischen Colonien in Amerika, welches nun noch
ziemlich gut geschehen könnte, topographische Charten
machte, davon die ersten den Zustand des Landes beym
Eintritt der ersten Colonie in dasselbe, die folgenden
aber jeden merklich veränderten Zustand von 50 zu 50,
oder von 100 zu 100 Jahren vorstellten, womit man
hernach künftig so fortfahren würde; so bekäme die
Nachwelt einen seltenen Schatz von topographischen

Char-

Tagebuch von einer nach Nizza
ein kleines ſehr reizendes und fruchtbares Thal hat,
das um ſo viel mehr ergoͤtzt, weil das Land herum ſo
rauh und ſo unfruchtbar iſt. Auf einem Huͤgel neben
dem Staͤdtchen liegt ein großes zerſtoͤrtes Schloß, der-
gleichen man in dieſer Provinz viele findet. Hiebey
fiel mir ein Gedanke wieder ein, den ich ſchon oft ge-
habt habe, wie angenehm es waͤre, wenn man topo-
graphiſche Charten haͤtte, die von alten Zeiten her je-
den ſich deſonders auszeichnenden Zuſtand der Laͤnder
in einer Folge vorſtellten. Vermittelſt ſolcher Charten
wuͤrde man den Zuſtand eines Landes in jedem beſon-
dern Zeitalter mit einem Blick uͤberſehen. Die Fol-
ge der Charten aber wuͤrde uns die allmaͤhligen Ver-
aͤnderungen deſſelben anſchauend erkennen laſſen. Die-
ſe Sache fuͤr die laͤngſt verfloſſenen Jahrhunderte vor-
zunehmen, wuͤrde jetzt ſehr ſchwer, wo nicht unmoͤg-
lich ſeyn; und doch koͤnnte, wenigſtens von den letz-
ten tauſend Jahren her, von welcher Zeit noch viele
Monumente und Documente vorhanden ſind, noch et-
was anſehnliches geleiſtet werden. Am beſten aber
koͤnnte ein ſolcher Plan zur Fortſetzung in kuͤnftigen
Zeiten, in Anſehung der erſt ſeit kurzem von den Eu-
ropaͤern angebauten Laͤnder in fremden Welttheilen,
jetzt angefangen werden, wenn man z. B. von jeder
der engliſchen Colonien in Amerika, welches nun noch
ziemlich gut geſchehen koͤnnte, topographiſche Charten
machte, davon die erſten den Zuſtand des Landes beym
Eintritt der erſten Colonie in daſſelbe, die folgenden
aber jeden merklich veraͤnderten Zuſtand von 50 zu 50,
oder von 100 zu 100 Jahren vorſtellten, womit man
hernach kuͤnftig ſo fortfahren wuͤrde; ſo bekaͤme die
Nachwelt einen ſeltenen Schatz von topographiſchen

Char-
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[86/0106] Tagebuch von einer nach Nizza ein kleines ſehr reizendes und fruchtbares Thal hat, das um ſo viel mehr ergoͤtzt, weil das Land herum ſo rauh und ſo unfruchtbar iſt. Auf einem Huͤgel neben dem Staͤdtchen liegt ein großes zerſtoͤrtes Schloß, der- gleichen man in dieſer Provinz viele findet. Hiebey fiel mir ein Gedanke wieder ein, den ich ſchon oft ge- habt habe, wie angenehm es waͤre, wenn man topo- graphiſche Charten haͤtte, die von alten Zeiten her je- den ſich deſonders auszeichnenden Zuſtand der Laͤnder in einer Folge vorſtellten. Vermittelſt ſolcher Charten wuͤrde man den Zuſtand eines Landes in jedem beſon- dern Zeitalter mit einem Blick uͤberſehen. Die Fol- ge der Charten aber wuͤrde uns die allmaͤhligen Ver- aͤnderungen deſſelben anſchauend erkennen laſſen. Die- ſe Sache fuͤr die laͤngſt verfloſſenen Jahrhunderte vor- zunehmen, wuͤrde jetzt ſehr ſchwer, wo nicht unmoͤg- lich ſeyn; und doch koͤnnte, wenigſtens von den letz- ten tauſend Jahren her, von welcher Zeit noch viele Monumente und Documente vorhanden ſind, noch et- was anſehnliches geleiſtet werden. Am beſten aber koͤnnte ein ſolcher Plan zur Fortſetzung in kuͤnftigen Zeiten, in Anſehung der erſt ſeit kurzem von den Eu- ropaͤern angebauten Laͤnder in fremden Welttheilen, jetzt angefangen werden, wenn man z. B. von jeder der engliſchen Colonien in Amerika, welches nun noch ziemlich gut geſchehen koͤnnte, topographiſche Charten machte, davon die erſten den Zuſtand des Landes beym Eintritt der erſten Colonie in daſſelbe, die folgenden aber jeden merklich veraͤnderten Zuſtand von 50 zu 50, oder von 100 zu 100 Jahren vorſtellten, womit man hernach kuͤnftig ſo fortfahren wuͤrde; ſo bekaͤme die Nachwelt einen ſeltenen Schatz von topographiſchen Char-

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/106>, abgerufen am 23.11.2024.