Den folgenden Morgen besuchte ich den Hrn. D. Rast, der ganz nahe an meinem Gasthofe wohnte. Er zeigte mir ein merkwürdiges antikes Monument, das einer seiner Freunde vor einigen Jahren aus Ae- gypten gebracht hatte. Es ist eine steinerne Tafel, etwa vier Fuß hoch, und halb so breit, durchaus mit gottesdienstlichen Vorstellungen in ganz flachem Schnitzwerk angefüllt. Sie stellet in drey überein- ander stehenden Abtheilungen dreyerley gottesdienstli- che Gebräuche vor. Jn jeder Abtheilung siehet man andre Gottheiten, und Priester in andern Stellungen, Kleidungen und Verrichtungen. Außer diesen Figuren sind in jeder Abtheilung hieroglyphische Figuren, auch Schriften, die nicht hieroglyphisch, sondern mit Buchstaben geschrieben sind. Das ganze Monument ist wohl erhalten, und so wenig abgenutzt, daß fast überall noch die Farben, womit die Figuren bemalt gewesen, zu erkennen sind. Jch vermuthe, daß Ken- ner der ägyptischen Alterthümer an diesem Monument, wenn es einmal durch eine gute Zeichnung wird be- kannt gemacht seyn, wichtige Beobachtungen machen werden *).
Auf den Mittag trat ich die Reise nach Marseil- le an. Jch hatte erst den Gedanken, mich bis Avi- gnon des sogenannten Coche d'eau, eines öffentli- chen Schiffes zu bedienen, das zweymal in der Wo- che von hier die Rhone herunter geht. Es wurde mir aber widerrathen. Man sagte mir, daß oft schlechte Gesellschaft auf diesem Schiffe zusammen komme,
daß
*) Diese Zeichnung fügen wir hier bey, aus Achtung für den Verfasser und fürs Publikum. d. Verleger.
F
gethanen Reiſe.
Den folgenden Morgen beſuchte ich den Hrn. D. Raſt, der ganz nahe an meinem Gaſthofe wohnte. Er zeigte mir ein merkwuͤrdiges antikes Monument, das einer ſeiner Freunde vor einigen Jahren aus Ae- gypten gebracht hatte. Es iſt eine ſteinerne Tafel, etwa vier Fuß hoch, und halb ſo breit, durchaus mit gottesdienſtlichen Vorſtellungen in ganz flachem Schnitzwerk angefuͤllt. Sie ſtellet in drey uͤberein- ander ſtehenden Abtheilungen dreyerley gottesdienſtli- che Gebraͤuche vor. Jn jeder Abtheilung ſiehet man andre Gottheiten, und Prieſter in andern Stellungen, Kleidungen und Verrichtungen. Außer dieſen Figuren ſind in jeder Abtheilung hieroglyphiſche Figuren, auch Schriften, die nicht hieroglyphiſch, ſondern mit Buchſtaben geſchrieben ſind. Das ganze Monument iſt wohl erhalten, und ſo wenig abgenutzt, daß faſt uͤberall noch die Farben, womit die Figuren bemalt geweſen, zu erkennen ſind. Jch vermuthe, daß Ken- ner der aͤgyptiſchen Alterthuͤmer an dieſem Monument, wenn es einmal durch eine gute Zeichnung wird be- kannt gemacht ſeyn, wichtige Beobachtungen machen werden *).
Auf den Mittag trat ich die Reiſe nach Marſeil- le an. Jch hatte erſt den Gedanken, mich bis Avi- gnon des ſogenannten Coche d'eau, eines oͤffentli- chen Schiffes zu bedienen, das zweymal in der Wo- che von hier die Rhone herunter geht. Es wurde mir aber widerrathen. Man ſagte mir, daß oft ſchlechte Geſellſchaft auf dieſem Schiffe zuſammen komme,
daß
*) Dieſe Zeichnung fuͤgen wir hier bey, aus Achtung fuͤr den Verfaſſer und fuͤrs Publikum. d. Verleger.
F
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gethanen Reiſe.
Den folgenden Morgen beſuchte ich den Hrn. D.
Raſt, der ganz nahe an meinem Gaſthofe wohnte.
Er zeigte mir ein merkwuͤrdiges antikes Monument,
das einer ſeiner Freunde vor einigen Jahren aus Ae-
gypten gebracht hatte. Es iſt eine ſteinerne Tafel,
etwa vier Fuß hoch, und halb ſo breit, durchaus mit
gottesdienſtlichen Vorſtellungen in ganz flachem
Schnitzwerk angefuͤllt. Sie ſtellet in drey uͤberein-
ander ſtehenden Abtheilungen dreyerley gottesdienſtli-
che Gebraͤuche vor. Jn jeder Abtheilung ſiehet man
andre Gottheiten, und Prieſter in andern Stellungen,
Kleidungen und Verrichtungen. Außer dieſen Figuren
ſind in jeder Abtheilung hieroglyphiſche Figuren, auch
Schriften, die nicht hieroglyphiſch, ſondern mit
Buchſtaben geſchrieben ſind. Das ganze Monument
iſt wohl erhalten, und ſo wenig abgenutzt, daß faſt
uͤberall noch die Farben, womit die Figuren bemalt
geweſen, zu erkennen ſind. Jch vermuthe, daß Ken-
ner der aͤgyptiſchen Alterthuͤmer an dieſem Monument,
wenn es einmal durch eine gute Zeichnung wird be-
kannt gemacht ſeyn, wichtige Beobachtungen machen
werden *).
Auf den Mittag trat ich die Reiſe nach Marſeil-
le an. Jch hatte erſt den Gedanken, mich bis Avi-
gnon des ſogenannten Coche d'eau, eines oͤffentli-
chen Schiffes zu bedienen, das zweymal in der Wo-
che von hier die Rhone herunter geht. Es wurde mir
aber widerrathen. Man ſagte mir, daß oft ſchlechte
Geſellſchaft auf dieſem Schiffe zuſammen komme,
daß
*) Dieſe Zeichnung fuͤgen wir hier bey, aus Achtung
fuͤr den Verfaſſer und fuͤrs Publikum. d. Verleger.
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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/101>, abgerufen am 23.11.2024.
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