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Sulzer, Johann Georg: Beschreibung einiger Merckwüdigkeiten, Welche er in einer Ao. 1742. gemachten Berg-Reise durch einige Oerter der Schweitz beobachtet hat. Zürich, 1742.

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des Schweitzerlandes.
wird,) oder vielmehr ein Staub, welcher sich hieher gesetzet hat, eben
so, wie sich die salpetrischen Ausdünstungen an den Wänden der Fel-
sen und Mauren ansetzen. (*)

Nun komme ich auf die Untersuchung von der Materie derMaterie der
Crystallen.

Crystallen. Viele sehr erfahrne Chymici halten das weisse Quarz
vor die allgemeine Zeugmutter aller Metallen. Jch wil nicht un-
tersuchen, wie weit diese Meynung begründet sey, sondern nur sa-
gen, daß zum wenigsten die Crystalle gewiß von dem Quarz herkom-
men, weil sie nirgend wachsen, als in den Löchern des Quarzes.
Jch glaube aber noch überdiß, daß die Crystalle nichts anders sind,
als ein reines Quarz, mit welchem sie gleiche Eigenschaften haben;
denn das Quarz ist in seinen kleinen Theilen durchsichtig, wie die
Crystalle, und läßt sich wie dieses durch das Feur zu Glaß schmelzen;
daß aber das Quarz in grossen Stücken nicht so durchsichtig und
hart ist, wie die Crystalle, davon ist die Ursache, daß dem Quarz
noch andre Materie mit untermenget ist, und daß seine Theile nicht
in der rechten Ordnung liegen: Daher wundert mich, was den be-
rühmten Hrn. D. Linneus, dem nicht allein die Botanic, in welcher
er fast alle übertrifft, sondern die gantze Natur-Historie vieles zu
dancken hat, was diesen gelehrten Mann bewogen habe, die Crystalle
unter die Saltze, und insbesondre unter den Salpeter zu zehlen, da
doch der erfahrne Herr von Bromell, den er in dem Stein-Reiche
zum Vorgänger gehabt, dieselbe dem Quarz zugesellet. Es scheinet
aber, als wenn das Quarz insonderheit darin von dem Crystall un-
terschieden sey, daß dasselbe keine regulare Figur wie dieser hat. Al-
lein es ist leicht zu begreiffen, woher dieses komme: denn erstlich kan
es seyn, daß das Quarz verschiedne fremde Theile hat, welche die
ordentliche Anlegung der Theilchen und also die Crystallisation ver-
hindert haben; zweytens ist bekannt, daß zu der Crystallisation über-
haupt erfordert wird, daß die flüßige Materie, welche sol crystallisirt
werden, in keine Zerrüttung komme. Dieses aber war vermuthlich
bey der Anlegung des Quarzes nicht, denn die Materie ist in Menge
an den Ort, wo das Quarz ist, hingeflossen, und die übrige Materie,
welche neben dem Quarz ist, hat die Crystallisation durch Drückung

und
(*) Adhaeret nonnunquam minerarum parietibus, tenuium filamento-
rum, nivis aut nitri florum instar, perlarum nitore. Ita Beuherus
de terra quodam quae ipsius sententia metallis fluiditatem conci-
liat. Phys. Subt. p.
81.
G 2

des Schweitzerlandes.
wird,) oder vielmehr ein Staub, welcher ſich hieher geſetzet hat, eben
ſo, wie ſich die ſalpetriſchen Ausduͤnſtungen an den Waͤnden der Fel-
ſen und Mauren anſetzen. (*)

Nun komme ich auf die Unterſuchung von der Materie derMaterie der
Cryſtallen.

Cryſtallen. Viele ſehr erfahrne Chymici halten das weiſſe Quarz
vor die allgemeine Zeugmutter aller Metallen. Jch wil nicht un-
terſuchen, wie weit dieſe Meynung begruͤndet ſey, ſondern nur ſa-
gen, daß zum wenigſten die Cryſtalle gewiß von dem Quarz herkom-
men, weil ſie nirgend wachſen, als in den Loͤchern des Quarzes.
Jch glaube aber noch uͤberdiß, daß die Cryſtalle nichts anders ſind,
als ein reines Quarz, mit welchem ſie gleiche Eigenſchaften haben;
denn das Quarz iſt in ſeinen kleinen Theilen durchſichtig, wie die
Cryſtalle, und laͤßt ſich wie dieſes durch das Feur zu Glaß ſchmelzen;
daß aber das Quarz in groſſen Stuͤcken nicht ſo durchſichtig und
hart iſt, wie die Cryſtalle, davon iſt die Urſache, daß dem Quarz
noch andre Materie mit untermenget iſt, und daß ſeine Theile nicht
in der rechten Ordnung liegen: Daher wundert mich, was den be-
ruͤhmten Hrn. D. Linneus, dem nicht allein die Botanic, in welcher
er faſt alle uͤbertrifft, ſondern die gantze Natur-Hiſtorie vieles zu
dancken hat, was dieſen gelehrten Mann bewogen habe, die Cryſtalle
unter die Saltze, und insbeſondre unter den Salpeter zu zehlen, da
doch der erfahrne Herꝛ von Bromell, den er in dem Stein-Reiche
zum Vorgaͤnger gehabt, dieſelbe dem Quarz zugeſellet. Es ſcheinet
aber, als wenn das Quarz inſonderheit darin von dem Cryſtall un-
terſchieden ſey, daß daſſelbe keine regulare Figur wie dieſer hat. Al-
lein es iſt leicht zu begreiffen, woher dieſes komme: denn erſtlich kan
es ſeyn, daß das Quarz verſchiedne fremde Theile hat, welche die
ordentliche Anlegung der Theilchen und alſo die Cryſtalliſation ver-
hindert haben; zweytens iſt bekannt, daß zu der Cryſtalliſation uͤber-
haupt erfordert wird, daß die fluͤßige Materie, welche ſol cryſtalliſirt
werden, in keine Zerruͤttung komme. Dieſes aber war vermuthlich
bey der Anlegung des Quarzes nicht, denn die Materie iſt in Menge
an den Ort, wo das Quarz iſt, hingefloſſen, und die uͤbrige Materie,
welche neben dem Quarz iſt, hat die Cryſtalliſation durch Druͤckung

und
(*) Adhæret nonnunquam minerarum parietibus, tenuium filamento-
rum, nivis aut nitri florum inſtar, perlarum nitore. Ita Beuherus
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liat. Phyſ. Subt. p.
81.
G 2
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[51/0058] des Schweitzerlandes. wird,) oder vielmehr ein Staub, welcher ſich hieher geſetzet hat, eben ſo, wie ſich die ſalpetriſchen Ausduͤnſtungen an den Waͤnden der Fel- ſen und Mauren anſetzen. (*) Nun komme ich auf die Unterſuchung von der Materie der Cryſtallen. Viele ſehr erfahrne Chymici halten das weiſſe Quarz vor die allgemeine Zeugmutter aller Metallen. Jch wil nicht un- terſuchen, wie weit dieſe Meynung begruͤndet ſey, ſondern nur ſa- gen, daß zum wenigſten die Cryſtalle gewiß von dem Quarz herkom- men, weil ſie nirgend wachſen, als in den Loͤchern des Quarzes. Jch glaube aber noch uͤberdiß, daß die Cryſtalle nichts anders ſind, als ein reines Quarz, mit welchem ſie gleiche Eigenſchaften haben; denn das Quarz iſt in ſeinen kleinen Theilen durchſichtig, wie die Cryſtalle, und laͤßt ſich wie dieſes durch das Feur zu Glaß ſchmelzen; daß aber das Quarz in groſſen Stuͤcken nicht ſo durchſichtig und hart iſt, wie die Cryſtalle, davon iſt die Urſache, daß dem Quarz noch andre Materie mit untermenget iſt, und daß ſeine Theile nicht in der rechten Ordnung liegen: Daher wundert mich, was den be- ruͤhmten Hrn. D. Linneus, dem nicht allein die Botanic, in welcher er faſt alle uͤbertrifft, ſondern die gantze Natur-Hiſtorie vieles zu dancken hat, was dieſen gelehrten Mann bewogen habe, die Cryſtalle unter die Saltze, und insbeſondre unter den Salpeter zu zehlen, da doch der erfahrne Herꝛ von Bromell, den er in dem Stein-Reiche zum Vorgaͤnger gehabt, dieſelbe dem Quarz zugeſellet. Es ſcheinet aber, als wenn das Quarz inſonderheit darin von dem Cryſtall un- terſchieden ſey, daß daſſelbe keine regulare Figur wie dieſer hat. Al- lein es iſt leicht zu begreiffen, woher dieſes komme: denn erſtlich kan es ſeyn, daß das Quarz verſchiedne fremde Theile hat, welche die ordentliche Anlegung der Theilchen und alſo die Cryſtalliſation ver- hindert haben; zweytens iſt bekannt, daß zu der Cryſtalliſation uͤber- haupt erfordert wird, daß die fluͤßige Materie, welche ſol cryſtalliſirt werden, in keine Zerruͤttung komme. Dieſes aber war vermuthlich bey der Anlegung des Quarzes nicht, denn die Materie iſt in Menge an den Ort, wo das Quarz iſt, hingefloſſen, und die uͤbrige Materie, welche neben dem Quarz iſt, hat die Cryſtalliſation durch Druͤckung und Materie der Cryſtallen. (*) Adhæret nonnunquam minerarum parietibus, tenuium filamento- rum, nivis aut nitri florum inſtar, perlarum nitore. Ita Beuherus de terra quodam quæ ipſius ſententia metallis fluiditatem conci- liat. Phyſ. Subt. p. 81. G 2

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Beschreibung einiger Merckwüdigkeiten, Welche er in einer Ao. 1742. gemachten Berg-Reise durch einige Oerter der Schweitz beobachtet hat. Zürich, 1742, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1742/58>, abgerufen am 02.05.2024.