Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741.Von denen Hindernissen der Vermehrung derselbe meldet auch, daß die Pest in Constantino-pel und andern Orientalischen Landen, wie auch in Italien und Spanien gemeiniglich solle 2/5 , zuwei- len die Hälfte, und oftmahls mehr hinweg nehmen. Da er aber hievon keine Exempel beygebracht, so halte ich solches nur für ohngefehre Muthmassun- gen, auf die ich in solchen Rechnungen gar nicht bau- en mag. Doch dem sey wie ihm wolle, so ist es schon genug, wenn wir annehmen, daß in Constan- tinopel und andern Asiatischen, wie auch Africani- schen Städten allezeit 1/5 so wie in London, durch die Pest weggerissen werde, zumahlen da sie an diesen Orten weit öfter kömmt, wiewohl sie auch geschwin- der wieder aufhört. Es lässet sich daher mit gutem Grunde urtheilen, daß diese Länder, ohnmöglich so volckreich seyn können als man wohl dencken möch- te. Ich kan daher dem Herrn Derham [q] nicht beypflichten, welcher seine Meynung, daß derglei- chen ausserordentliche Seuchen zur Unterhaltung des Gleich-Gewichts unter denen Menschen dienen mü- sten, mit dem Exempel der Asiatischen Länder be- stättiget, als welche von Menschen gantz angefüllet seyn sollen, ohnerachtet daselbsten die Pest und oft auch der Krieg alle Jahr eine ungeheure Men- ge aufreiben. Dieser grosse Abgang soll durch den jährlichen Uberschuß der Gebohrnen hinlänglich ersetzet werden. Dieses möchte einem möglich schei- nen, wenn man bloß wolte auf London sehen, wel- ches der öftern Pest ohngeachtet dennoch beständig an Menschen zugenommen. Man würde sich aber hierinnen betriegen, weil schon vorher erwiesen, daß London aus sich selbsten keine Vermehrung habe, weil [q] Physico-Theol. l. 4. c. 10.
Von denen Hinderniſſen der Vermehrung derſelbe meldet auch, daß die Peſt in Conſtantino-pel und andern Orientaliſchen Landen, wie auch in Italien und Spanien gemeiniglich ſolle ⅖, zuwei- len die Haͤlfte, und oftmahls mehr hinweg nehmen. Da er aber hievon keine Exempel beygebracht, ſo halte ich ſolches nur fuͤr ohngefehre Muthmaſſun- gen, auf die ich in ſolchen Rechnungen gar nicht bau- en mag. Doch dem ſey wie ihm wolle, ſo iſt es ſchon genug, wenn wir annehmen, daß in Conſtan- tinopel und andern Aſiatiſchen, wie auch Africani- ſchen Staͤdten allezeit ⅕ ſo wie in London, durch die Peſt weggeriſſen werde, zumahlen da ſie an dieſen Orten weit oͤfter koͤmmt, wiewohl ſie auch geſchwin- der wieder aufhoͤrt. Es laͤſſet ſich daher mit gutem Grunde urtheilen, daß dieſe Laͤnder, ohnmoͤglich ſo volckreich ſeyn koͤnnen als man wohl dencken moͤch- te. Ich kan daher dem Herrn Derham [q] nicht beypflichten, welcher ſeine Meynung, daß derglei- chen auſſerordentliche Seuchen zur Unterhaltung des Gleich-Gewichts unter denen Menſchen dienen muͤ- ſten, mit dem Exempel der Aſiatiſchen Laͤnder be- ſtaͤttiget, als welche von Menſchen gantz angefuͤllet ſeyn ſollen, ohnerachtet daſelbſten die Peſt und oft auch der Krieg alle Jahr eine ungeheure Men- ge aufreiben. Dieſer groſſe Abgang ſoll durch den jaͤhrlichen Uberſchuß der Gebohrnen hinlaͤnglich erſetzet werden. Dieſes moͤchte einem moͤglich ſchei- nen, wenn man bloß wolte auf London ſehen, wel- ches der oͤftern Peſt ohngeachtet dennoch beſtaͤndig an Menſchen zugenommen. Man wuͤrde ſich aber hierinnen betriegen, weil ſchon vorher erwieſen, daß London aus ſich ſelbſten keine Vermehrung habe, weil [q] Phyſico-Theol. l. 4. c. 10.
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Von denen Hinderniſſen der Vermehrung
derſelbe meldet auch, daß die Peſt in Conſtantino-
pel und andern Orientaliſchen Landen, wie auch in
Italien und Spanien gemeiniglich ſolle ⅖, zuwei-
len die Haͤlfte, und oftmahls mehr hinweg nehmen.
Da er aber hievon keine Exempel beygebracht, ſo
halte ich ſolches nur fuͤr ohngefehre Muthmaſſun-
gen, auf die ich in ſolchen Rechnungen gar nicht bau-
en mag. Doch dem ſey wie ihm wolle, ſo iſt es
ſchon genug, wenn wir annehmen, daß in Conſtan-
tinopel und andern Aſiatiſchen, wie auch Africani-
ſchen Staͤdten allezeit ⅕ ſo wie in London, durch die
Peſt weggeriſſen werde, zumahlen da ſie an dieſen
Orten weit oͤfter koͤmmt, wiewohl ſie auch geſchwin-
der wieder aufhoͤrt. Es laͤſſet ſich daher mit gutem
Grunde urtheilen, daß dieſe Laͤnder, ohnmoͤglich ſo
volckreich ſeyn koͤnnen als man wohl dencken moͤch-
te. Ich kan daher dem Herrn Derham [q] nicht
beypflichten, welcher ſeine Meynung, daß derglei-
chen auſſerordentliche Seuchen zur Unterhaltung des
Gleich-Gewichts unter denen Menſchen dienen muͤ-
ſten, mit dem Exempel der Aſiatiſchen Laͤnder be-
ſtaͤttiget, als welche von Menſchen gantz angefuͤllet
ſeyn ſollen, ohnerachtet daſelbſten die Peſt und oft
auch der Krieg alle Jahr eine ungeheure Men-
ge aufreiben. Dieſer groſſe Abgang ſoll durch
den jaͤhrlichen Uberſchuß der Gebohrnen hinlaͤnglich
erſetzet werden. Dieſes moͤchte einem moͤglich ſchei-
nen, wenn man bloß wolte auf London ſehen, wel-
ches der oͤftern Peſt ohngeachtet dennoch beſtaͤndig
an Menſchen zugenommen. Man wuͤrde ſich aber
hierinnen betriegen, weil ſchon vorher erwieſen, daß
London aus ſich ſelbſten keine Vermehrung habe,
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Zitationshilfe: | Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741/74>, abgerufen am 17.02.2025. |