Anmelden (DTAQ)

DWDS dlexDB CLARIN-D

Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741.

Bild:

<< vorherige Seite

nächste Seite >>

Von Verhältniß der Sterbenden

In Wien und London wäre also unter 200
todten etwan einer, und in Breßlau unter 300 ei-
ner, der 90 Jahre erreichet und überlebet.

Und auch dieses ist wenig gnug und zeiget uns
klärlich, daß 90 Jahr nicht das ordentliche Ziel
sind, so dem Lauf unsers Lebens gestecket.

§. 76.

Eine besondere Untersuchung verdienen das
70te und 80te Jahr des menschlichen Lebens. Vor
mehr als 3000 Jahr wurden bereits diese Jahre
nicht mehr als das ordentliche, sondern als das
höchste Alter angesehen, wozu ein Mensch gelanget.
Moses sagte schon zu seiner Zeit: Unser Leben
währet siebentzig Jahr, und wenns hoch kommt, so
sinds achtzig Jahr. Ps. 90, v. 10. Die alten Jüdi-
schen Ausleger haben schon hiebey bemercket, daß nur
die stärckern und gesundern 70 und mehr Jahr
alt würden. Dieses können wir nun am besten aus
denen Sterbe-Listen erkennen und beurtheilen. Zu
dem Ende habe alle gestorbene von 70 Jahr an
und drüber, eben so auch die vom 80ten Jahr an
und drüber zusammen gezogen, und die gantze
Summe der todten damit dividiret, um zu erken-
nen, den wie vielsten Theil dieselben ausmachen.
In allen dreyen Städten zusammen findet sich, daß
unter 12 bis 14 oder unter 13 sterbenden einer ist,
der 70 Jahr erreichet, eigentlich ist in Breßlau un-
ter 12, in Wien unter 13 und in London unter
14 sterbenden ein siebenzigjähriger.

Das achtzigste Jahr hält schon weit schwehrer.
In London war die Zahl derer, die 80 erreichet und
überlebet, 7160, das macht unter 36 einen. In

Wien

Von Verhaͤltniß der Sterbenden

In Wien und London waͤre alſo unter 200
todten etwan einer, und in Breßlau unter 300 ei-
ner, der 90 Jahre erreichet und uͤberlebet.

Und auch dieſes iſt wenig gnug und zeiget uns
klaͤrlich, daß 90 Jahr nicht das ordentliche Ziel
ſind, ſo dem Lauf unſers Lebens geſtecket.

§. 76.

Eine beſondere Unterſuchung verdienen das
70te und 80te Jahr des menſchlichen Lebens. Vor
mehr als 3000 Jahr wurden bereits dieſe Jahre
nicht mehr als das ordentliche, ſondern als das
hoͤchſte Alter angeſehen, wozu ein Menſch gelanget.
Moſes ſagte ſchon zu ſeiner Zeit: Unſer Leben
waͤhret ſiebentzig Jahr, und wenns hoch kommt, ſo
ſinds achtzig Jahr. Pſ. 90, v. 10. Die alten Juͤdi-
ſchen Ausleger haben ſchon hiebey bemercket, daß nur
die ſtaͤrckern und geſundern 70 und mehr Jahr
alt wuͤrden. Dieſes koͤnnen wir nun am beſten aus
denen Sterbe-Liſten erkennen und beurtheilen. Zu
dem Ende habe alle geſtorbene von 70 Jahr an
und druͤber, eben ſo auch die vom 80ten Jahr an
und druͤber zuſammen gezogen, und die gantze
Summe der todten damit dividiret, um zu erken-
nen, den wie vielſten Theil dieſelben ausmachen.
In allen dreyen Staͤdten zuſammen findet ſich, daß
unter 12 bis 14 oder unter 13 ſterbenden einer iſt,
der 70 Jahr erreichet, eigentlich iſt in Breßlau un-
ter 12, in Wien unter 13 und in London unter
14 ſterbenden ein ſiebenzigjaͤhriger.

Das achtzigſte Jahr haͤlt ſchon weit ſchwehrer.
In London war die Zahl derer, die 80 erreichet und
uͤberlebet, 7160, das macht unter 36 einen. In

Wien

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0264" n="218"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Von Verha&#x0364;ltniß der Sterbenden</hi> </fw><lb/>
          <p>In Wien und London wa&#x0364;re al&#x017F;o unter 200<lb/>
todten etwan einer, und in Breßlau unter 300 ei-<lb/>
ner, der 90 Jahre erreichet und u&#x0364;berlebet.</p><lb/>
          <p>Und auch die&#x017F;es i&#x017F;t wenig gnug und zeiget uns<lb/>
kla&#x0364;rlich, daß 90 Jahr nicht das ordentliche Ziel<lb/>
&#x017F;ind, &#x017F;o dem Lauf un&#x017F;ers Lebens ge&#x017F;tecket.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 76.</head><lb/>
          <p>Eine be&#x017F;ondere Unter&#x017F;uchung verdienen das<lb/>
70te und 80te Jahr des men&#x017F;chlichen Lebens. Vor<lb/>
mehr als 3000 Jahr wurden bereits die&#x017F;e Jahre<lb/>
nicht mehr als das ordentliche, &#x017F;ondern als das<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;te Alter ange&#x017F;ehen, wozu ein Men&#x017F;ch gelanget.<lb/>
Mo&#x017F;es &#x017F;agte &#x017F;chon zu &#x017F;einer Zeit: Un&#x017F;er Leben<lb/>
wa&#x0364;hret &#x017F;iebentzig Jahr, und wenns hoch kommt, &#x017F;o<lb/>
&#x017F;inds achtzig Jahr. P&#x017F;. 90, v. 10. Die alten Ju&#x0364;di-<lb/>
&#x017F;chen Ausleger haben &#x017F;chon hiebey bemercket, daß nur<lb/>
die &#x017F;ta&#x0364;rckern und ge&#x017F;undern 70 und mehr Jahr<lb/>
alt wu&#x0364;rden. Die&#x017F;es ko&#x0364;nnen wir nun am be&#x017F;ten aus<lb/>
denen Sterbe-Li&#x017F;ten erkennen und beurtheilen. Zu<lb/>
dem Ende habe alle ge&#x017F;torbene von 70 Jahr an<lb/>
und dru&#x0364;ber, eben &#x017F;o auch die vom 80ten Jahr an<lb/>
und dru&#x0364;ber zu&#x017F;ammen gezogen, und die gantze<lb/>
Summe der todten damit dividiret, um zu erken-<lb/>
nen, den wie viel&#x017F;ten Theil die&#x017F;elben ausmachen.<lb/>
In allen dreyen Sta&#x0364;dten zu&#x017F;ammen findet &#x017F;ich, daß<lb/>
unter 12 bis 14 oder unter 13 &#x017F;terbenden einer i&#x017F;t,<lb/>
der 70 Jahr erreichet, eigentlich i&#x017F;t in Breßlau un-<lb/>
ter 12, in Wien unter 13 und in London unter<lb/>
14 &#x017F;terbenden ein &#x017F;iebenzigja&#x0364;hriger.</p><lb/>
          <p>Das achtzig&#x017F;te Jahr ha&#x0364;lt &#x017F;chon weit &#x017F;chwehrer.<lb/>
In London war die Zahl derer, die 80 erreichet und<lb/>
u&#x0364;berlebet, 7160, das macht unter 36 einen. In<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Wien</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>

[218/0264] Von Verhaͤltniß der Sterbenden In Wien und London waͤre alſo unter 200 todten etwan einer, und in Breßlau unter 300 ei- ner, der 90 Jahre erreichet und uͤberlebet. Und auch dieſes iſt wenig gnug und zeiget uns klaͤrlich, daß 90 Jahr nicht das ordentliche Ziel ſind, ſo dem Lauf unſers Lebens geſtecket. §. 76. Eine beſondere Unterſuchung verdienen das 70te und 80te Jahr des menſchlichen Lebens. Vor mehr als 3000 Jahr wurden bereits dieſe Jahre nicht mehr als das ordentliche, ſondern als das hoͤchſte Alter angeſehen, wozu ein Menſch gelanget. Moſes ſagte ſchon zu ſeiner Zeit: Unſer Leben waͤhret ſiebentzig Jahr, und wenns hoch kommt, ſo ſinds achtzig Jahr. Pſ. 90, v. 10. Die alten Juͤdi- ſchen Ausleger haben ſchon hiebey bemercket, daß nur die ſtaͤrckern und geſundern 70 und mehr Jahr alt wuͤrden. Dieſes koͤnnen wir nun am beſten aus denen Sterbe-Liſten erkennen und beurtheilen. Zu dem Ende habe alle geſtorbene von 70 Jahr an und druͤber, eben ſo auch die vom 80ten Jahr an und druͤber zuſammen gezogen, und die gantze Summe der todten damit dividiret, um zu erken- nen, den wie vielſten Theil dieſelben ausmachen. In allen dreyen Staͤdten zuſammen findet ſich, daß unter 12 bis 14 oder unter 13 ſterbenden einer iſt, der 70 Jahr erreichet, eigentlich iſt in Breßlau un- ter 12, in Wien unter 13 und in London unter 14 ſterbenden ein ſiebenzigjaͤhriger. Das achtzigſte Jahr haͤlt ſchon weit ſchwehrer. In London war die Zahl derer, die 80 erreichet und uͤberlebet, 7160, das macht unter 36 einen. In Wien

Suche im Werk

Informationen zum Werk

Titeldaten
Verfügbarkeit Text (TEI-XML-, HTML-, TCF-, E-Book-Fassung): CC BY-SA 4.0.
Nutzungsbedingungen

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ^?

Language Resource Switchboard^?

Resource/URL übermitteln

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk:	https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741
URL zu dieser Seite:	https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741/264
Zitationshilfe:	Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741/264>, abgerufen am 23.11.2024.

Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer Creative-Commons-Lizenz. Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken. Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.

Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.

2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de.

Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.