Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741.Von der Fruchtbarkeit fruchtbarer ist, je weiter es von dem Brande derSonne entfernet. Macchiavelli [z] hat mit vielen andern eben die Meinung, und nennet Norden ein gesundes und zur Zeugung bequemes Land. Der sinnreiche Rudbeck [a] hat sich diese Meinung tref- lich wissen zu Nutze zu machen, um zu beweisen, daß Schweden die Pflantz-Schule des menschlichen Geschlechts gewesen, und daß GOtt selbige in einem kalten Lande habe müssen anlegen, um nach und nach zahlreiche Colonien zur Besetzung des Erdbo- dens daraus herzunehmen. Bayle [b] urtheilet gar artig, daß diese Nord-Länder vielleicht durch ihr männliches und lebhafftes Geblüt, denen südlichen Einwohnern haben neues Leben mittheilen sollen, als die mehrentheils klein, schwach, weibisch und wegen der heßlichen Lüste, denen sie ergeben, ent- kräftet sind. Allein es scheinet, daß man dieser Meinung verschiedene Exempel der Alten, die sehr viel Kinder gehabt, desgleichen die Fruchtbarkeit Egyptens und anderer mittägigen Länder könne ent- gegen setzen, die ehedem voll Menschen gewesen sind, jetzt aber nicht mehr, nicht, weil die Einwohner nicht die nöthigen Kräfte mehr haben, sondern weil Krieg, Pest und andere Umstände diese Länder ver- wüstet. Ein kaltes Land hat seine eben so grosse Ungemächlichkeiten als ein warmes. Ein Lapland ist eben so wenig volckreich als einige Länder unter dem Aequator, doch kan man noch ehe von letztern volckreiche Gegenden aufweisen, als von denen, die zu hoch nach Norden liegen. Die gröste Fruchtbar- keit [z] Istor. Fiorent. l. 1. c. 1. [a] Atlant. Vol. 1. [b] Bayle nouv. de la rep. 1685. Janv. art. 8.
Von der Fruchtbarkeit fruchtbarer iſt, je weiter es von dem Brande derSonne entfernet. Macchiavelli [z] hat mit vielen andern eben die Meinung, und nennet Norden ein geſundes und zur Zeugung bequemes Land. Der ſinnreiche Rudbeck [a] hat ſich dieſe Meinung tref- lich wiſſen zu Nutze zu machen, um zu beweiſen, daß Schweden die Pflantz-Schule des menſchlichen Geſchlechts geweſen, und daß GOtt ſelbige in einem kalten Lande habe muͤſſen anlegen, um nach und nach zahlreiche Colonien zur Beſetzung des Erdbo- dens daraus herzunehmen. Bayle [b] urtheilet gar artig, daß dieſe Nord-Laͤnder vielleicht durch ihr maͤnnliches und lebhafftes Gebluͤt, denen ſuͤdlichen Einwohnern haben neues Leben mittheilen ſollen, als die mehrentheils klein, ſchwach, weibiſch und wegen der heßlichen Luͤſte, denen ſie ergeben, ent- kraͤftet ſind. Allein es ſcheinet, daß man dieſer Meinung verſchiedene Exempel der Alten, die ſehr viel Kinder gehabt, desgleichen die Fruchtbarkeit Egyptens und anderer mittaͤgigen Laͤnder koͤnne ent- gegen ſetzen, die ehedem voll Menſchen geweſen ſind, jetzt aber nicht mehr, nicht, weil die Einwohner nicht die noͤthigen Kraͤfte mehr haben, ſondern weil Krieg, Peſt und andere Umſtaͤnde dieſe Laͤnder ver- wuͤſtet. Ein kaltes Land hat ſeine eben ſo groſſe Ungemaͤchlichkeiten als ein warmes. Ein Lapland iſt eben ſo wenig volckreich als einige Laͤnder unter dem Aequator, doch kan man noch ehe von letztern volckreiche Gegenden aufweiſen, als von denen, die zu hoch nach Norden liegen. Die groͤſte Fruchtbar- keit [z] Iſtor. Fiorent. l. 1. c. 1. [a] Atlant. Vol. 1. [b] Bayle nouv. de la rep. 1685. Janv. art. 8.
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Von der Fruchtbarkeit
fruchtbarer iſt, je weiter es von dem Brande der
Sonne entfernet. Macchiavelli [z] hat mit vielen
andern eben die Meinung, und nennet Norden ein
geſundes und zur Zeugung bequemes Land. Der
ſinnreiche Rudbeck [a] hat ſich dieſe Meinung tref-
lich wiſſen zu Nutze zu machen, um zu beweiſen,
daß Schweden die Pflantz-Schule des menſchlichen
Geſchlechts geweſen, und daß GOtt ſelbige in einem
kalten Lande habe muͤſſen anlegen, um nach und
nach zahlreiche Colonien zur Beſetzung des Erdbo-
dens daraus herzunehmen. Bayle [b] urtheilet
gar artig, daß dieſe Nord-Laͤnder vielleicht durch ihr
maͤnnliches und lebhafftes Gebluͤt, denen ſuͤdlichen
Einwohnern haben neues Leben mittheilen ſollen,
als die mehrentheils klein, ſchwach, weibiſch und
wegen der heßlichen Luͤſte, denen ſie ergeben, ent-
kraͤftet ſind. Allein es ſcheinet, daß man dieſer
Meinung verſchiedene Exempel der Alten, die ſehr
viel Kinder gehabt, desgleichen die Fruchtbarkeit
Egyptens und anderer mittaͤgigen Laͤnder koͤnne ent-
gegen ſetzen, die ehedem voll Menſchen geweſen ſind,
jetzt aber nicht mehr, nicht, weil die Einwohner
nicht die noͤthigen Kraͤfte mehr haben, ſondern weil
Krieg, Peſt und andere Umſtaͤnde dieſe Laͤnder ver-
wuͤſtet. Ein kaltes Land hat ſeine eben ſo groſſe
Ungemaͤchlichkeiten als ein warmes. Ein Lapland
iſt eben ſo wenig volckreich als einige Laͤnder unter
dem Aequator, doch kan man noch ehe von letztern
volckreiche Gegenden aufweiſen, als von denen, die zu
hoch nach Norden liegen. Die groͤſte Fruchtbar-
keit
[z] Iſtor. Fiorent. l. 1. c. 1.
[a] Atlant. Vol. 1.
[b] Bayle nouv. de la rep. 1685. Janv. art. 8.
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Zitationshilfe: | Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741/164>, abgerufen am 20.06.2024. |