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Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905

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seine Seele noch nicht ganz entflohen. Zu spät kamen die Wort, die sie ihm in ihrer Selbstvergessenheit nun zurief: "Ich liebe dich ... höre mich an ... ich liebe dich ... nimm mich mit dir."

Sie hatte es nicht zu hoffen gewagt ... seine Augen öffneten sich langsam, sein Blick der schon ganz abwesend war, irrte einige Sekunden umher, blieb dann auf ihr haften ... die Augen erweiterten sich ... seine Lippen erzitterten, und dann trat die endgiltige Ruhe ein. ... ... ... Ein Schuß krachte, und Mira sank tot auf seine Brust.

Sie waren beide verschieden. Sie hatte seinen Brautkuß empfangen ... diesen Kuß, den die liebende Seele der geliebten Seele Auge in Auge, in erhabener Verzückung gibt. ... ... ... ...

Die Baronin Seuriet erhielt inzwischen ein Telegramm.

Sie öffnete es und las:

"Hm", dachte Stella, "er kommt nicht, das ist schade."

"Geliebte, welches Unglück. Alice weiß alles, sie hat uns beobachten lassen, Sie und mich! Sie weiß die Adresse dieser Wohnung, wo wir unsere Zusammenkünfte hatten. Entsetzlich! Um sie zu beruhigen,

seine Seele noch nicht ganz entflohen. Zu spät kamen die Wort, die sie ihm in ihrer Selbstvergessenheit nun zurief: „Ich liebe dich … höre mich an … ich liebe dich … nimm mich mit dir.“

Sie hatte es nicht zu hoffen gewagt … seine Augen öffneten sich langsam, sein Blick der schon ganz abwesend war, irrte einige Sekunden umher, blieb dann auf ihr haften … die Augen erweiterten sich … seine Lippen erzitterten, und dann trat die endgiltige Ruhe ein. … … … Ein Schuß krachte, und Mira sank tot auf seine Brust.

Sie waren beide verschieden. Sie hatte seinen Brautkuß empfangen … diesen Kuß, den die liebende Seele der geliebten Seele Auge in Auge, in erhabener Verzückung gibt. … … … …

Die Baronin Seuriet erhielt inzwischen ein Telegramm.

Sie öffnete es und las:

„Hm“, dachte Stella, „er kommt nicht, das ist schade.“

„Geliebte, welches Unglück. Alice weiß alles, sie hat uns beobachten lassen, Sie und mich! Sie weiß die Adresse dieser Wohnung, wo wir unsere Zusammenkünfte hatten. Entsetzlich! Um sie zu beruhigen,

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[282/0283] seine Seele noch nicht ganz entflohen. Zu spät kamen die Wort, die sie ihm in ihrer Selbstvergessenheit nun zurief: „Ich liebe dich … höre mich an … ich liebe dich … nimm mich mit dir.“ Sie hatte es nicht zu hoffen gewagt … seine Augen öffneten sich langsam, sein Blick der schon ganz abwesend war, irrte einige Sekunden umher, blieb dann auf ihr haften … die Augen erweiterten sich … seine Lippen erzitterten, und dann trat die endgiltige Ruhe ein. … … … Ein Schuß krachte, und Mira sank tot auf seine Brust. Sie waren beide verschieden. Sie hatte seinen Brautkuß empfangen … diesen Kuß, den die liebende Seele der geliebten Seele Auge in Auge, in erhabener Verzückung gibt. … … … … Die Baronin Seuriet erhielt inzwischen ein Telegramm. Sie öffnete es und las: „Hm“, dachte Stella, „er kommt nicht, das ist schade.“ „Geliebte, welches Unglück. Alice weiß alles, sie hat uns beobachten lassen, Sie und mich! Sie weiß die Adresse dieser Wohnung, wo wir unsere Zusammenkünfte hatten. Entsetzlich! Um sie zu beruhigen,

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Zitationshilfe: Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/283>, abgerufen am 12.12.2024.