Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905

Bild:
<< vorherige Seite

mit ihren kräftigen Fäusten, mit einem Ausdruck des Ekels zurückstieß.

Der schöne Fernand war aufs Höchste überrascht, gab sie frei.

"O!" sagte er gekränkt, "wie es Ihnen gefällig ist. Ich wollte nur eine Umarmung, einen Kuß. Aber ich sehe, daß ich mich geirrt habe; Sie mögen mich allem Anschein doch nicht!"

"Nicht so," sagte sie. "Es würde mir nicht zusagen, brutal behandelt zu werden!"

"Also was sagt Ihnen denn zu? Haben Sie die Gnade das einmal zu sagen!"

Wußte sie es denn? Das hätte sie sich selbst fragen mögen. Sicher war es, daß sie von einem komplizierteren, von einem romantischeren Laster geträumt hatte. Sie hatte für ihre Nerven auf den Rausch einer höchsten Begierde gerechnet. Die unfreiwillige Kälte machte sie bestürzt.

Sie murmelte naiv:

"Ich weiß es nicht."

Er lächelte und näherte sich wieder. Dann begann er demütig gerührt:

"Stella, ich werde abreisen! O ich leide so sehr! Es ist ein wunderlicher Seelenzustand!"

mit ihren kräftigen Fäusten, mit einem Ausdruck des Ekels zurückstieß.

Der schöne Fernand war aufs Höchste überrascht, gab sie frei.

„O!“ sagte er gekränkt, „wie es Ihnen gefällig ist. Ich wollte nur eine Umarmung, einen Kuß. Aber ich sehe, daß ich mich geirrt habe; Sie mögen mich allem Anschein doch nicht!“

„Nicht so,“ sagte sie. „Es würde mir nicht zusagen, brutal behandelt zu werden!“

„Also was sagt Ihnen denn zu? Haben Sie die Gnade das einmal zu sagen!“

Wußte sie es denn? Das hätte sie sich selbst fragen mögen. Sicher war es, daß sie von einem komplizierteren, von einem romantischeren Laster geträumt hatte. Sie hatte für ihre Nerven auf den Rausch einer höchsten Begierde gerechnet. Die unfreiwillige Kälte machte sie bestürzt.

Sie murmelte naiv:

„Ich weiß es nicht.“

Er lächelte und näherte sich wieder. Dann begann er demütig gerührt:

„Stella, ich werde abreisen! O ich leide so sehr! Es ist ein wunderlicher Seelenzustand!“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0260" n="259"/>
mit ihren kräftigen Fäusten, mit einem Ausdruck des Ekels zurückstieß.</p>
        <p>Der schöne Fernand war aufs Höchste überrascht, gab sie frei.</p>
        <p>&#x201E;O!&#x201C; sagte er gekränkt, &#x201E;wie es Ihnen gefällig ist. Ich wollte nur eine Umarmung, einen Kuß. Aber ich sehe, daß ich mich geirrt habe; Sie mögen mich allem Anschein doch nicht!&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Nicht <hi rendition="#g">s</hi>o,&#x201C; sagte sie. &#x201E;Es würde mir nicht zusagen, brutal behandelt zu werden!&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Also was sagt Ihnen denn zu? Haben Sie die Gnade das einmal zu sagen!&#x201C;</p>
        <p>Wußte sie es denn? Das hätte sie sich selbst fragen mögen. Sicher war es, daß sie von einem komplizierteren, von einem romantischeren Laster geträumt hatte. Sie hatte für ihre Nerven auf den Rausch einer höchsten Begierde gerechnet. Die unfreiwillige Kälte machte sie bestürzt.</p>
        <p>Sie murmelte naiv:</p>
        <p>&#x201E;Ich weiß es nicht.&#x201C;</p>
        <p>Er lächelte und näherte sich wieder. Dann begann er demütig gerührt:</p>
        <p>&#x201E;Stella, ich werde abreisen! O ich leide so sehr! Es ist ein wunderlicher Seelenzustand!&#x201C;</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[259/0260] mit ihren kräftigen Fäusten, mit einem Ausdruck des Ekels zurückstieß. Der schöne Fernand war aufs Höchste überrascht, gab sie frei. „O!“ sagte er gekränkt, „wie es Ihnen gefällig ist. Ich wollte nur eine Umarmung, einen Kuß. Aber ich sehe, daß ich mich geirrt habe; Sie mögen mich allem Anschein doch nicht!“ „Nicht so,“ sagte sie. „Es würde mir nicht zusagen, brutal behandelt zu werden!“ „Also was sagt Ihnen denn zu? Haben Sie die Gnade das einmal zu sagen!“ Wußte sie es denn? Das hätte sie sich selbst fragen mögen. Sicher war es, daß sie von einem komplizierteren, von einem romantischeren Laster geträumt hatte. Sie hatte für ihre Nerven auf den Rausch einer höchsten Begierde gerechnet. Die unfreiwillige Kälte machte sie bestürzt. Sie murmelte naiv: „Ich weiß es nicht.“ Er lächelte und näherte sich wieder. Dann begann er demütig gerührt: „Stella, ich werde abreisen! O ich leide so sehr! Es ist ein wunderlicher Seelenzustand!“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/260
Zitationshilfe: Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/260>, abgerufen am 12.12.2024.