Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905störe wohl? Geh' auch schon. Fahrt nur in euerem kleinen Geplauder fort." Und ihre beiden stechenden Augen in den ernsten Blick der Miß, die sie kritisch betrachtete, versenkend, fragte sie plötzlich: "Ich wette, man hat von Fred und mir gesprochen?" Diese platzte heraus: "Ja, Mama wird ihn zurückrufen. Also, kleine Braut - bald die Hochzeit!" "Ha! ja - endlich! - wann?" "Bald - heute noch geht der Brief ab - nicht wahr?" "Wenn du ihm schriebest?" warf Stella hin. "Ganz richtig, ich werde ihm schreiben. Ich schreibe "Dringend" darauf und gebe ihm drei Tage Zeit nach Ankunft des Briefes," meinte naiv die junge Frau. "Nein, das wäre ungeschickt. Richte es nur so ein, ihn verstehen zu machen, daß du ihm einen ernsten Wunsch mitzuteilen hast." Frau von Ellissen ging in ihr Zimmer. Sie war allein. Sie setzte sich vor ihre Schreibmappe und verharrte davor, die Feder in der Hand. Diese störe wohl? Geh’ auch schon. Fahrt nur in euerem kleinen Geplauder fort.“ Und ihre beiden stechenden Augen in den ernsten Blick der Miß, die sie kritisch betrachtete, versenkend, fragte sie plötzlich: „Ich wette, man hat von Fred und mir gesprochen?“ Diese platzte heraus: „Ja, Mama wird ihn zurückrufen. Also, kleine Braut – bald die Hochzeit!“ „Ha! ja – endlich! – wann?“ „Bald – heute noch geht der Brief ab – nicht wahr?“ „Wenn du ihm schriebest?“ warf Stella hin. „Ganz richtig, ich werde ihm schreiben. Ich schreibe „Dringend“ darauf und gebe ihm drei Tage Zeit nach Ankunft des Briefes,“ meinte naiv die junge Frau. „Nein, das wäre ungeschickt. Richte es nur so ein, ihn verstehen zu machen, daß du ihm einen ernsten Wunsch mitzuteilen hast.“ Frau von Ellissen ging in ihr Zimmer. Sie war allein. Sie setzte sich vor ihre Schreibmappe und verharrte davor, die Feder in der Hand. Diese <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0147" n="146"/> störe wohl? Geh’ auch schon. Fahrt nur in euerem kleinen Geplauder fort.“</p> <p>Und ihre beiden stechenden Augen in den ernsten Blick der Miß, die sie kritisch betrachtete, versenkend, fragte sie plötzlich:</p> <p>„Ich wette, man hat von Fred und mir gesprochen?“</p> <p>Diese platzte heraus:</p> <p>„Ja, Mama wird ihn zurückrufen. Also, kleine Braut – bald die Hochzeit!“</p> <p>„Ha! ja – endlich! – wann?“</p> <p>„Bald – heute noch geht der Brief ab – nicht wahr?“</p> <p>„Wenn du ihm schriebest?“ warf Stella hin.</p> <p>„Ganz richtig, ich werde ihm schreiben. Ich schreibe „Dringend“ darauf und gebe ihm drei Tage Zeit nach Ankunft des Briefes,“ meinte naiv die junge Frau.</p> <p>„Nein, das wäre ungeschickt. Richte es nur so ein, ihn verstehen zu machen, daß du ihm einen ernsten Wunsch mitzuteilen hast.“</p> <p>Frau von Ellissen ging in ihr Zimmer. Sie war allein. Sie setzte sich vor ihre Schreibmappe und verharrte davor, die Feder in der Hand. Diese </p> </div> </body> </text> </TEI> [146/0147]
störe wohl? Geh’ auch schon. Fahrt nur in euerem kleinen Geplauder fort.“
Und ihre beiden stechenden Augen in den ernsten Blick der Miß, die sie kritisch betrachtete, versenkend, fragte sie plötzlich:
„Ich wette, man hat von Fred und mir gesprochen?“
Diese platzte heraus:
„Ja, Mama wird ihn zurückrufen. Also, kleine Braut – bald die Hochzeit!“
„Ha! ja – endlich! – wann?“
„Bald – heute noch geht der Brief ab – nicht wahr?“
„Wenn du ihm schriebest?“ warf Stella hin.
„Ganz richtig, ich werde ihm schreiben. Ich schreibe „Dringend“ darauf und gebe ihm drei Tage Zeit nach Ankunft des Briefes,“ meinte naiv die junge Frau.
„Nein, das wäre ungeschickt. Richte es nur so ein, ihn verstehen zu machen, daß du ihm einen ernsten Wunsch mitzuteilen hast.“
Frau von Ellissen ging in ihr Zimmer. Sie war allein. Sie setzte sich vor ihre Schreibmappe und verharrte davor, die Feder in der Hand. Diese
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Zitationshilfe: | Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/147>, abgerufen am 24.06.2024. |