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Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905

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hätte, ihn zurückzuhalten, stellte sich Stella vor Frau von Ellissen auf und sagte hart:

"Wahrhaftig, Mira, ich erkenne ihn nicht mehr, du brauchst nur ein Wort zu sagen, um ihn zum glücklichsten der Sterblichen zu machen und du sitzest, mit einer mir unerklärlichen Grausamkeit stumm da."

Mira wußte wohl, daß sie nur ein Wort zu sagen hätte, aber ein Wort, das Stella nicht kennen durfte und das sie nie aussprechen würde. Nein, nie und nimmer! Besonders jetzt nicht. Ach, warum hatte sie es nicht früher gesprochen, dachte sie in plötzlich aufsteigender Leidenschaft, gesprochen, bevor Stella's launische Wahl auf den Mann gefallen war, der sie selbst mit allen Fasern seines Herzens und seines Leibes liebte. Allein es war zu spät. Die Gabe oder Hingabe ihrer selbst wäre nur eine Schmach. Es blieb ihr nur übrig, den endgültigen Verzicht auf ihn auszusprechen. Sie suchte sich den Mut dazu einzuflößen und rief übermenschliche Hilfe an, die ihr nicht gewährt wurde. Gewiß, sie wußte, daß sie ihre Pflicht tun würde, aber woher würde sie die Kraft nehmen, sie zu erfüllen, ohne daß eine Schwäche ihr Märtyrertum verriet?

hätte, ihn zurückzuhalten, stellte sich Stella vor Frau von Ellissen auf und sagte hart:

„Wahrhaftig, Mira, ich erkenne ihn nicht mehr, du brauchst nur ein Wort zu sagen, um ihn zum glücklichsten der Sterblichen zu machen und du sitzest, mit einer mir unerklärlichen Grausamkeit stumm da.“

Mira wußte wohl, daß sie nur ein Wort zu sagen hätte, aber ein Wort, das Stella nicht kennen durfte und das sie nie aussprechen würde. Nein, nie und nimmer! Besonders jetzt nicht. Ach, warum hatte sie es nicht früher gesprochen, dachte sie in plötzlich aufsteigender Leidenschaft, gesprochen, bevor Stella’s launische Wahl auf den Mann gefallen war, der sie selbst mit allen Fasern seines Herzens und seines Leibes liebte. Allein es war zu spät. Die Gabe oder Hingabe ihrer selbst wäre nur eine Schmach. Es blieb ihr nur übrig, den endgültigen Verzicht auf ihn auszusprechen. Sie suchte sich den Mut dazu einzuflößen und rief übermenschliche Hilfe an, die ihr nicht gewährt wurde. Gewiß, sie wußte, daß sie ihre Pflicht tun würde, aber woher würde sie die Kraft nehmen, sie zu erfüllen, ohne daß eine Schwäche ihr Märtyrertum verriet?

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[121/0122] hätte, ihn zurückzuhalten, stellte sich Stella vor Frau von Ellissen auf und sagte hart: „Wahrhaftig, Mira, ich erkenne ihn nicht mehr, du brauchst nur ein Wort zu sagen, um ihn zum glücklichsten der Sterblichen zu machen und du sitzest, mit einer mir unerklärlichen Grausamkeit stumm da.“ Mira wußte wohl, daß sie nur ein Wort zu sagen hätte, aber ein Wort, das Stella nicht kennen durfte und das sie nie aussprechen würde. Nein, nie und nimmer! Besonders jetzt nicht. Ach, warum hatte sie es nicht früher gesprochen, dachte sie in plötzlich aufsteigender Leidenschaft, gesprochen, bevor Stella’s launische Wahl auf den Mann gefallen war, der sie selbst mit allen Fasern seines Herzens und seines Leibes liebte. Allein es war zu spät. Die Gabe oder Hingabe ihrer selbst wäre nur eine Schmach. Es blieb ihr nur übrig, den endgültigen Verzicht auf ihn auszusprechen. Sie suchte sich den Mut dazu einzuflößen und rief übermenschliche Hilfe an, die ihr nicht gewährt wurde. Gewiß, sie wußte, daß sie ihre Pflicht tun würde, aber woher würde sie die Kraft nehmen, sie zu erfüllen, ohne daß eine Schwäche ihr Märtyrertum verriet?

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Zitationshilfe: Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/122>, abgerufen am 23.11.2024.