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Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775.

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Sündenfall des Apostels Petri.
Und die Magd sahe ihn und hub abermal an, zu sagen de-
nen, die dabey stunden: dieser ist der einer. Und er läug-
nete abermal. Und nach einer kleinen Weile sprachen aber-
mals zu Petro die dabey stunden: Wahrlich! du bist der
einer. Denn du bist ein Galiläer und deine Sprache lau-
tet gleich also. Er aber fieng an, sich zu verfluchen, und
zu schwören: ich kenne des Menschen nicht, von dem ihr
saget.

Welch ein Sieg war dies für den Satan! Wäh-
rend daß dieser abtrünnige Geist alle Anstalten
machte, Jesum zu überwinden, gelingt es ihm,
einen der eifrigsten Anhänger Jesu, die Seule der künfti-
gen Gemeine Gottes, den heldenmüthigsten unter seinen
Bekennern zu Boden zu werfen. Was er bey Jesu frucht-
los versuchte, erhält er bey seinem Jünger: was er gegen
das Evangelium Jesu nicht ausrichten konnte, sucht er ge-
gen den Bekenner und Lehrer desselben zu bewerkstelligen.
Und ach! es gelang diesem Verführer der Menschen der
Angrif, den er auf die Standhaftigkeit Petri that. Aber
vielleicht hatte sich Satan mit aller seiner Macht gerüstet,
diesen Jünger zu überwältigen? Waren etwa die Versu-
chungen so heftig, daß er denselben unterliegen mußte?
Wurde er vielleicht so plötzlich überfallen, daß er nicht Zeit
gewinnen konnte, sich in die gehörige Fassung zu setzen?
Oder sahe er vielleicht schon das Kreuz aufgerichtet, an wel-
ches er gebunden werden sollte, oder waren Martern in
der Nähe, die ihn muthlos machten? Oder war er ge-
zwungen, vor dem versammelten hohen Rath ein Bekennt-
niß abzulegen? Dis alles würde zwar seine Sünde nicht
geringer machen; aber er würde doch mehr Mittleiden ver-
dienen, wenn er unter so äusserst gefährlichen Umständen

treu-
Sturms Leidensgeschichte. E
Sündenfall des Apoſtels Petri.
Und die Magd ſahe ihn und hub abermal an, zu ſagen de-
nen, die dabey ſtunden: dieſer iſt der einer. Und er läug-
nete abermal. Und nach einer kleinen Weile ſprachen aber-
mals zu Petro die dabey ſtunden: Wahrlich! du biſt der
einer. Denn du biſt ein Galiläer und deine Sprache lau-
tet gleich alſo. Er aber fieng an, ſich zu verfluchen, und
zu ſchwören: ich kenne des Menſchen nicht, von dem ihr
ſaget.

Welch ein Sieg war dies für den Satan! Wäh-
rend daß dieſer abtrünnige Geiſt alle Anſtalten
machte, Jeſum zu überwinden, gelingt es ihm,
einen der eifrigſten Anhänger Jeſu, die Seule der künfti-
gen Gemeine Gottes, den heldenmüthigſten unter ſeinen
Bekennern zu Boden zu werfen. Was er bey Jeſu frucht-
los verſuchte, erhält er bey ſeinem Jünger: was er gegen
das Evangelium Jeſu nicht ausrichten konnte, ſucht er ge-
gen den Bekenner und Lehrer deſſelben zu bewerkſtelligen.
Und ach! es gelang dieſem Verführer der Menſchen der
Angrif, den er auf die Standhaftigkeit Petri that. Aber
vielleicht hatte ſich Satan mit aller ſeiner Macht gerüſtet,
dieſen Jünger zu überwältigen? Waren etwa die Verſu-
chungen ſo heftig, daß er denſelben unterliegen mußte?
Wurde er vielleicht ſo plötzlich überfallen, daß er nicht Zeit
gewinnen konnte, ſich in die gehörige Faſſung zu ſetzen?
Oder ſahe er vielleicht ſchon das Kreuz aufgerichtet, an wel-
ches er gebunden werden ſollte, oder waren Martern in
der Nähe, die ihn muthlos machten? Oder war er ge-
zwungen, vor dem verſammelten hohen Rath ein Bekennt-
niß abzulegen? Dis alles würde zwar ſeine Sünde nicht
geringer machen; aber er würde doch mehr Mittleiden ver-
dienen, wenn er unter ſo äuſſerſt gefährlichen Umſtänden

treu-
Sturms Leidensgeſchichte. E
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[65/0087] Sündenfall des Apoſtels Petri. Und die Magd ſahe ihn und hub abermal an, zu ſagen de- nen, die dabey ſtunden: dieſer iſt der einer. Und er läug- nete abermal. Und nach einer kleinen Weile ſprachen aber- mals zu Petro die dabey ſtunden: Wahrlich! du biſt der einer. Denn du biſt ein Galiläer und deine Sprache lau- tet gleich alſo. Er aber fieng an, ſich zu verfluchen, und zu ſchwören: ich kenne des Menſchen nicht, von dem ihr ſaget. Welch ein Sieg war dies für den Satan! Wäh- rend daß dieſer abtrünnige Geiſt alle Anſtalten machte, Jeſum zu überwinden, gelingt es ihm, einen der eifrigſten Anhänger Jeſu, die Seule der künfti- gen Gemeine Gottes, den heldenmüthigſten unter ſeinen Bekennern zu Boden zu werfen. Was er bey Jeſu frucht- los verſuchte, erhält er bey ſeinem Jünger: was er gegen das Evangelium Jeſu nicht ausrichten konnte, ſucht er ge- gen den Bekenner und Lehrer deſſelben zu bewerkſtelligen. Und ach! es gelang dieſem Verführer der Menſchen der Angrif, den er auf die Standhaftigkeit Petri that. Aber vielleicht hatte ſich Satan mit aller ſeiner Macht gerüſtet, dieſen Jünger zu überwältigen? Waren etwa die Verſu- chungen ſo heftig, daß er denſelben unterliegen mußte? Wurde er vielleicht ſo plötzlich überfallen, daß er nicht Zeit gewinnen konnte, ſich in die gehörige Faſſung zu ſetzen? Oder ſahe er vielleicht ſchon das Kreuz aufgerichtet, an wel- ches er gebunden werden ſollte, oder waren Martern in der Nähe, die ihn muthlos machten? Oder war er ge- zwungen, vor dem verſammelten hohen Rath ein Bekennt- niß abzulegen? Dis alles würde zwar ſeine Sünde nicht geringer machen; aber er würde doch mehr Mittleiden ver- dienen, wenn er unter ſo äuſſerſt gefährlichen Umſtänden treu- Sturms Leidensgeſchichte. E

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Zitationshilfe: Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/87>, abgerufen am 25.11.2024.